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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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sei in einer Besprechung und in einer Viertelstunde frei. Da – mit Katerina als pünktlichem Wachhund – jede Sekunde zählt, die ich herausschinden kann, versuche ich die Viertelstunde zu nutzen und rufe Vlassopoulos und Dermitzakis zu mir herein.
    »Wo ist Petroulias’ Steuerbescheid?« frage ich Vlassopoulos.
    »Ich habe herausgefunden, bei welchem Finanzamt er gemeldet war. Die Abschrift wird uns heute noch zugestellt.«
    Ich wende mich Dermitzakis zu. »Arbeite dich durch sämtliche Schiffsregister im Bereich Attika durch und nimm sämtliche Firmen unter die Lupe, die Jachten und Segelboote vermieten. Du mußt ermitteln, mit welchem Fahrzeug Petroulias auf die Insel gelangt ist. Und ob es ihm gehörte oder gechartert war.«
    »Wenn wir Glück haben und es ihm gehörte, dann werden wir schon auf ein paar Hinweise stoßen«, meint er.
    Durchaus möglich, doch ich glaube nicht daran. Wenn es ihm gehörte, wäre es doch vor der Insel zurückgeblieben und irgendwann jemandem aufgefallen. Außer, die Blonde brachte es nach Athen zurück, was mir nicht sehr wahrscheinlich vorkommt. Ich rufe den Polizeiobermeister der Insel an und lasse im Hafen nachfragen, ob irgendein Schiff seit dem Sommer daliegt, doch ich hege keine großen Hoffnungen. Am ehesten war es ein gemietetes Boot.
    Der Fahrstuhl hält mich wieder mal zum Narren, aber ich bin fest entschlossen, nicht nachzugeben und die Treppe zu nehmen. Ich warte geduldig, bis er sich herbeibequemt.
    »Schön, daß Sie wieder da sind«, sagt Koula, überglücklich, mich wiederzusehen. »Seit wann sind Sie denn wieder im Dienst?«
    »Seit heute.«
    »Und wann wurden Sie aus dem Krankenhaus entlassen?«
    »Gestern.«
    Sie sieht mich an, als hätte sie einen Albaner im Frack vor sich. »Das heißt, Sie sind gestern entlassen worden und stehen heute schon wieder auf der Matte? Wieso bleiben Sie nicht ein paar Tage zu Hause? Sie sind doch Beamter.«
    »Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun, Koula?«
    »Also bitte! Wer hat schon von einem Beamten ohne Kuraufenthalt gehört!« entgegnet sie erbost.
    Ich würge schnell die Ausrede hervor, ich hätte einen dringlichen Fall zu lösen, und suche in Gikas’ Büro Zuflucht. Er steht vor seinem Besuchertisch und ordnet gerade Papiere. Auch er hat mich nicht so schnell zurück erwartet und ist überrascht, mich zu sehen.
    »Na so was«, sagt er. »Sie sind schon wieder da?«
    »Ja. Vielen Dank für die Pflanze.«
    »Entschuldigen Sie, daß ich nicht selbst gekommen bin, aber Sie wissen ja – ich stecke bis zum Hals in der Arbeit.«
    »Weiß ich doch. Ich bin schon wieder da, weil sich bei der Identifizierung des unbekannten Toten einiges tut«, rechtfertige ich mich eilig, bevor er mich wegen Übertretung des Beamtendienstrechts vor ein Disziplinargericht zitiert.
    Ich setze ihn kurz über Petroulias’ Apartment in Kenntnis, über die Nachforschungen zur Auffindung der Jacht oder des Segelboots, mit dem er auf die Insel kam, und über unsere Bemühungen, seinen Brotberuf und seine Einnahmequellen ausfindig zu machen.
    »Sie schließen also aus, daß man ihn umgebracht hat, weil er sich hat kaufen lassen.«
    »Aber nein, nur halte ich es für nicht sehr wahrscheinlich. Dann hätte man ihn doch beiseite geräumt, bevor er die Kreuzfahrt antrat, oder seine Rückkehr abgewartet. Man hätte doch keine Reisekosten ausgelegt, um ihn ausgerechnet auf der Insel ins Jenseits zu befördern. Und man hätte weder einen Grund gehabt, in seine Wohnung einzudringen, noch, ihm die Fingerkuppen unkenntlich zu machen.«
    »Oftmals sind die einfachen Antworten die nächstliegenden«, meint er lächelnd. »Man weiß nicht, wozu diese fanatisierten Hooligans fähig sind. Die warteten nur darauf, ihm eins auszuwischen. Sie trafen ihn zufällig auf der Insel und entschlossen sich kurzerhand, ihn zu töten. Kein vorsätzlicher Mord. Sie brachten ihn um und verscharrten ihn.«
    »Und die beiden Typen, die vermutlich Ausländer waren und die man mit ihm auf der Insel gesehen hat?«
    »Zufall. Sie unterhielten sich, gingen auseinander, und der Mord wurde hinterher durch andere begangen.«
    »Und was ist mit der Blonden?«
    »Woher wollen Sie wissen, daß es dieselbe war, die er in seine Wohnung mitschleppte? Er war jung und durchtrainiert, dumme Zicken stehen auf solche Typen. Möglicherweise hat er sie zufällig auf der Insel getroffen, zwei Abende mit ihr verbracht und ihr dann den Laufpaß gegeben. Warum sollte sich die junge Frau dafür

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