Nachtflug Zur Hölle
vernünftig, »Einverstanden, General«, sagte sie und streckte ihm die Rechte hin. »Ich muß die Sache erst noch dem Organisationsausschuß vortragen, aber ich denke, daß wir uns darauf einigen werden.«
Palcikas stand auf und ergriff ihre Hand. »Es macht Spaß, mit Ihnen zusammenzuarbeiten«, versicherte er ihr.
»Danke, gleichfalls«, erwiderte Anna lächelnd.
Er sah auf seine Uhr. »Die Messe beginnt in zwanzig Minuten. Ich bringe Ihren Vater und Sie zu Ihrem Platz – und danach muß ich die anziehen.« Er deutete auf die in einer Ecke seines Dienstzimmers stehende Ritterrüstung – die größte Rüstung, die Anna je gesehen hatte, offenbar eine Maßanfertigung für Dominikas Palcikas. »Es dauert seine Zeit, bis man das verdammte Ding angelegt hat, wissen Sie.«
High Technology Aerospace Weapons Center, Nevada
27. März, 21.45
»Kommen Sie bitte mit, Oberst.«
Oberst Paul White stand von seinem Bett auf. An der Zimmertür standen ein bewaffneter Sergeant der Air Force Security Police, ein AFSP-Offizier und Generalleutnant Brad Elliott. Seit seiner Verhaftung vor einigen Tagen war White in Dreamland im Offiziersheim untergebracht – nicht wirklich unter Hausarrest, aber trotzdem ständig kontrolliert und beobachtet. Diese Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit spielte allerdings keine große Rolle, denn in 150 Kilometer Umkreis gab es ohnehin nichts als Wüste.
»Erstaunlich, daß Sie erst jetzt vorbeikommen, um mich abzuholen«, sagte White. »Ich habe mich seit Tagen sehr früh angezogen und bin spät ins Bett gegangen – nur damit Sie nicht warten müssen, wenn Sie vorbeikommen, um mich zu einer Rundfahrt durch Dreamland abzuholen.«
»Rundfahrt… durch… Dreamland?« wiederholte der General ungläubig. Er gab seinen Begleitern ein Zeichen, draußen zu warten, und schloß die Tür hinter sich. White blieb auf der Bettkante sitzen.
Elliott trat auf ihn zu. »Finden Sie das etwa witzig, Oberst?« fragte er halblaut. »Sehen Sie jemanden lachen? Ich versichere Ihnen, daß dies kein Witz ist: Sie sind nur hier, weil Justizministerium und Pentagon mich angewiesen haben, auf Sie aufzupassen, bis Sie wegen Landes- und Geheimnisverrats angeklagt werden können.«
»Dann bin ich also frei?«
»Ihre Entlassungspapiere liegen um sieben Uhr beim Director of Intelligence und werden anschließend vom Luftwaffenminister unterzeichnet. Um Viertel nach sieben sind Sie bereits Zivilist. Und um acht Uhr stehen Sie vor einem Richter, der Ihre Haftentlassung gegen Kaution ablehnt, weil die Anklage sich wie die gegen einen ganzen Spionagering liest. Das Verfahren gegen Sie findet was-weiß-ich-wann statt. Ich bin gekommen, um Sie zu verhaften, über Ihre Rechte nach dem Militärstrafgesetzbuch zu belehren und dann im Arrest zu behalten, bis Sie dem Justizministeriums übergeben werden können.«
«Das alles habe ich befürchtet«, sagte White einfach. Er faltete die Hände auf den Knien, holte tief Luft, sah zu Elliott auf und fragte ruhig: »General, wie haben Sie eigentlich Ihr Bein verloren?«
Elliott verdrehte die Augen. »Oberst, daß Ihnen lebenslange Haft droht, scheint Sie nicht sonderlich zu beeindrucken.«
»Wann holen Sie Luger raus?«
»Das geht Sie nichts an!«
»Also steigt das Unternehmen!« sagte White zufrieden grinsend, als er sah, wie irritiert der General war. »Wunderbar! Ich hatte schon Angst, die CIA würde versuchen, David stillschweigend zu liquidieren.« Er machte eine Pause und bemühte sich, Elliotts Gesichtsausdruck zu deuten. »Gott – sie hat’s versucht! Aber wir sind ihr zuvorgekommen. Gott sei Dank…«
»So, das reicht! Halten Sie die Klappe, White!« verlangte Elliott aufgebracht. Er las ihm seine Rechte von einer Plastikkarte vor; danach trat er dichter an White heran, beugte sich zu ihm hinunter und verlangte leise: »Erzählen Sie mir von MADCAP MAGICIAN.«
»Ich hab’s gewußt!« rief Paul White aufgeregt. »Wir holen Luger raus!«
»Was…«
»Lassen Sie mich raten«, unterbrach ihn White energisch. »Sie haben mit dem Direktor of Intelligence, wahrscheinlich auch mit dem Nationalen Sicherheitsberater oder sogar dem Präsidenten selbst gesprochen. David Luger sollte liquidiert werden, aber das haben Sie ihnen ausgeredet. Die anderen wollen ihn angeblich befreien und gleichzeitig versuchen, Unterlagen über den sowjetischen Stealth-Bomber Tuman zu erbeuten. Aber das glauben Sie ihnen nicht. Sie fürchten vielmehr, die anderen könnten Luger seinem Schicksal
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