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Nachtengel

Titel: Nachtengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danuta Reah
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den Durchblick bekamen.
    »Das hat er nicht«, sagte sie. »Er hat es mir nicht gegeben. Es war sein Assistent. Ein Student von ihm, Sean.«
    »Okay, warum gibt dir dieser Sean Holbrooks Archiv, wenn sein Chef die ganze Zeit verhindern will, dass du es in die Hände bekommst? Das ist ja wirklich einleuchtend.«
    »Er versuchte, sich an mich heranzumachen«, sagte Roz. »Er wusste, dass mich das Archiv interessiert. Ich glaube nicht, dass er wusste, dass Holbrook mich hinhielt. Ich glaube, er brachte das Archiv vorbei, um noch einmal zu versuchen, bei mir zu landen, sonst nichts.«
    Luke sah sie lange an. »Okay«, sagte er dann. »Du hast also das Archiv, und Holbrook weiß nicht …«
    »Doch, er weiß es«, sagte Roz. »Ich habe es ihm gesagt. Und daraufhin hat er das abendliche Treffen mit mir hier vereinbart.«
    »Und du dachtest, du hättest jemanden gesehen, der in die Abteilung eingedrungen war, und hast den Wachdienst angerufen, aber Holbrook ist nicht gekommen …« Er sah immer noch gedankenvoll zu Boden. »Roz, wenn Gemma etwas gefunden hat, dann muss es mehr sein als diese Sprache, dieses ›Ketisch‹.«
    »Ich muss ihnen das mitteilen.«
    Er nickte, ihr widerwillig zustimmend. »Eine Inspector Jordan gab es dort nicht. Da war ein Typ, der Farnham heißt. Vor dem haben sie alle gekuscht. Aber hör zu, Roz. Ich verstehe immer noch nicht, was uns das bringen soll.«
    Sie schüttelte den Kopf, sie wusste es genauso wenig. »Ich hatte mit DI Jordan zu tun. Ich werde sie anrufen«, sagte sie. »Wenn ich sie diesmal nicht erreiche, hinterlasse ich eine Nachricht.«
    Hull, Sonntagabend
    Lynne setzte sich an ihren Schreibtisch und rieb sich die Augen. Sie war furchtbar müde. Sie hätte schon vor zwei Stunden gehen sollen, aber die Arbeit, die sich aufgrund von Nasim Rafiqs Verhaftung angesammelt hatte, hielt sie an ihrem Schreibtisch fest. Sie wollte nicht nach Hause gehen und die losen Fäden der Ermittlung, die sich vielleicht verlieren würden, in der Luft hängen lassen.
    Sie schrieb ihren Bericht über Rafiqs Befragung vom Tag zuvor zu Ende, las ihn durch, war aber nicht zufrieden. Er enthielt nichts, das Rafiq Rückendeckung bot. Der Bericht stellte fest, dass sie nicht versucht hatte, Lynne zu unterstützen. Die Fakten waren erfasst, aber nicht die Umstände, denn das Berichtsformat ließ nur sehr wenig Spielraum für die Schilderung der Zusammenhänge, es gab keinen Raum für Dinge, die bei der kritischen Prüfung durch die Einwanderungsbehörde für sie sprechen konnten.
    Sie fuhr sich durchs Haar und seufzte. Sie hatte getan, was sie tun konnte. Rafiq war ein Risiko eingegangen, nun würde sie die Konsequenzen tragen müssen. Aber Lynne konnte den Bericht fürs Erste liegen lassen. Farnham brauchte ihn, aber er würde ihn nicht schon heute Abend haben wollen. Sie konnte ihn bis morgen Früh liegen lassen. Sie verzog das Gesicht. Das Unvermeidliche aufschieben.
    Morgen war ihr freier Tag. Das würde ihr etwas Zeit zum Überlegen geben. Wenn es irgendetwas gab, was sie tun konnte, um Rafiq zu helfen, würde sie es herauskriegen. Sie speicherte den Bericht, druckte ihn aber nicht aus. Sie war müde, und wenn sie müde war, konnte sie keine Entscheidungen treffen, machte nur Fehler. Als sie aufstand, bemerkte sie, dass das Licht ihrer Mailbox blinkte. Sie nahm ab, hielt dann aber inne. Was immer es war, es würde warten müssen. Sie musste jetzt nach Hause.
    Hull, Sonntag
    Der Raum roch widerlich muffig und schimmelig. Einen Moment lag Anna verwirrt da und versuchte, anhand der Ereignisse der letzten paar Tage und Nächte, die wirr in ihrem Kopf herumschwirrten, festzustellen, wo sie war. Dann erinnerte sie sich an die Sturmlaterne und streckte die Hand aus, um sie anzuzünden. Sie fand die Tüte, die Matthew dagelassen hatte, und aß etwas Schokolade. Ihr Kopf tat weh, und ihre Kehle war trocken und rau. Schubartig wurde ihr heiß, und dann zitterte sie wieder vor Kälte. Es war schwierig, das Husten zu unterdrücken. Sie musste sich mehr von dem lauwarmen, abgestandenen Wasser holen. Matthew war nicht sicher gewesen, wann er zurückkommen würde. »Sobald ich kann«, hatte er gesagt. »Sobald ich kann.«
    Sie hatte sich im Lauf des Tages zwischen Schlaf und Wachen hin und her treiben lassen. Einmal wachte sie schweißgebadet und keuchend vor Angst aus einem Traum auf, aber er war schon aus ihrem Gedächtnis verschwunden, bevor sie richtig wach wurde, und nur ein Gefühl des Grauens war

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