Nachtflamme: Roman (German Edition)
Adamsapfel hüpfte, als er schluckte. »Ich schulde dir was, Fox.«
»Nein, das tust du nicht. Ich bin Shelleys Anwalt, nicht deiner. Versprich mir nur, dass du nach Hause gehst, wenn Chief Hawbaker dich gleich herauslässt. Schau dir Formel eins an. Ich meine, heute liefe was im Fernsehen.«
»Ich wohne bei meiner Ma. Ja, ich bleibe zu Hause. Ich gebe dir mein Wort.«
Fox ging zu Wayne zurück. »Ich erstatte keine Anzeige.« Er ignorierte Gages unterdrückten Fluch. »Offensichtlich bin ich ja nicht verletzt. Wir hatten eine Auseinandersetzung, die schlimmer aussah, als sie war, und jetzt zur Zufriedenheit beider Parteien gelöst ist.«
»Wenn du es so willst, Fox.«
»Ja, so will ich es. Ich bin auf jeden Fall froh, dass du vorbeigekommen bist.« Fox schüttelte dem Chief die Hand.
Draußen fluchte Gage erneut. »Für einen Anwalt hast du ein ganz schön weiches Herz.«
»Du hättest dasselbe gemacht. Genau dasselbe«, erwiderte Fox. »Er war nicht verantwortlich.«
»Wir alle hätten genauso reagiert«, bestätigte Cal. »Und es ist ja auch schon vorgekommen. Willst du mit ins Center kommen?«
»Verführerisch, aber ich muss leider ablehnen. Ich habe einiges zu lesen.«
»Ich fahre dich nach Hause«, sagte Gage.
Einen Moment lang blieben die drei vor dem Polizeirevier stehen und blickten auf den Ort, der bereits unter einer dunklen Wolke lag.
11
Fox verbrachte lange Zeit damit zu lesen, sich Notizen zu machen und bestimmte Passagen im Tagebuch, die Quinn markiert hatte, nachzuprüfen.
Er jonglierte und grübelte.
Keinem Hüter war es jemals gelungen, das Dunkle zu zerstören. Manche ließen ihr Leben bei dem Versuch, und auch Giles war darauf vorbereitet, da das, was er vorhatte, noch nie jemand versucht hatte.
Dent konnte also nicht sicher sein, dass sein Vorhaben auch funktionieren würde, dachte Fox. Aber er war bereit, sein Leben zu riskieren. Deshalb brachte er zuerst Ann und die Kinder, die sie erwartete, in Sicherheit.
Er hat mehr getan als jeder andere. Das Blut Unschuldiger wurde vergossen, und deshalb, glaubt mein Liebster, wird es ein Kampf des Dunklen gegen das Dunkle sein. Und es wird mein Geliebter sein, der den Preis für diese Sünde zahlt. Es wird Blut und Feuer geben, Opfer und Verlust. Tod auf Tod, bevor es wieder Leben, bevor es wieder Hoffnung gibt.
Rituelle Magie, dachte Fox, und lenkte sich mit Haushaltspflichten ab. Blutmagie. Er blickte auf die Narbe an seinem Handgelenk. Damals und dreihundert Jahre später. Blut und Feuer am Heidenstein zu Dents Zeit und ein Jugendritual zu ihrer Zeit. Ein Lagerfeuer, die Worte, die er, Cal und Gage extra aufgeschrieben hatten, damit sie sie sprechen konnten, als Cal ihnen die Schnitte zufügte.
Kleine Jungen – das Blut Unschuldiger.
Er spielte mit verschiedenen Ideen und Strategien. Erst spät ging er zu Bett, um in seiner sauberen Bettwäsche zu schlafen.
Am Morgen, während er sich rasierte, fiel es ihm auf einmal ein. Er rasierte sich nicht gerne und überlegte sich, wie so oft, ob er sich nicht einen Bart wachsen lassen sollte. Aber die Stoppeln juckten, und er fand, es sah blöd aus. Das ist auch ein heidnisches Ritual, dachte er, als er das Rasiermesser über die Haut zog. Wenn man sich keinen Bart wachsen lassen wollte, musste man sich jeden Morgen mit einem scharfen Gerät übers Gesicht schaben, bis … Mist.
Er hatte sich geschnitten wie fast jeden Morgen und drückte den Finger auf die Wunde, die sich meistens schon wieder schloss, noch bevor sie anfing, richtig zu bluten. Mit gerunzelter Stirn betrachtete er seine blutverschmierte Fingerspitze.
Leben und Tod, dachte er. Blut war Leben, Blut war Tod.
Entsetzen breitete sich in ihm aus. Das konnte unmöglich stimmen, dachte er. Und doch ergab es einen schrecklichen Sinn. Wenn man bereit war, unschuldiges Blut zu vergießen, war es eine teuflische Strategie.
Was bedeutete es, fragte er sich. Was machte es aus Dent, wenn das sein Opfer gewesen war?
Was machte es aus ihnen allen?
Er drehte und wendete es in seinem Kopf, während er sich zu Ende rasierte, sich anzog und sich für den Arbeitstag bereit machte. Heute war Frühstückssitzung im Stadtrat, und als Anwalt der Stadt durfte er nicht fehlen. Es war wahrscheinlich auch am besten, dachte er, als er in seine Jacke schlüpfte und seine Aktentasche ergriff, das Ganze erst einmal zu überdenken. Er musste noch ein wenig warten, bevor er den anderen seine Idee präsentierte.
Er zwang sich, sich auf die Sitzung
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