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Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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…«
    »Hoheit«, unterbrach der Arzt, »dieser Mann dort kann nicht Ishmael di Studier sein. Di Studier ist tot.«
    Der Revolver zuckte hoch, und Vladimers Miene verzog sich zu einer Maske des Argwohns; erst da begriff Telmaine, wie viel weicher er geworden war. »Nein!«, schrie sie. »Vladimer, hören Sie uns an, bitte!« Mit einigem Entsetzen begriff sie, dass ihr Eingreifen, wenn es überhaupt etwas bewirkt hatte, ihre Zwangslage noch verschlimmerte. Vladimer zielte mit dem Revolver stetig auf Ishmaels Kopf. Ihrer und Balthasars sich überlappender Peilruf fing die Anspannung seines Fingers auf dem Abzug auf. Ishmael peilte nicht; er kniete vollkommen reglos da, die Hände mit den Innenflächen nach oben auf den Oberschenkeln.
    Vladimer ließ den Abzug abrupt los und trat zurück, welche obskure Überlegung seinem Verhalten auch immer zugrunde liegen mochte. »Wenn Sie in der Lage gewesen wären, sich zu verteidigen, hätten Sie das getan. Also ja, ich werde Sie anhören.«
    »Vielen Dank, Hoheit«, sagte Ishmael, dessen heisere Stimme nun doch seine Anspannung verriet.
    Von draußen kam das Geräusch verwirrter Stimmen sowie von Schritten und Körpern, die gegeneinander stießen. Wieder verkrampften sich alle im Raum. Die Haupttür zum Schlafzimmer wurde geöffnet, und ein halbes Dutzend Männer in den Uniformen von Hauswachen zwangen einen siebten herein – den schmalgesichtigen jungen Mann vom Bahnhof.
    »Dies«, murmelte Vladimer, »nimmt langsam Ähnlichkeit mit einer Schlafzimmerfarce an.«
    »Hoheit«, sagte der Vorgesetzte der Wache mit entzückter Überraschung, dann nahm er die Szene in sich auf: Vladimer mit einem Revolver in der Hand; Ishmael, Telmaine und Balthasar in verschiedenen Positionen auf dem Boden; die der Länge nach ausgestreckte Leiche; der Arzt und die Krankenschwester. Er räusperte sich und berichtete: »Wir haben diesen Mann draußen gefunden, Hoheit.«
    »Er gehört zu mir«, erklärte Ishmael gelassen.
    Sofort wurden vier Pistolen auf ihn gerichtet. Vladimers Mundwinkel zuckten. »Ich weiß Ihre Wachsamkeit zu schätzen, bin jedoch zunehmend davon überzeugt, dass diese drei keine unmittelbare Bedrohung darstellen. Was den vierten betrifft, weiß ich es noch nicht. Bringen Sie ihn her und lassen Sie sonst niemanden in diesen Raum.«
    »Fürst Vladimer, Baron Strumheller wurde der Hexerei angeklagt – gegen Sie selbst – und des Mordes. Berichten zufolge ist er im Gefängnis gestorben.«
    »Zweifellos haben die Zeitungen wieder einmal alles falsch verstanden, eine sehr hilfreiche Angewohnheit, auf die ich mich häufig verlasse. Bringen Sie den Gefangenen her.«
    Der schmalgesichtige junge Mann wurde vor Vladimer geführt, der ihn musterte. »Ihr Name.«
    »Kip. Sonst nichts. Meine Mutter wusste nicht, welcher Hurensohn der Schuldige war.«
    »Flussmark«, bemerkte Vladimer. »Kein Arzt, vermute ich, trotz Ihrer feinen Kleider.«
    »Gefängnisapotheker, Herr – Hoheit. Jetzt zweifellos ehemaliger Gefängnisapotheker, da ich einen Lebenden nicht von einem Toten unterscheiden kann. Ich werde Arbeit brauchen.«
    »Ach ja?«, bemerkte Vladimer, dessen schneller Verstand bereitwillig die Bruchstellen zusammenfügte. »Ich bin mir nicht sicher, ob Sie eine Arbeit in meinen Diensten oder eine Zelle erwartet, aber gewiss wird es eines von beidem sein. Trevennan« – dies an den Kommandanten der Wache gerichtet –, »sperren Sie diesen Mann ein, bis ich entscheide, was mit ihm zu geschehen hat. Ich will, dass der Haushalt überprüft wird; sorgen Sie dafür, dass alle sich gut erholen. Nehmen Sie den Arzt und die Krankenschwester mit. Versichern Sie dem Personal, dass ich wach bin, aber verraten Sie ihnen nicht, wer hier ist, und lassen Sie auch niemanden sonst herein. Seien Sie gewiss, falls mich auch nur ein Wispern dieser Ereignisse erreicht, das ich nicht autorisiert habe, wird der Verantwortliche zumindest ohne Referenzen entlassen, und höchstwahrscheinlich wird man ihn des Hochverrats anklagen. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    Ein Chor von Ja, Hoheit antwortete ihm.
    »Gut. Dann benötige ich Stühle für all meine Besucher.« Ein schwaches, boshaftes Lächeln. »Am besten aber niedrige, bequeme Sessel, die plötzliche Bewegungen unwahrscheinlich machen. Und eine Decke, um das da zu verhüllen.«
    »Hoheit«, brummte Ishmael, »wir sind so verflucht erschöpft, dass wir Ihnen einschlafen werden.«
    »Ich bin überzeugt, Sie wachhalten zu können«, erwiderte Vladimer. »Sie

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