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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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rumzubringen.
    Das erste Schriftstück ist ein Brief vom 26.8.95 und ist von der Karamitri unterschrieben. Darin wird die finanzielle Unterstützung für Triton um ein weiteres Jahr verlängert. Darunter finde ich eine Abschrift des ursprünglichen Faxes mit Petroulias’ Unterschrift, das die Arvanitaki bezüglich der Sponsorengelder erhalten hatte. Beim Durchblättern stoße ich auf eine Reihe von Schreiben, die meine Aufmerksamkeit sofort fesseln. Es handelt sich um Aufträge für Meinungsumfragen zum Beliebtheitsgrad bestimmter Parlamentsabgeordneter. Der Name des Exministers, der seinen Parteichef übertrifft, taucht dreimal auf. Der letzte Auftrag stammt vom August, mit der Unterschrift der Karamitri. Das muß der Auftrag gewesen sein, an dem Niki Kousta arbeitete, als ich sie zum ersten Mal in den Räumlichkeiten der R. I. Hellas besuchte. Weiter unten treffe ich auf die Namen zweier weiterer Parlamentsabgeordneter. Beide sind für ihr politisches Engagement bekannt, was heißt, daß sie sich den Radio- und Fernsehsendern gegenüber äußerst gesprächig zeigen. Alle anderen Aufträge zu Meinungsumfragen tragen Petroulias’ Unterschrift.
    »Herr Kommissar.« Ich drehe mich um und erblicke einen Stoß Buchhaltungsunterlagen. »Die Geschäftsbücher des Unternehmens«, sagt Vlassopoulos.
    Es hat keinen Sinn, sie durchzusehen, denn ich verstehe nichts davon. »Nimm sie mit, wir übergeben sie einem Fachmann«, sage ich und wende mich wieder der Akte R. I. Hellas zu.
    Warum hatte Koustas der R. I. Hellas den Auftrag erteilt, Meinungsumfragen über Politiker durchzuführen? Klar, das war der Aufgabenbereich der Firma, doch Meinungsforschungsinstitute werden üblicherweise von Parteien, Tageszeitungen oder Fernsehsendern beauftragt. Welches Interesse hatte Koustas ausgerechnet an diesen Parlamentsabgeordneten? Die Arvanitaki hat mir nichts davon gesagt, daß sie von Petroulias oder der Karamitri Aufträge für Meinungsumfragen entgegennahm. Noch ein Geheimnis, doch ich kann es im Augenblick nicht lüften und lege den Briefumschlag beiseite.
    Dann hole ich die anderen beiden Umschläge aus dem Büroschrank. Auf dem einen steht Atletico geschrieben. Ich brauche nicht lange, um zu begreifen, daß es sich um ein Sportartikelgeschäft in einem Einkaufszentrum in Maroussi handelt. So ein Sportgeschäft spielt nicht einmal die Gewerbemiete ein. Das weiß sogar ich, obwohl ich sowohl Sport als auch Einkaufen hasse. Ich beginne, den Inhalt des Briefumschlags durchzublättern, und stoße auf ein Fax, die demjenigen zum Verwechseln ähnlich sieht, in dem die R. I. Hellas zur Auszahlung der Sponsorengelder an Triton angewiesen wurde. Nur daß diesmal Atletico von Petroulias aufgefordert wurde, Iason zu unterstützen, den Fußballverein, den Koustas Karamitris aufgedrängt hatte.
    Der dritte Briefumschlag trägt die Überschrift Chinesische Mauer und bezieht sich auf ein Spezialitätenrestaurant in Livadia. Wer ist so verrückt, in Livadia ein chinesisches Restaurant zu eröffnen? Die Einwohner von Livadia würden selbst in der Fastenzeit vor Ostern kein Tofu-Souflaki essen. Der Verdacht macht sich in mir breit, daß ich auch hier auf Sponsorengelder für eine Fußballmannschaft stoßen werde. Und ich behalte recht. Diesmal handelt es sich um Proteus, den Fußballverein von Livadia. Ich weiß nicht, wem er gehört, doch bereits der Name weist in eine bestimmte Richtung. Sowohl im Fall von Iason als auch von Proteus haben die Briefe denselben Wortlaut wie bei Triton. Die Summen werden von der Greekinvest zur Verfügung gestellt. Proteus, Iason, Triton und die pseudoantiken Statuen in Koustas’ Vorgarten in Glyfada. Es scheint, als hätte er eine Leidenschaft für das Altertum gehegt.
    Welche Erkenntnisse habe ich in der Hand? Zum einen, daß Koustas – ohne persönlich zu erscheinen – mittels Petroulias und der Karamitri die Greekinvest in der Tasche hatte. Zum zweiten, daß die Greekinvest die R. I. Hellas, das Sportartikelgeschäft Atletico und das Restaurant Chinesische Mauer kontrollierte. Zum dritten, daß alle drei Unternehmen Fußballvereine sponserten, die Koustas direkt oder indirekt beherrschte. Ich drehe mich im Kreis: Ich gehe von Koustas bei der Greekinvest aus und lande über die dritte Fußballiga wiederum bei Koustas. Steuerhinterziehung ist wohl kaum der einzige Zweck einer solchen Geldwiederverwertungsanlage.
    »Pack die Bücher ein, nimm auch die Umschläge mit, wir machen uns auf den Weg«, sage ich

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