Nachte des Sturms
ihre Jacke aus, warf sie über einen Haken, dann fiel ihr plötzlich die Mütze ein, die sie ebenfalls vom Kopf nahm.
Immer, wenn die Fülle ihrer Haare über ihren schmalen Schultern wogte, zog sich sein Magen leicht zusammen. Idiotisch, dachte er, und ging hinüber an den Herd. Schließlich wusste er genau, was unter ihrer grauenhaften Kappe steckte. Und trotzdem war es jedes Mal wieder eine vollkommene Überraschung.
»Ich habe auch noch ein paar süße Brötchen.«
»Nein, danke.« Sie verspürte das Bedürfnis sich zu räuspern, denn ihre Kehle war wie zugeschnürt. Unterwegs hatte sie beschlossen, besser nicht direkt mit der Tür ins Haus zu fallen, also begann sie mit einem, wie sie fand, vollkommen neutralen Thema. »Ich habe mich gefragt, ob ich mir vielleicht irgendwann nächste Woche mal dein Auto ansehen soll. Es macht wirklich traurige Geräusche.«
»Ich hätte nichts dagegen, wenn du das könntest.« Er beobachtete, wie sich Bub erst an Brennas Beine schmiegte und dann auf ihren Schoß sprang. Sie war das einzige menschliche Wesen, für das der Kater so etwas wie Zuneigung empfand. Sicher weil sie ebenso reizbar war wie er.
»Hast du nicht genug mit Judes Kinderzimmer zu tun?«
Sie kraulte Bub hinter den Ohren, worauf dieser tatsächlich vor Wohlbehagen schnurrte. »Ich schiebe den Wagen einfach irgendwo dazwischen.«
Er nahm Brenna gegenüber Platz, und als Betty sich schwanzwedelnd zu seinen Füßen setzte, gab er ihr ein halbes Brötchen. »Dann kommt ihr dort drüben also gut voran?« Er kam zu dem Ergebnis, dass es doch sehr schön war, in Gesellschaft der Tiere mit ihr in der warmen Küche zu sitzen und zu plaudern.
»Sehr gut. Eigentlich ging es Jude nur darum, das Zimmer ein bisschen zu verschönern. Aber plötzlich ist sie der Ansicht, dass sich die anderen Räume im Vergleich zu dem renovierten Kinderzimmer irgendwie schäbig ausnehmen würden, und deshalb hätte sie jetzt das Schlafzimmer ebenfalls gerne neu gemacht.«
»Und was ist daran falsch?«
Brenna zuckte mit den Schultern. »Eigentlich nichts, aber Jude und Darcy haben ungefähr ein Dutzend Wünsche. Neue Tapeten für die Wände, neue Farbe für die Decke,
komplettes Abschleifen des Fußbodens. Und als ich erwähnte, wie schön die Aussicht aus den großen Fenstern ist, meinte Jude urplötzlich, sie hätte dort furchtbar gerne eine Bank. Ich habe gesagt, das wäre nicht weiter problematisch, und schon will sie, dass ich eine baue.«
Geistesabwesend griff Brenna nach der Brötchenhälfte, die noch auf dem Teller lag, und begann daran herumzuknabbern. »Ich wette, am Ende werden Dad und ich vom Keller bis unter das Dach sämtliche Räume des Hauses umkrempeln. Sie hat es sich nun mal in den Kopf gesetzt, alles zu verschönern. Scheint eine Art von Nestbautrieb zu sein.«
»Tja, wenn es ihr Spaß macht und Aidan nichts dagegen hat …« Shawn brach mitten im Satz ab und stellte sich vor, wie es wäre, inmitten all des Hämmerns und Sägens leben zu müssen. Lieber würde er langsam über einem Holzfeuer geröstet.
»Aidan soll etwas dagegen haben?« Brenna lachte schnaubend auf. »Er kommt immer wieder mitten in unseren Diskussionen ins Zimmer geplatzt und grinst sie dämlich an. Der Mann ist vollkommen verrückt nach seiner Frau. Ich glaube, sie könnte sogar sagen, lass Brenna das Haus einmal um hundertachtzig Grad drehen, damit wir nicht mehr aufs Meer blicken, und er würde ihr zustimmen.« Seufzend nippte sie an ihrem Tee.
»Sie ist das, worauf er die ganze Zeit gewartet hat.« Auf Brennas verwirrten Blick schüttelte er den Kopf. »Natürlich hat er gewartet. Man musste ihn nur genau ansehen, um es zu bemerken. Als sie an dem ersten Abend in den Pub kam, war es bereits um ihn geschehen. Der Augenblick war für sie beide der Anfang eines völlig neuen Lebens, auch wenn sie es noch nicht mal ahnten.«
»Aber du hast es gewusst?«
»Ich kann nicht behaupten, ich hätte es gewusst, aber ich war mir völlig sicher, dass sich von da an etwas ändern würde.«
Fasziniert beugte sie sich über den Tisch. »Und worauf wartest du ?«
»Ich?« Er zog erstaunt die Brauen in die Höhe. »Oh, mir gefällt mein Leben, genauso wie es ist.«
»Das ist das Problem mit dir, Shawn. Du solltest endlich mal versuchen, ein bisschen beweglicher zu werden.« Sie erinnerte sich an die Worte ihres Vaters. »Dich vorwärts zu bewegen. Wenn du dich nicht weiterbewegst, bleibt immer alles, wie es ist.«
Belustigt hob er seine Tasse an
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