Nachte des Sturms
Schocks. Es war schließlich nicht seine Schuld, dass ihr Duft und ihr Geschmack ihn schwindlig werden ließen.
Er musste die Sache beenden. Um ihretwillen musste er den Kuss beenden … in einer Sekunde. Oder auch ein bisschen später.
Der Wind peitschte wie ein eisig kaltes Band um ihre Körper. Die Sonne hatte sich hinter die Wolkenwand verzogen und ein weicher, sanfter Regen ging auf die Erde nieder. Er meinte beinahe zu spüren, wie ihm das Blut aus
dem Kopf wich, bis er nur noch daran denken konnte, sie zurück ins Haus zu tragen, die Treppe hinauf in Richtung seines Bettes.
Dann machte sie sich von ihm los, sprang behände wieder auf den Boden und sah ihn verächtlich an. »Ich dachte, du solltest wenigstens eine Kostprobe dessen bekommen, was du abgelehnt hast.«
Während er reglos dastand, erregter als je zuvor in seinem Leben, strich sie sich über den Ärmel ihres Hemdes. »Ich werde mir dein Auto ansehen, wenn ich etwas Zeit erübrigen kann. Du siehst besser zu, dass du ins Dorf kommst, sonst erscheinst du noch zu spät im Pub.«
Noch immer sagte er kein Wort, als sie ins Haus zurückging und blieb stumm in dem leisen Regen stehen, während sie zusammen mit der gelben Hündin den Hügel hinunterschlenderte.
»Du kommst zu spät«, erklärte Aidan, als Shawn durch die Küchentür des Pubs trat.
»Dann schmeiß mich doch einfach raus.«
Diese ungewohnt schlecht gelaunte Antwort ließ Aidan die Brauen hochziehen, während er zusah, wie Shawn die Tür des Kühlschranks aufriss und Eier, Milch und Fleisch herausnahm. »Es ist schwer, einen Mann zu feuern, dem ein ebenso großer Anteil an dem Unternehmen gehört wie mir selbst.«
Shawn knallte eine Pfanne auf den Herd. »Dann zahl mich doch einfach aus.«
Als Darcy durch die Tür kam, hob Aidan seine Hand, schüttelte den Kopf und winkte sie wieder hinaus. Nicht besonders erfreut darüber, kam sie aber doch der Bitte nach.
»Was ist los?«
»Nichts ist los. Ich muss mich auf meine Arbeit konzentrieren.«
»Bisher hast du es noch immer geschafft zu arbeiten und gleichzeitig zu reden.«
»Ich habe nichts zu sagen, und muss jede Menge Fleischpasteten machen. Aber, was zum Teufel ist bloß mit den Weibern los?«, wandte er sich plötzlich stirnrunzelnd an seinen Bruder. »Erst wollen sie dies, dann wollen sie das, und nie weiß man, was sie als Nächstes von einem verlangen.«
»Aha.« Aidans Sorge wich ehrlicher Belustigung. Er nahm sich einen Becher Tee und lehnte sich an die Arbeitsplatte, während sich Shawn wütend murmelnd wieder an die Arbeit machte. »Über dieses Rätsel könnten wir den ganzen Tag und die halbe Nacht lang reden, ohne einer Lösung dadurch auch nur im Mindesten näher zu kommen. Das ist ein wirklich schwieriges Thema. Aber es ist wesentlich angenehmer, sich von einer Frau Schwierigkeiten machen zu lassen, als gar keine Frau zu haben, findest du nicht auch?«
»Im Augenblick nicht.«
Aidan lachte unbekümmert auf. »Na, welches weibliche Wesen ist denn für dein Elend verantwortlich?«
»Keins. Es ist nichts. Es ist einfach lächerlich.«
»Hmm, du willst es mir also nicht sagen.« Aidan nippte nachdenklich an seinem Tee. »Dann scheint es wirklich ernst zu sein.«
»Du kannst leicht so selbstzufrieden lächeln«, fuhr Shawn ihn zornig an. »Du hast es mit deiner Jude Frances ja auch wirklich gut getroffen.«
»Das ist natürlich wahr.« Aidan nickte zustimmend. »Aber so war es nicht immer, und du hast mir damals, als ich am Ende meiner Weisheit war, eine Reihe guter Ratschläge
erteilt. Vielleicht solltest du dir diesmal selbst ein paar Tipps geben, wenn du sie schon von mir nicht annimmst.«
»Ich will im Augenblick ganz einfach keine Frau in meinem Leben«, murmelte Shawn so leise, dass Aidan ihn kaum hören konnte. »Und schon gar nicht diese. Nein, schon gar nicht diese.«
Er versuchte, nicht länger an den wilden, verruchten Kuss zu denken, oder daran, wie Brennas kleiner, fester Körper regelrecht an ihm geklebt hatte.
»Du weißt sicher am besten, was du willst. Alles, was ich dazu sagen kann, ist, dass es eine Zeit gibt, in der einem der Verstand etwas vollkommen anderes zu raten scheint als das Gefühl. In Bezug auf die Frauen stellen wir Männer uns manchmal ziemlich kindisch an. Wir wollen haben, was wir nicht haben sollen, und übernehmen uns dabei ganz einfach. Zu wissen, dass etwas nicht gut für einen ist, heißt noch lange nicht, dass man es nicht mehr will.«
»Es wäre nicht gut für sie.«
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