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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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sagen sollen? Sie hat das ganz alleine eingefädelt. Ihr hättet euch doch nur gezankt, und ich kann eure Streitereien nicht ertragen. Es macht doch nichts aus, wenn du noch zwei Tage hierbleibst.«
    »Ich verlasse auf jeden Fall heute das Krankenhaus. Damit mußt du dich abfinden.«
    »Na gut, warte mal«, sagt sie zu mir und stürmt aus dem Zimmer. Wäre Adriani jetzt hier, würde man uns bis nach Pentagono hören. Das Gute an Katerina ist, daß sie begreift, wann Widerstand sinnlos ist. Und sie versucht zu retten, was zu retten ist.
    Kurz darauf kehrt sie mit Ousounidis zurück. »Was muß ich da hören? Wir hatten doch eine Abmachung getroffen«, meint er verärgert.
    »Da ich Sie sympathisch finde, will ich es Ihnen anschaulich vor Augen führen: Es gibt zwei Möglichkeiten, wie ich hier rauskomme. Die eine ist: Ich bekomme einen Arztbrief ausgehändigt und verlasse das Krankenhaus auf dem vorgeschriebenen Weg. Die andere ist: Ich packe meine Siebensachen, und wenn Sie mich daran hindern wollen, buchte ich Sie wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt ein.«
    Ich erläutere ihm in kurzen Worten die Sache mit Petroulias und was wir alles in seiner Wohnung vorgefunden haben. Er läßt sich beschwichtigen und grinst. »In Ordnung, Sie können gehen, nur müssen Sie mir erstens Ihr Wort geben, daß Sie nicht rauchen werden.«
    »Na gut. Höchstens drei Zigaretten. Eine nach jedem Essen.«
    »Keine einzige! Ihre letzte Zigarette haben Sie vor Ihrem Aufenthalt im Krankenhaus geraucht. Von nun an ist das Rauchen untersagt. Zweitens werden Sie regelmäßig die Tabletten nehmen, die ich Ihnen verschreibe, und in zehn Tagen kommen Sie wieder zur Untersuchung vorbei.«
    »In Ordnung.«
    »Drittens werden Sie sich nicht abhetzen. Das heißt höchstens drei bis vier Stunden Dienst pro Tag, und dann ab an den häuslichen Herd.«
    »Einverstanden.«
    »Viertens werden Sie ein Weilchen nicht Auto fahren. Sie werden mit dem Taxi oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren.«
    »Das kann ich ja übernehmen«, bietet sich Katerina an.
    »Seit wann kannst du denn Auto fahren?« frage ich, als Ousounidis draußen ist, um das Rezept auszustellen.
    »Ich habe den Führerschein gemacht, weil Panos einen Wagen hat und ihn mir ab und zu leiht«, entgegnet sie verlegen.
    Ich würde sie nur allzu gerne fragen, ob es ein PKW ist oder ein Pritschenwagen, mit dem er Obst und Gemüse durch die Gegend karrt. Aber sie hat sich mir gegenüber fair verhalten, also möchte ich ihr nicht auf den Schlips treten.
    Als Adriani eintrifft, findet sie mich angekleidet und ausgehbereit vor.
    »Wozu hast du dich angezogen?« fragt sie, drauf und dran, in ein gewaltiges Gezeter auszubrechen.
    »Weil ich heute entlassen werde.«
    »Du solltest doch erst am Samstag entlassen werden!« Sie beißt sich auf die Lippen. Doch es macht nichts mehr, daß sie sich verplappert hat.
    »Ich habe die Ärzte eben umgestimmt, und sie lassen mich schon heute raus.«
    Sie steht ganz verblüfft da, und ich genieße meinen Triumph in vollen Zügen.

19
    P etroulias’ Dachterrasse hat die Ausmaße einer quadratisch geschnittenen Zweizimmerwohnung. Halb Athen liegt ihr zu Füßen; das Panorama ist zwar weitreichend, aber nur mittelmäßig reizvoll. Vor dem ungehinderten Blick des Betrachters dehnen sich Dächer und Verandern von Wohnhäusern aus, einige hier und da eingestreute grüne Rasenflecke und Abertausende von Wäscheleinen. Einen Häuserblock weiter erkennt man eine junge Frau, die sich auf ihrer Terrasse unter Smogwolken sonnt.
    Zu ihren besten Zeiten mußte diese Dachterrasse ein riesiger Garten gewesen sein. Mit Geranien, Margeriten und Chrysanthemen in Blumentöpfen und schmalen, die Terrasse umlaufenden Beeten sowie mit Bäumchen, die in enorme Tontöpfe gepflanzt wurden. Von Zitronenbäumchen bis Zwergzypressen ist alles vorhanden, wie in einer Baumschule. Schatten spenden zwei große, weiße Sonnenschirme, unter denen Gartenstühle und kleine Tischchen stehen. Das Ganze erinnert an eine dieser Cafeterias, die jetzt mit Vorliebe auf Hotelterrassen eingerichtet werden. Doch mittlerweile ist die Farbe der Sonnenschirme von Weiß ins Gelbliche übergegangen, die Hälfte der Bäumchen ist vertrocknet, und die Blumen hängen verwelkt aus ihren Töpfen.
    Drinnen stehen Sofas und Sessel aus Leder, ein runder Rauchglastisch, und an den Wänden sind Deckenfluter aus Chromstahl angebracht – alles wirkte ursprünglich sicher elegant. Doch so wie die Wohnung zugerichtet

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