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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Mann sinkt in sich zusammen. »Ich gehe lieber nach Hause und beruhige mich«, sagt er ängstlich.
    »Schaffen Sie ihn von hier weg«, sagt der Beamte zur Knusprigen. »Und wenn Sie mir noch einmal unter die Augen kommen, dann buchte ich Sie definitiv ein, denn ich hab Ihre Faxen satt!«
    »Komm, gehen wir, Aristos, Schatz«, sagt die Knusprige, letzt, wo sie ihn so kleinlaut sieht, fängt sie wieder mit ihren Spielchen an. »Schau bloß, was du mit meinem Kleid gemacht hast.« Und sie deutet auf die Blutspritzer.
    »Ich kauf dir ein neues«, sagt er. »Zehn neue Kleider kauf ich dir, obwohl du eine nichtsnutzige Schlampe bist.«
    »Was ich unter seiner Eifersucht zu leiden habe, geht auf keine Kuhhaut«, flüstert die Knusprige mir zu.
    Sie sieht aber nicht danach aus, als quäle sie das sehr. So wie sie sich beim Hinausgehen aufreizend in den Hüften wiegt, scheint sie eher stolz darauf zu sein.
    »Alle naselang kommt er daher und will Anzeige erstatten«, sagt der Beamte aufgebracht. »Kürzlich war er schon mal hier. Jemand hatte seine Einfahrt mit einem Wagen versperrt, und er war auf ihn losgegangen. Darauf wurde er nach Strich und Faden verprügelt, und die beiden Streithähne kamen an, um sich gegenseitig anzuzeigen. Und als wir gerade dabei waren, die Aussagen aufzunehmen, traf per Funk die Nachricht vom Koustas-Mord ein.«
    Die Geschichte interessiert mich nicht im geringsten, ich möchte nur das Schicksal des Motorrads klären und dann ins Bett fallen. Glücklicherweise enthebt mich der Beamte meiner Sorge, ihn mühsam an den eigentlichen Grund meines Kommens erinnern zu müssen. »Sie hatten mich doch etwas gefragt. Können Sie mir auf die Sprünge helfen, ich habe es vergessen.«
    »Ja … Wissen Sie, ob Koustas jemals Drohungen aus dem Rotlichtmilieu oder von Schutzgelderpressern erhalten hat?«
    Er bricht abrupt in Gelächter aus. »Sie meinen das als Witz, oder? Wer hätte es gewagt, Koustas zu bedrohen, Herr Kommissar?«
    »Weiß ich doch nicht. Es war ja nur eine Frage.«
    Er beugt sich zu mir herüber und senkt verschwörerisch die Stimme, obgleich das Büro und auch der Gang menschenleer sind. »Niemand getraute sich, Koustas ans Bein zu pinkeln. Er war stets in Begleitung von zwei Gorillas unterwegs. Sie brachten ihn nach Hause, kehrten dann zum Nachtlokal zurück und übernachteten dort mit dem Türsteher. Um die Wahrheit zu sagen, wenn er Schutzgeld bezahlt hätte, wäre er billiger gefahren, aber das ließ sein Geltungsbedürfnis nicht zu. Er hat eine Menge Zaster für seine Leibgarde und verschiedene Alarmanlagen ausgegeben, und am Ende haben sie ihn doch gekriegt.«
    »Diese Leibwächter, was sind das für Typen?«
    Er zuckt mit den Schultern. »Schläger eben. Sie wissen schon.«
    »Haben sie was auf dem Kerbholz?«
    Wiederum lacht er. »Gebrummt haben sie nicht, wenn Sie das meinen. Es sind ehemalige Kollegen, die das Polizeikorps verlassen mußten. Die waren keinen Tag lang arbeitslos. Koustas hat sie sofort in seine Dienste genommen.«
    Genau darüber macht sich Adriani immer lustig. Zu Unrecht Es stimmt zwar, daß man auf Polizisten zum Personenschutz zurückgreift, aber eben auf ausgediente.
    Wie auch immer, ich muß langsam einsehen, daß die Antiterrorabteilung recht hatte. Koustas hatte die führende Gangsterbande mit seinem Wachsystem verärgert, da machten sie ihn eben kalt. Vielleicht hatten sie gar nichts mit ihm am Hut, sondern brachten ihn nur um, um die anderen Lokalbesitzer in Angst und Schrecken zu versetzen. Um ihnen zu zeigen, daß keiner unangreifbar war, nicht einmal Koustas.
    Mir bleibt nichts weiter zu tun. Ich wünsche dem diensthabenden Beamten einen wunderschönen guten Morgen und mache mich auf den Weg. Mir fallen vor Müdigkeit die Augen zu.
    An der nächsten Ampel auf der Iera-Odos-Straße wende ich meinen Wagen und reihe mich in die Fahrspur in Richtung Zentrum ein.
    Als ich zu Hause ankomme, ist es halb vier. Adriani schläft. Ich ziehe mich aus und schlüpfe im Dunkeln ins Bett, um sie nicht zu wecken. Sie spürt meine Anwesenheit und öffnet halb ihre Lider.
    »Wie spät ist es?« fragt sie.
    »Schlaf jetzt.«
    Wenn ich ihr sage, daß es halb vier ist, hält sie mir eine Standpauke, und ich bleibe die ganze Nacht wach, wie der Beamte in Chaidari.

10
    D ie Fotografien des unbekannten Toten liegen auf meinem Schreibtisch – gleich ein ganzer Stapel. Ich trinke aus einem Plastikbecher den seine Herkunft verleugnenden griechischen Kaffee und betrachte sie

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