Nachte des Sturms
Alters tun.«
»Das habe ich bereits.« Mit einem tränenfeuchten Lachen
nahm Mary Kate den Kopf von Brennas Schulter und grinste. »Und ich glaube, jetzt bin ich bereit, die nächste Stufe auszuprobieren.«
»Mutter Gottes!« Wieder schloss Brenna ihre Augen. »Gib mir nur eine Antwort. Meinst du wirklich, du bist in Shawn verliebt?«
»Ich weiß es nicht.« Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Er sieht einfach so gut aus, wie ein Ritter auf einem weißen Pferd. Und gleichzeitig ist er ein wahrer Dichter, so romantisch, mit einem solchen Tiefgang. Er sieht einem immer direkt in die Augen. Die meisten Jungen gucken immer etwas tiefer, sodass man weiß, dass es ihnen nicht um einen selbst geht, sondern allein um die Möglichkeit, einem die Bluse auszuziehen. Hast du jemals auf seine Hände geachtet, Brenna?«
»Seine Hände?« Er hatte lange, schmale, geschickte – ungemein prachtvolle Finger.
»Er hat die Hände eines Künstlers, und schon, wenn man sie ansieht, weiß man, wie sie sich anfühlen müssten, würde er einen je damit berühren.«
»Ja«, entfuhr es ihr mit einem Seufzer, ehe sie sich wieder fing. »Was ich sagen will, ist, dass ich verstehen kann, dass er mit seinem Aussehen gewisse, nun, Gefühle in einem wecken kann. Ich möchte einfach, dass du vorsichtig bist, das ist alles.«
»Das werde ich ganz sicher sein.«
»So, jetzt habt ihr euch wieder vertragen.« Alice Mae stand auf und gab beiden Schwestern einen Kuss. »Wenn du dann vielleicht wieder gehen würdest, Brenna, könnten wir alle endlich schlafen.«
Brenna schlief nicht besonders viel, und wenn, hatte sie seltsame, wirre, derart klare Träume, dass sie ihr beinahe
wehtaten. Sie träumte von einem weißen, geflügelten Pferd mit einem in Silber gewandeten Reiter, dessen lange schwarze Haare um sein fein gemeißeltes Gesicht wehten.
Umgeben von hell leuchtenden Sternen, flog er höher und höher durch die Dunkelheit in Richtung des glühend weißen, vollen Mondes. Eines Mondes, dessen Strahlen Tränen glichen, Tränen, die der Reiter wie Perlen in seiner Tasche aus schimmerndem Silber sammelte und Lady Gwen zu Füßen legte, als sie beide vor dem Cottage auf dem Feenhügel standen.
»Dies sind die Tränen des Mondes. Sie sind das Zeichen meiner Sehnsucht nach dir. Nimm sie und nimm bitte auch mich.«
Aber sie wandte sich von ihm ab, schickte ihn fort und brach in Tränen aus.
Die Perlen glühten im nächtlich dunklen Gras, verwandelten sich in Mondblumen, und Brenna war diejenige, die sie pflückte, nachts, als ihre zarten, weißen Blüten weit geöffnet waren. Sie legte sie auf die Treppe vor der Tür des Cottages, da sie nicht den Mut hatte, sie zu Shawn hineinzutragen und ihm anzubieten.
Aufgrund des Schlafmangels und der intensiven Träume war Brenna am nächsten Morgen nachdenklich und schlecht gelaunt. Nach der Messe nahm sie den Motor eines alten Rasenmähers auseinander, wechselte die Zündkerzen an ihrem Laster und stellte ihn, obwohl es gar nicht nötig war, neu ein.
Dann schob sie sich unter den alten Wagen ihrer Mutter und wechselte das Öl, als sie plötzlich die Stiefel ihres Vaters vor sich sah.
»Deine Mutter sagt, ich soll rauskommen und nachsehen,
was mit dir los ist, bevor du anfängst, auch noch den Motor aus der alten Kiste auszubauen.«
»Ich kümmere mich nur um ein paar Dinge, die noch erledigt werden müssen.«
»Das sehe ich.« Er ging in die Hocke und schob sich dann mit einem abgrundtiefen Seufzer neben sie unter das Auto. »Dann ist also nichts mit dir los.«
»Vielleicht doch.« Sie arbeitete einen Augenblick lang schweigend weiter, da sie wusste, dass er ihr Zeit ließ, um sich zu sammeln. »Kann ich dich etwas fragen?«
»Das weißt du doch.«
»Was ist es, was die Männer wollen?«
Mick spitzte die Lippen und beobachtete voller Freude, wie geschickt seine Tochter mit dem Schraubenschlüssel umging. »Tja, eine gute Frau, eine regelmäßige Arbeit, eine heiße Mahlzeit und ein Glas Bier am Ende des Tages stellen die meisten Männer schon zufrieden.«
»Mir geht es vor allem um den ersten Teil. Was will ein Mann von einer Frau?«
»Oh. Tja, nun.« Ihre Frage verwirrte ihn, dennoch begann er ruhig, sich wieder unter dem Wagen hervorzuschieben. »Ich hole am besten deine Mutter.«
»Du bist ein Mann, sie nicht.« Brenna packte ihn am Bein, bevor er flüchten konnte. Er war drahtig, aber sie hatte einen ziemlich festen Griff. »Ich will von einem Mann wissen, was die Männer
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