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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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ihrer Laufbahn angelangt und fallen der Gesellschaft als mittellose Arbeitslose zur Last. Ich mache sie zur Schnecke, um mein Interesse zu zeigen, aber auch, um zu verhindern, daß sie regelmäßige Gehaltszahlungen, hochdotierte Prämien und ähnliche Dinge fordern. Verstehen Sie jetzt, warum ich kein Interesse daran habe, Schiedsrichter zu kaufen?«
    »Und was ist mit dem zweiten Grund?« frage ich.
    »Welchem zweiten Grund?«
    »Sie haben doch gesagt, es gebe zwei Gründe dafür, daß Sie den Schiedsrichter nicht schmieren.«
    »A ja, richtig. Der zweite Grund ist der, daß ich, selbst wenn ich Schiedsrichter bestechen wollte, das nie und nimmer in einem Spiel gegen eine von Koustas’ Mannschaften tun würde.«
    Der Name fällt wie ein Blitz aus heiterem Himmel. leb schaue ihn einige Sekunden sprachlos an, dann denke ich. das könne nicht sein, es müsse sich um eine zufällige Namensgleichheit handeln. Doch ich möchte mich dessen hundertprozentig versichern. »Welcher Koustas denn?«
    »Dinos Koustas. Den kennen Sie bestimmt. Das ist der, der vor seinem Nachtlokal ermordet wurde.«
    »Koustas war der Besitzer von Triton?«
    »Offiziell nur der von Triton. Manche behaupten, er hätte auch ein paar weitere Mannschaften, hinter Strohmännern verborgen, besessen. Tatsache ist, daß er in der dritten Liga das Sagen hatte. Er konnte einer Mannschaft den Titel zuschanzen, eine andere absteigen lassen. Er entschied, wer welches Spiel gewinnt oder verliert …«
    Da ist er also wieder, Dinos Koustas. Ich weiß nicht, ob ich mich freuen oder verzweifeln soll. »Und alle anderen nahmen das einfach so hin?« frage ich Kalojirou.
    Er zuckt gleichgültig mit den Schultern. »Ich habe es Ihnen doch erklärt. Die Spieler kicken nur den Ball vor sich her. Wir Besitzer spielen auf einer anderen Ebene und mit anderen Einsätzen. Koustas legte uns keine Steine in den Weg, und wir haben ihn in Ruhe sein eigenes Spiel spielen lassen.«
    Nasioulis hat die Sachlage richtig eingeschätzt. Sie halten zusammen wie Pech und Schwefel, und ich beiße mir an ihrem ›Catenaccio‹ die Zähne aus.
    Er schüttelt den Kopf, als könne er meine Gedanken lesen. »Was erwarten Sie von einer Welt, in der alle Uhren gleich gehen, Herr Kommissar? Früher, da blieben einige stehen, andere gingen vor oder nach. Man wachte morgens auf und wartete auf den Piepton des Radios, um seine Uhr richtig einzustellen. Heutzutage wacht man auf, und alle Funkuhren zeigen die gleiche Uhrzeit. Wir leben in einer Welt, in der sich nur mehr Asiaten wohl fühlen können.«
    »Was für ein Spiel spielte Koustas?«
    »Keine Ahnung. In manchen Dingen ist es einem lieber, nicht genau Bescheid zu wissen.«
    »Halten Sie es für wahrscheinlich, daß Koustas Petroulias den Elfmeter geben ließ, um seine Mannschaft bewußt das Spiel und den Titel verlieren zu lassen?«
    Er denkt kurz nach. »Nicht auszuschließen«, setzt er schwungvoll an, doch bald schon stockt er. »Obwohl … jetzt, da Sie mich darauf ansprechen, ist mir etwas eingefallen.«
    »Was?«
    »Obique hat mir erzählt, daß er belauscht hat, wie sich Koustas nach dem Match mit Petroulias am Stadioneingang gestritten hat.«
    »Wer ist dieser Obique?«
    »Ein Nigerianer, einer unserer Mittelstürmer. Zur Zeit spielt er nicht, weil er wegen einem Bänderriß operiert worden ist.«
    »Wissen Sie, wo er wohnt?«
    »Nein, aber das kann ich herauskriegen.«
    Er zieht sein Handy hervor und spricht mit jemandem, vielleicht mit dem Trainer. Kurz danach gibt er mir die Adresse: Rodopis-Straße 22 in Tambouria.
    »Wissen Sie, bei welchen anderen Mannschaften Koustas das Sagen hatte?«
    »Nein. Wie ich schon sagte, mein Interesse am Fußball ist rein privat und auf das Notwendigste beschränkt.«
    Er hat seine Aussage hinter sich gebracht und erhebt sich. Ich lasse von ihm ab, weil ich keine weiteren Fragen mehr an ihn habe. Außerdem bleibe ich nur zu gerne für mich allein zurück, um mir die Möglichkeiten, die sich durch diese neuen Erkenntnisse eröffnen, durch den Kopf gehen zu lassen. Er drückt mir die Hand, donnert mir ein »Hat mich gefreut« entgegen und zieht von dannen.

24
    A m liebsten würde ich diesen Obique gleich verhören, aber nach reiflicher Überlegung weise ich den Gedanken von mir. Heute ist der erste Tag, an dem ich wieder hinter dem Lenkrad sitze, und ich traue mir noch nicht zu, allein bis nach Tambouria und wieder zurück ins Zentrum zu fahren. Ich wähle lieber den direkten Weg ins

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