Nachtfalter
eilen sofort auf mich zu.
»Geben Sie eine Presseerklärung ab?«
Ich entgegne nichts, da es überflüssig ist, ihnen ständig dasselbe zu erzählen. Stumm bahne ich mir den Weg zu Gikas’ Büro.
»Sind Sie fertig?« fragt er, als er mich sieht. »Seit dem frühen Morgen rücken uns die Journalisten nicht von der Pelle.«
»Nein, ich bin noch nicht fertig, die werden sich noch ein wenig gedulden müssen.«
»Warum?«
Ich ziehe die Aufnahme des Pärchens aus meiner Jackentasche. »Der eine ist Petroulias. Und wer ist die andere?« fragt er. Er begreift, daß es die Blonde ist, doch er hat Niki Kousta noch nie gesehen.
»Koustas’ Tochter. Niki Kousta.«
Jetzt ist er an der Reihe, sprachlos zu sein. »Das ist die Blonde, nach der wir die ganze Zeit gesucht haben?« Ich nicke. »Und was machen wir jetzt?«
»Wir verschieben die Pressemeldung, bis wir sie verhört haben. Ich habe Vlassopoulos und Dermitzakis angewiesen, sie herzubringen. Es ist möglich, daß sie etwas mit dem Mord zu tun hat.«
»Richtig, machen Sie, so schnell Sie können.«
»Wenn wir länger brauchen sollten, können Sie diese Erklärung verlesen, und später geben wir eine zweite Meldung heraus.«
»Gut wäre, wenn ich gleich auch etwas zur Kousta berichten könnte. Das macht einen besseren Eindruck.« Er sagt es so, als käme Niki Kousta deshalb hierher, um ihn im Rahmen einer Umfrage um seine Meinung zu bitten.
Als ich mich durch die Journalisten drängle, fällt Sotiropoulos’ Blick auf mich – forschend und argwöhnisch. Ich kehre in mein Büro zurück, und eine Minute später steht er schon vor mir.
»Da tut sich was«, meint er. »Irgend etwas ist Ihnen dazwischengekommen, das sehe ich Ihnen an.«
»Kommen Sie bloß nicht wieder damit, daß ich Ihnen etwas schuldig sei«, falle ich ihm ins Wort. »Ich schulde Ihnen gar nichts, außer ein großes Dankeschön dafür, daß Sie mir in einem schwierigen Augenblick geholfen haben. Wenn Sie jedoch eine Sensationsmeldung in Umlauf bringen wollen, dann legen Sie sich draußen vor meinem Büro auf die Lauer.«
»Was für eine Sensationsmeldung?« fragt er, und sein Blick funkelt schon ganz lüstern.
»Warten Sie einfach ab, wenn Sie wollen.«
Er öffnet die Tür und hastet hinaus. Er verpaßt die Sensation nicht, denn sie konkretisiert sich eine Viertelstunde später in Gestalt der äußerst aufgebrachten, von Vlassopoulos und Dermitzakis eskortierten Niki Kousta.
»Was ist das für eine Art?« schreit sie. »Habe ich mich jemals geweigert, wenn Sie mich befragen wollten? War es wirklich notwendig, daß mich Ihre beiden Untergebenen zwingen, alles liegen und stehen zu lassen, und daß Sie mich vor der ganzen Firma bloßstellen?«
»Wann haben Sie Ihr Haar geschnitten und gefärbt?«
Sie verliert die Fassung, doch sie erholt sich rasch. »Als ich aus den Ferien zurückkam. Seit wann interessieren Sie sich für mein Aussehen?«
»Ich interessiere mich nicht für Ihr Aussehen. Ich interessiere mich für eine blonde junge Frau, die mit Petroulias zusammen war, als er getötet wurde.«
Ich nehme die Fotografie von meinem Schreibtisch und strecke sie ihr hin. Sie betrachtet sie lange, als müsse sie sich erst davon überzeugen, daß sie mit Petroulias abgebildet ist.
»Woher haben Sie die?« fragt sie. Ihre Stimme zittert jetzt, genauso wie ihre Hand, in der sie die Fotografie hält.
»In einem Schränkchen unter dem Steuerrad des Segelboots, das Sie und Petroulias gemietet hatten. Zusammen mit dem hier.«
Ich hole die blaue Matrosenbluse und Petroulias’ Reisepaß aus der Plastiktüte. Ihr Zucken hat sich verstärkt, und sie steht kurz davor, in Tränen auszubrechen.
»Können wir unter vier Augen sprechen?« fragt sie mit gebrochener Stimme.
Vielleicht fällt ihr das Geständnis leichter, wenn wir allein sind. Ich winke Vlassopoulos und Dermitzakis hinaus. »Nun, ich höre«, sage ich. »Was haben Sie mir zu sagen?«
»Was wollen Sie hören? Ich hatte eine Beziehung mit Christos Petroulias.«
»Das ist mir klar. Genauso klar wie die Tatsache, daß Petroulias im Auftrag Ihres Vaters ermordet wurde. Weniger klar ist mir, was Sie mit dem Mord zu tun hatten. Das möchte ich von Ihnen wissen.«
Sie zerrt ein Taschentuch hervor und tupft sich die Tränen ab. Dann ringt sie sich ein mit Bitterkeit erfülltes Lächeln ab. »Ich bin das Opfer, das am Leben geblieben ist«, flüstert sie. »Weil ich Koustas’ Tochter bin.«
»Was soll das heißen? Niki, das geht zu weit! Sie
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