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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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umgezogen.«
    Sie hielt es nicht aus, dich ständig an der Nadel hängen zu sehen, sage ich zu mir selbst. »Wo wohnt sie jetzt?«
    »Irgendwo in Kifissia.«
    »Haben Sie keine Adresse? Oder Telefonnummer?«
    »Ich schau mal nach. Irgendwo hat sie eine Telefonnummer hinterlassen, weil sie hofft, daß ich sie anrufe, um mich nach ihrem werten Befinden zu erkundigen. Da hat sie sich aber geschnitten.«
    Er sucht eine Weile herum und gibt mir dann die Nummer durch. »Sagen Sie mal, Makis, wußten Sie, daß Ihrem Vater eine Fußballmannschaft gehörte? Und zwar Triton?«
    »Warum fragen Sie? Wollen Sie Fußballer werden?«
    Er lacht ausgiebig über seinen Witz und knallt den Hörer auf die Gabel, bevor ich ihn noch etwas anderes fragen kann.

25
    A ls ich aus der Tiefgarage des Polizeipräsidiums emportauche, ist es draußen bereits dunkel. Ich stelle mir die Gardinenpredigt vor, die ich von Adriani zu hören bekommen werde, und versuche mich schon innerlich darauf vorzubereiten. Soll ich die Taktik des reuigen Angeklagten anwenden, der den Richter um Nachsicht ersucht? Oder soll ich den hartgesottenen Bullen hervorkehren, der immer recht hat und dem, wenn er in die Enge getrieben wird, schon mal die Hand ausrutscht? Die erste Variante heißt, ich muß den Kopf einziehen, bis Adriani Dampf abgelassen hat und wieder ihre Klappe hält. Die zweite Variante heißt, ich muß meine Klappe halten, weil Adriani als Gattin eines Bullen weiß, daß der klein beigibt, wenn er merkt, daß er in einem Streit nicht im Recht ist.
    Ich möchte gerade links in die Dimitsanas-Straße einbiegen, als ich auf dem gegenüberliegenden Gehsteig jemanden winken sehe. Ich kann ihn in der Dunkelheit nicht erkennen, doch als ich näher komme, sehe ich, daß es Katerinas Freund Panos ist.
    »Seit wann bist du denn in Athen?« frage ich baff, denn Katerina hat mir nichts davon erzählt.
    »Seit ein paar Tagen.«
    »Weiß Katerina, daß du hier bist?«
    »Nein.«
    Meine Verwunderung wächst. »Ja, hast du sie gar nicht angerufen?«
    Er blickt mir in die Augen. Es liegt ihm etwas auf der Zunge, doch er traut sich nicht, mit der Sprache herauszurücken. »Gehen wir irgendwohin, wo wir uns unterhalten können?« fragt er mit gepreßter Stimme.
    Mein erster Gedanke ist, daß er sich irgend etwas hat zuschulden kommen lassen. Und deshalb Katerina nicht angerufen hat und sich lieber mit mir trifft, damit ich ihm aus dem Schlamassel helfe. Ich öffne ihm die Tür zum Beifahrersitz. Er setzt sich und dreht sofort den Kopf zur Seite und starrt hinaus, als wolle er dem Gespräch ausweichen, bis wir irgendwo sitzen und in aller Ruhe sprechen können. Ich biege rechts in die Dimitsanas-Straße ein und gleich wieder rechts in die Alfiou-Straße. Ich gelange auf die Panormou-Straße und bleibe vor dem Marokko stehen.
    Das Café ist um diese Zeit fast leer. Nur in einer Ecke sitzt ein Pärchen. Sie haben die Köpfe zusammengesteckt, so daß sich ihre Nasen fast berühren. Panos weicht meinem Blick zwar nicht mehr aus, doch nach wie vor hüllt er sich in Schweigen. Was kann denn so kompliziert sein, daß es ihm derart schwer fällt, darüber zu sprechen?
    »Wieso hast du Katerina nicht angerufen?« frage ich, um den Anfang zu machen und das Eis zu brechen.
    Seine Antwort erreicht mein Ohr ungefähr eine halbe Minute später und ist so ungefähr das letzte, was ich erwartet habe. »Katerina und ich haben uns getrennt«, wispert er.
    Nun hat es mir die Sprache verschlagen. Hätte ich es von Katerina erfahren, hätte ich mich möglicherweise über diese Trennung gefreut, doch jetzt erwischt mich diese Nachricht auf dem völlig falschen Fuß, und ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen oder es bedauern soll.
    »Wann habt ihr euch getrennt?« frage ich.
    »Vor einer Woche.«
    »Moment mal, Panos. Katerina war doch in Athen und du in Thessaloniki. Wie wollt ihr euch da getrennt haben?«
    »Sie rief mich an und erklärte, sie wolle Schluß machen.«
    »Sie hat dir das einfach so am Telefon verkündet?«
    Wieder verstummt er und blickt mich an. Er schaut mir ins Gesicht, als wolle er etwas darin lesen. »Also wissen Sie gar nichts davon?« fragt er dann.
    »Wovon denn?«
    »Katerina ist jetzt mit Ihrem Arzt zusammen.«
    »Mit wem? Mit Ousounidis?«
    »Ich weiß nicht, wie er heißt. Jedenfalls ist sie jetzt mit ihm zusammen.«
    Wie soll denn das möglich sein, frage ich mich. Ich hing, nach allen Seiten verkabelt, vollgepfropft mit Medikamenten am Tropf, wurde mit der

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