Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtflug Zur Hölle

Nachtflug Zur Hölle

Titel: Nachtflug Zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
Vom Netzwerk:
wenigen Sekunden sah Luger wieder vertrauensvoll zu Gabowitsch auf. »Na, fühlen Sie sich besser?« fragte der General lächelnd. »Das freut mich. Möchten Sie sich die Ausdrucke ansehen – vielleicht bei einem Kaffee oder Kakao?«
    »Nein.«
    »Wie ich höre, haben Sie heute morgen im Speisesaal einen kleinen Unfall gehabt.«
    Oserow blickte kurz zu ihm auf und sah rasch wieder weg – für Gabowitsch ein untrügliches Zeichen, daß tatsächlich etwas passiert war. Es hatte also einen Verstoß gegen die Geheimhaltungsvorschriften gegeben.
    »Ach, nichts Besonderes. Ich bin über einen Stuhl gestolpert.«
    »Haben Sie sich weh getan?«
    »Nein.«
    »Hat dieser Biletris Sie belästigt?«
    Luger sah zu Gabowitsch auf. »Wer?«
    »Biletris. Der Mann vom Reinigungspersonal, der dann aufgewischt hat.«
    Der Amerikaner wirkte leicht verwirrt. Aha, der ist das also gewesen! sagte Gabowitsch sich. Den jungen Litauer müssen wir uns schnappen, bevor er untertauchen kann.
    »Nein, nein«, behauptete Luger. »Er war sehr hilfsbereit.«
    Natürlich! Gabowitsch fluchte still, war aber trotzdem bemüht, sich seinen Ärger nicht anmerken zu lassen. Außerdem würde Luger womöglich verbissen schweigen, um seinen Kontaktmann nicht weiter zu belasten, und das wäre schädlich gewesen, weil noch viel Arbeit auf ihn wartete. »Wie Sie meinen.« Gabowitsch stellte die Obstschale, die er in einem Korb mitgebracht hatte, auf den Tisch neben Luger. »Essen Sie wenigstens einen Apfel oder eine Birne, während ich Ihnen Ihre neue Aufgabe schildere.«
    Luger kam seiner Aufforderung nach, aber er warf dem KGB-General dabei mehrmals forschende Blicke zu, die Gabowitsch mit beruhigendem Lächeln quittierte. Schon nach wenigen Minuten war Luger wieder ganz der effiziente, intelligente Fachmann, den seine Kollegen schätzten. Auch Gabowitsch bediente sich aus der Obstschale, wobei er darauf achtete, einen Apfel ohne Stiel zu nehmen, der nicht wie die anderen mit einem Beruhigungsmittel geimpft war.
    Damit war auch diese kleine Episode hoffentlich ein für allemal vorbei. Trotzdem machte sich Gabowitsch Sorgen. Der Amerikaner schien sich dem Ende seiner Brauchbarkeit als Konstrukteur und Ingenieur zu nähern. Seine lichten Momente wurden immer häufiger, was zugleich bedeutete, daß er schwieriger in seine Rolle als russischer Wissenschaftler zurückzuführen war. Und jetzt hatte ein Außenstehender versucht, mit ihm Verbindung aufzunehmen – ein Mann, den sie sich dringend schnappen mußten.
    »Entschuldigung, Iwan Sergejewitsch. Darf ich mal von Ihrem Schlafzimmer aus telefonieren? Hoffentlich funktioniert der verdammte Apparat diesmal. Aber irgendwann wird er wohl endlich repariert werden, was?«
    God bless America …
    Lugers Telefon funktionierte nie – das Sicherheitspersonal, das den Amerikaner heimlich überwachte, ließ es einfach ausgeschaltet –, aber Gabowitsch erwartete, daß es funktionieren würde, wenn er den Hörer abnahm. Tatsächlich bekam er sofort ein Freizeichen. Er wies Teresow an. eine Großfahndung nach Biletris einzuleiten, die in Wilna beginnen und sich auf alle Verkehrsmittel erstrecken sollte.
    Im Wohnzimmer wollte Luger nochmals in seinen Apfel beißen, als ihm sein eigenartiger Geruch auffiel. Auch sein Geschmack war irgendwie merkwürdig. Da ihm der Geruch unangenehm war, ging Luger mit dem Apfel in die Küche, um ihn in den Mülleimer zu werfen.
    Als er die Schranktür unter dem Ausguß öffnete, rebellierte sein Magen. Bevor Luger wußte, wie ihm geschah, übergab er sich bereits in den Mülleimer. Sein Magen verkrampfte sich und gab seinen gesamten Inhalt von sich, bis Luger nur noch trocken würgen konnte.
    Da er unter dem Ausguß hockte, bekamen die Überwachungskameras nicht mit, daß er sich übergab.
    Luger begriff nicht, was passiert war: Er hatte kein Fieber, er fühlte sich gesund, und der Apfel hatte anfangs gut geschmeckt.
    »Alles in Ordnung, Iwan Sergejewitsch?« fragte Gabowitsch hinter ihm im Wohnzimmer.
    God bless America… David Luger…
    Im nächsten Augenblick brachen weitere Erinnerungen über ihn herein.
    »Wenn wir hier eine Schießerei anfangen …«, sagte Ormack.
    »Sie werden uns kaum die Wahl lassen«, antwortete McLanahan.
    Anscheinend versuchen wir, uns hier rauszukämpfen, dachte Luger.
    Aber er wollte sich nicht erinnern. Er schloß seine Augen und versuchte, die Erinnerungen abzublocken. Was ist mit mir los? fragte er sich, während er wieder stechende Kopfschmerzen bekam.

Weitere Kostenlose Bücher