Nachtengel
auszuziehen, und hängte sie über den Heizkörper. Ihre völlig durchnässten Schuhe, die sie abstreifte, hinterließen Spuren auf dem Teppich. Ihre Socken waren patschnass, und sie zog sie unbeholfen mit vor Kälte steifen Fingern aus. »Ich habe Nathan besucht. Ich wollte nur …« Was hatte sie tun wollen? Sie biss sich auf die Lippe, und das Zittern wurde immer stärker.
Bedauern zeigte sich auf seinem Gesicht. »Natürlich«, sagte er, »komm her.« Er legte die Arme um sie und drückte sie fest an sich, ihr Gesicht wurde gegen den rauen Pullover gepresst. »Es tut mir Leid, ich war ein Mistkerl. O Gott, wie siehst du nur aus. Komm, wir trocknen dich.« Sie erinnerte sich, dass er vor fünf Tagen nach einem plötzlichen Regen durchnässt bei ihr angekommen war, an dem Abend, bevor die Polizei ihn abholte und mitnahm.
»Ich bin ja nicht die Einzige, die so clever ist, im Regen rumzulaufen«, sagte sie mit klappernden Zähnen.
Sie spürte, dass er lachte, als er sie durchs Zimmer führte. Er nahm ein Handtuch vom Bett, hielt sie fest und rieb ihre Haare. »Die Kleider musst du ausziehen«, sagte er. Und er hatte Recht. Die nassen Klamotten ließen sie nur noch mehr frieren. Sie nestelte an der Kordel ihres Hosenbunds herum, aber der Knoten war feucht, sie schaffte es nicht, ihn zu lösen. Ihre Finger waren zu klamm, um die Knöpfe an ihrer Strickjacke aufzukriegen.
Er sah sie einen Moment an. »Komm«, sagte er. Er knotete die nasse Kordel ihrer Hose auf, dann öffnete er ihre Jacke. Ihre Beine trugen sie nicht mehr. Er stützte sie mit einem Arm, als er ihr die Jacke und die nasse Hose auszog. Sie lehnte sich an ihn und ließ sich ausziehen, bewegte sich nur ein bisschen, um ihm zu helfen. Er zog ihr die Bluse über den Kopf, löste ihren BH. Als er ihn über ihre Arme zog, spürte sie ihre nackten Brüste.
Dann griff er nach der Steppdecke auf dem Bett und sagte: »Leg dich hin.« Er wickelte sie in die Decke. Sie war bis auf die Knochen durchgefroren. »Ich hab in letzter Zeit viel damit zu tun, dich dauernd ins Bett zu bringen, Bishop«, sagte er. »Jetzt musst du erst mal warm werden.« Seine Stimme war unbeschwert, aber sein Gesicht ernst und konzentriert. Er zog seinen Pullover über den Kopf, knöpfte seine Jeans auf und zog sie aus. Darunter trug er nichts. Er legte sich neben sie und zog sie zu sich heran. Seine Haut war heiß im Vergleich zu ihrer. »Eisprinzessin«, sagte er, legte ihre Hände unter seine Arme und schlang seine Beine um ihre. Dann hielt er sie einfach fest, streichelte sanft ihren Rücken und redete Unsinn, über die Merkwürdigkeiten des Universums, die Geheimnisse der Zahlen, typisches Luke-Geschwafel – tröstlich und sicher.
Langsam wurde sie wärmer und hörte auf zu zittern. Die Matratze unter ihr fühlte sich wie eine Wolke aus Watte an und sie war ganz von seiner Wärme umfangen. Er strich ihr über das feuchte Haar. »Ist es besser?«, flüsterte er.
Sie sah zu ihm auf. »Luke, es tut mir Leid, ich …«
Er berührte ihr Gesicht. »Scht, jetzt nicht.« Er küsste sie, und sie legte die Arme um ihn und schmeckte Cannabis in seinem Mund, atmete seine Nähe, die sich so vertraut anfühlte, richtig und doch neu. Er strich über ihren Rücken, legte die Hände um ihr Gesäß, rieb ihre Oberschenkel und berührte und stimulierte sie mit der Hand. Er küsste ihren Hals, ihre Brüste, und sie bog sich ihm entgegen und presste sich an ihn. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und sah sie an. »Willst du?«, fragte er. »Willst du es wirklich?«
»Ja«, sagte sie, »Luke, ja.« Und so war es. Er flüsterte ihren Namen, Roz, und sie fühlte seine Erektion an ihrem Bauch. Er schob ihre Schenkel auseinander, und sie half ihm, in sie einzudringen, er bewegte sich langsam, sanft und tief, und seine Wärme war überall um sie herum.
Sie hörte, wie der Wind den Regen ans Fenster peitschte, und sah immer noch die leere Straße und einen dunklen Wagen vor sich, der auf sie zufuhr. Sie hielt ihn fester, und er sagte wieder Roz, als er sich bewegte, wie eine immer wiederholte Frage, Roz? Roz? Und die Nacht und die Angst vergingen in ihrer Antwort und der immer stärker werdenden Erregung. Sie hatte Luke als sorglos und leichtsinnig gekannt, als guten Freund und aufregenden Liebhaber, hatte seine Launen, seine manchmal grausamen Sprüche und seinen ungeduldigen Ärger gekannt. Auch seine Gutmütigkeit, aber sie hatte nie zuvor seine Fähigkeit zu einer solchen Zärtlichkeit erlebt.
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