Nachtflug Zur Hölle
Raum betraten und ihre Plätze einnahmen.
Zu den Anwesenden, die Russell persönlich kannte, gehörten General Vance K. Kundert, der Marine-Corps-Kommandant, ein stämmiger, athletisch wirkender Mittfünfziger mit militärisch kurzem Haar; der großgewachsene, silberhaarige Heeresgeneral Mark V.
Teller, der das U.S. Special Operations Command befehligte; und Kenneth Mitchell, Director of Central Intelligence, der einen Abteilungsleiter der Defense Intelligence Agency mitgebracht hatte.
Russell erkannte natürlich Elliott, McLanahan, Ormack und Briggs, deren Personalakten er soeben durchgeblättert hatte. Die übrigen Teilnehmer waren Offiziere und Assistenten, die später alle näheren Einzelheiten besprechen würden. Russell kannte sie nicht und würde sie vermutlich nie kennenlernen – aber er wußte, daß sie den weitaus größten Teil der anfallenden Arbeit leisten würden.
»Also dann los«, sagte Russell, als er Platz nahm, »General Curtis, fangen Sie bitte an.«
»Die folgenden Informationen sind als streng geheim eingestuft, dürfen nicht an Ausländer weitergegeben werden und stammen aus geheimhaltungsbedürftigen Quellen«, begann Curtis sofort. »Vor kurzem hat eine Spezialeinheit aus Soldaten von Air Force und Marine Corps durch ein Geheimunternehmen einen Mann aus der Republik Litauen rausgeholt. Diese Einheit hat aus dem Fisikus-Institut für Technologie in Wilna Informationen über ein sowjetisches Flugzeug mitgebracht, das wir nach eingehender Analyse für den neuesten strategischen Bomber halten, einen interkontinentalen Stealth-Bomber. Das Pentagon schlägt nun vor, eine Spezialeinheit heimlich ins Fisikus-Institut eindringen und weitere Informationen über diesen Bomber beschaffen zu lassen.«
Russell beobachtete die Reaktionen.
Kundert ließ sich nichts anmerken – seine Marines hatten schon bei der Beschaffung der ersten Informationen die Hauptrolle gespielt; sie würden bestimmt auch im nächsten Stadium unentbehrlich sein.
McLanahan und Briggs, die erst vor kurzem aus Elliotts High Technology Aerospace Weapons Center in Nevada gekommen waren, beugten sich mit wachsamem Blick etwas nach vorn, grinsten erwartungsvoll und hofften natürlich, an einem möglicherweise bevorstehenden Unternehmen beteiligt zu werden. Auch Ormack, dem stellvertretenden HAWC-Kommandeur, war gespannte Erwartung anzusehen. Russell erinnerte sich an Ormacks Personalakte. Ein Joker, genau wie Elliott.
Als der Sicherheitsberater des Präsidenten zu Generalleutnant Bradley Elliott hinübersah, mußte er feststellen, daß Elliott ihn aufgebracht anstarrte. Mit einem anklagenden, vorwurfsvollen Blick, als hätte er Russell am liebsten umgebracht.
Russell schluckte unwillkürlich und seufzte dann, als ihm klar wurde, daß Elliott von Lugers Aufenthalt im Fisikus-Institut wußte.
Scheiße! Von allen Leuten, die er nicht am Hals haben wollte…
Konnte Elliott das von Curtis erfahren haben? Nein, das war unmöglich. Hätte Curtis das ausgeplaudert, wäre er keinen Tag länger Vorsitzender der Vereinten Stabschefs gewesen. Nein, Elliott mußte es anderswo erfahren haben – aber von wem?
»Entschuldigung, Sir«, sagte Hauptmann Hal Briggs und hob eine Hand. »Warum sollen wir eingesetzt werden? Warum schicken wir nicht einfach die CIA hin oder werben Spitzel an, um Informationen zu bekommen?«
Wilbur Curtis sah zu Russell hinüber, der ihm kaum merklich zunickte, er solle fortfahren. Der General nahm seine Zigarre aus dem Mund und antwortete: »Wir haben noch mehrere Eisen im Feuer, von denen Sie nichts zu wissen brauchen. Und es gibt noch einen weiteren Grund dafür, daß wir gerade dieses Team entsenden.«
Curtis zog an seiner Zigarre und legte sie dann in den Aschenbecher.
»Seit einiger Zeit gibt es im Fisikus-Institut einen westlichen Ingenieur, der vermutlich mit den dortigen Konstrukteuren zusammenarbeitet. Dieser … äh … Ingenieur ist ein ehemaliger US-Offizier.
Ein ehemaliger Offizier der Air Force, der…«
Elliott hielt es nicht länger aus.
Er sprang auf und starrte Russell an, der Mühe hatte, seinem Blick standzuhalten. »Verdammte Schweinerei! Sie wissen seit vier Monaten, daß er dort ist, und Sie haben bisher nichts zu seiner Befreiung unternommen. Jetzt wollen Sie ihn endlich rausholen lassen. Das ist kriminell!«
Das löste allgemeine Verwirrung aus. Alle redeten gleichzeitig und durcheinander; ihre Stimmen hallten aufgeregt von den Wänden des Lageraums wider. Ormack war aufgestanden
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