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Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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Mädchen namens Florilinde Hearne überlebt hatte oder gestorben war. Als sie es nicht länger ertragen konnte, warf sie Olivede die Tasche zu und zog sich an Balthasars Seite zurück, legte sich voll bekleidet neben ihn und klammerte sich an die mit Decken vermummte Gestalt. Er strich ihr stumm über den Kopf, und sein Leiden und seine Hilflosigkeit vertieften ihre Verzweiflung nur noch. Sie weinte lange Minuten, bevor sie Worte fand. »Ich kann es nicht«, sagte sie. »Ich kann es nicht.«
    »Es wird ihr gut gehen«, sagte er. »Flori wird es gut gehen.«
    Wenn sie doch nur das Gefühl unter diesen ruhigen Worten nicht gekannt hätte. Sie hob den Kopf und erwiderte verzweifelt: »Bal, sie haben die Flussmark niedergebrannt. Ich weiß nicht, wer sie sind, aber sie haben die Flussmark niedergebrannt. Ishmael ist nur knapp mit dem Leben davongekommen. Er hat schreckliche Brandwunden.«
    »So schrecklich nun auch wieder nicht«, erklang die heisere Stimme des Barons. Sie drehte sich um, und ihre Bewegung entrang Balthasar ein flaches Keuchen. Amerdale peilte ihn und begann angstvoll zu weinen. Ishmael lehnte am Türknauf. Olivede stand, wie es schien von Ishmaels breiter Hand an seine Seite gefesselt, und sagte: »Ich muss gehen, ich muss gehen«, und das mit einer Stimme, die nicht wie ihre eigene klang.
    »Hearne, Ishmael di Studier, Baron Strumheller aus den Grenzlanden, aber die gesellschaftlichen Nettigkeiten können warten. Wir müssen hier weg, irgendwohin, wo wir besser geschützt sind.«
    »Baron«, sagte Olivede. »Ich bin Ärztin. Ich werde in der Flussmark gebraucht.«
    Er stützte sich vorsichtig auf die rechte Schulter und drehte den Kopf in ihre Richtung. »Glaubte ich an Wunder, würde ich es als ein solches bezeichnen, dass Sie gestern Nacht nicht dort waren. Da ich jedoch nicht an Wunder glaube, vermute ich, dass Sie gestern Nacht nur deshalb nicht dort sein konnten, weil Sie hier waren und sich um Ihren Bruder gekümmert haben, den man halb totgeschlagen hatte. Was diese Leute wahrscheinlich begreifen, ebenso wie sie wahrscheinlich kapieren, dass meine Knochen nicht in den Kellern schwelen.«
    »Sie haben keine Ahnung, ob da eine Verbindung besteht!«, entgegnete Olivede.
    Balthasar regte sich. »Entschuldigung«, sagte er. »Könnte mir irgendjemand bitte erklären, was eigentlich los ist?«
    Ishmael di Studier lachte, obwohl das Lachen in einem kurzen Hustenkrampf endete. Er wischte sich mit dem Ärmel über den Mund. »Ich wünschte, ich könnte Ihre Bitte erfüllen, Hearne, aber ich bin nicht gut in Logik. Tercelle Amberley ist tot – erwürgt –, und einzig meine niedere, argwöhnische Natur hat verhindert, dass ich als ihr Mörder niedergeschossen wurde. Neun Häuserblocks, ein ganzes Viertel, in dessen Mitte Ihre Klinik liegt, Olivede, sind zerstört. So viel kann ich Ihnen berichten. Lassen Sie es sich von einem alten Schattenjäger gesagt sein – und es gibt keine anderen alten Schattenjäger –, falls irgendeine Verbindung zwischen all diesen Dingen besteht, werden wir alle sterben, wenn wir hier bleiben. Wohlgemerkt, ich habe mich schon früher geirrt, aber nicht so sehr, dass ich dies mit dem Leben bezahlt hätte. Gesellschaftliche Irritationen dagegen sind nicht tödlich, ganz gleich, was man sagt.«
    »Tercelle … tot?«, fragte Balthasar.
    »Was versuchen Sie ihm anzutun?«, klagte Telmaine den Baron an.
    »Ich suche mir einen vernünftigen Verbündeten«, schnarrte Ishmael. »Wir müssen weg von hier, wir alle, sofort.«
    »Das ist unvernünftig!«, warf Olivede ein. »Sie haben selbst gesagt, Sie folgten Ihrem Instinkt.«
    »Er ist nicht stark genug, um transportiert zu werden«, protestierte Telmaine.
    Balthasars Hand wanderte über ihr Mieder und suchte nach irgendetwas, woran er sich festhalten konnte. »Telmaine, Olivede, ich werde nicht riskieren, hier zu bleiben, wenn auch nur die Möglichkeit besteht, dass er Recht hat. Wenn wir Flori retten wollen, dann müssen wir zuerst uns selbst retten, außerdem müssen wir an Amerdale denken. Es tut mir leid« – seine Stimme zitterte –, »leid, all diese Kümmernisse über euch gebracht zu haben …«
    »Ja, ja«, unterbrach Ishmael ihn, »es darf Ihnen leidtun, als ob ich oder Ihre Schwester oder Ihre Gattin etwas anderes getan hätten. Machen Sie sich bereit – ich muss mit der Dame im Nachbarhaus sprechen.« Er löste sich vom Türknauf und taumelte den Flur entlang. Balthasar streckte eine Hand nach seiner Schwester aus,

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