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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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kleinere Summen bezogen, um sie dann weiterzuverleihen. Als Kassierer von Schmiergeldern hätte er keine regelmäßigen Einzahlungen gemacht. Folglich mußte etwas anderes im Spiel sein, und mein Duell mit Sotiropoulos endet null zu null, da wir beide danebengetippt zu haben scheinen.
    »Das Geld auf der Interbank ist bestimmt Schwarzgeld«, sagt Dermitzakis, um mir zu verstehen zu geben, daß auch er aufmerksam bei der Sache ist.
    Ich messe seiner Bemerkung keine Bedeutung bei. Ich nehme die Terminliste der drei Fußballspiele zur Hand, auf die Nasioulis hingewiesen hat, und lege sie neben die Bankauszüge, um zu sehen, ob eventuell trotzdem Summen auftauchen, die zu den Spielterminen passen. Ich finde keine Einzahlungen, die mit den Spielen Argostolikos – Anamorfosi Tripolis und Chalkidaikos – Atromitos Sfakion in Verbindung stehen. Es taucht jedoch eine Einzahlung in der Höhe von zweieinhalb Millionen am Vortag der Begegnung Falirikos –  Triton auf. Kann sein, daß es sich um einen Zufall handelt, doch oft führt gerade ein solcher auf die richtige Fährte. Wenn der unrechtmäßige Elfmeter, den Petroulias für Falirikos pfiff, nicht das Ergebnis einer schlechten Schiedsrichterleistung war, wie Chatzidimitriou behauptete, dann hatte der Besitzer des Falirikos für das Spielresultat gut zweieinhalb Millionen springen lassen.
    »Finde heraus, wem Falirikos gehört«, sage ich zu Dermitzakis. »Und wo wir mit dem Besitzer sprechen können. Heute noch.«
    Er verschwindet für fünf Minuten von der Bildfläche und kehrt mit einem breiten Grinsen zurück. »Habe ihn schon aufgetrieben«, meint er zufrieden. Er will schon die Tür hinter sich ins Schloß ziehen, als Vlassopoulos von außen an ihr rüttelt und hinter seinem Rücken hereinschlüpft.
    »Er heißt Frixos Kalojirou, und er besitzt eine Ladenkette mit Haushaltsgeräten, ›Alles für Haus und Garten‹.«
    Die ist mir ein Begriff, weil ich unzählige Male den Werbespot dazu gesehen habe. Es sind Kaufhäuser von der Sorte, die dem Kunden die Wohnung auf Pump einrichten und ihn dann nötigen, alles wieder zu verhökern, weil er die Raten nicht abstottern kann.
    »Falirikos spielt heute nachmittag gegen Nikea«, fährt Dermitzakis fort. »Wir könnten ihn also nach dem Match treffen.«
    »Eigentlich müßte ich den Kommissar begleiten«, schnellt Vlassopoulos dazwischen. Jetzt begreife ich, warum er still und heimlich in mein Büro geschlichen kam.
    »Warum denn du?« fragt Dermitzakis.
    »Erstens, weil ich der Dienstälteste hier bin, und zweitens, weil Sarafoglou, der beim Falirikos spielt und den ich gut kenne, meine Entdeckung ist.«
    »Kann sein, daß du Sarafoglou entdeckt hast, Kalojirou jedoch habe ich aufgestöbert.«
    Seit dem Tag, als Dermitzakis in die Dienststelle kam, vertragen sich die beiden wie Hund und Katze. Vlassopoulos nimmt sich als altgedienter Polizeibeamter Vorrechte heraus, während der jüngere Dermitzakis Vlassopoulos beiseite zu drängen versucht, um selbst aufzusteigen. So strapazieren alle beide meine Nerven und zwingen mich ständig dazu, einen diplomatischen Drahtseilakt zu vollführen.
    »Gar keiner von euch kommt mit. Ich fahre alleine hin«, sage ich stinkig. »Für die paar Fragen, die ich ihm stellen will, müssen wir uns nicht gleich alle auf die Reise machen.«
    Dermitzakis dreht sich um und wirft dem befriedigt lächelnden Vlassopoulos einen giftigen Blick zu. Freilich wird auch er nicht mit dabeisein, doch er hat es geschafft, Dermitzakis den Ball abzuluchsen, und bildet sich ein, daß der Strafstoß aufgrund seiner Intervention gepfiffen wurde.
    Ich nehme eine Tablette Digoxin, breche sie in der Mitte durch und würge sie mit einem Schluck Kaffee hinunter, der sich mittlerweile in einen faden lauwarmen Sud mit kaltem Schaum verwandelt hat.

23
    D as einzige mir bekannte Fußballstadion ist das von Panathinaikos auf dem Alexandras-Boulevard. Und selbst das habe ich nur von außen gesehen. Das Stadion im Stadtteil Tavros sieht ganz anders aus. Es erscheint mir klobig und abstoßend. Vielleicht weil der Alexandras-Boulevard den Umriß des Panathinaikos-Stadions gewissermaßen verschluckt, während das Stadion in Tavros wie eine Pestbeule aus der Stadt wächst. Als ich jetzt vor diesem Musterbeispiel derartiger Mehrzweck-Veranstaltungsorte stehe, die für Sportfeste, Rockkonzerte und politische Kundgebungen benutzt werden und während der Juntazeit sogar als Auffanglager Verwendung fanden, verstärkt sich meine

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