Nachtgesang
eine Gruppe der anderen folgen würde.
Was mein Herr allerdings erfuhr – ah, das machte einen großen Unterschied! Zumindest reichte es aus, um Malinari und seine Wamphyri-Kumpane in unermessliche Aufregung zu versetzen. Und für mich war es der Anfang vom Ende ...«
Korath schwieg eine Weile. Als er das nächste Mal sprach, war es in Jake Cutters schlafendem Geist ähnlich einem Seufzen und Totensprache in Harry Keoghs metaphysischem Geist:
Den Rest kennt ihr. Als Malinari nach einer Weile all das Wissen, das er von den ›Wissenschaftlern‹ und ihrem militärischen Führer erfahren hatte, aus den Gefangenen gesaugt und es verinnerlicht hatte, war es Zeit, uns von der Sternseite zu verabschieden.
Aber bevor wir das taten, erschufen das Hirn, Vavara und Szwartz viele Leutnants; sie brachten ihnen den Untod und erweckten sie wieder zu blühendem Wamphyri-Leben! Zwischen ihnen allen wurden die verbleibenden Knechte, Flugkreaturen und die zunehmende Anzahl der Krieger aufgeteilt sowie alle territorialen Besitztümer, Vorräte und so weiter. Sie taten es aus Trotz, aus reiner Bosheit; wenn die drei Großen Vampire die Stern- und Sonnseite nicht für sich haben konnten, dann sollten sie auch Nathan und den Lidescis oder den Szgany als Volksstamm nicht gehören – nicht ohne einen endlos andauernden Kampf, den sie mit ihrem Blut bezahlen mussten. Und so stellten sie sicher, dass es nun auf der Sternseite neue Lords gibt, während auf der Sonnseite wie eh und je das Blut fließt ...
Damit war Korath am Ende angelangt und Harry sagte: Nach all dem, was du uns erzählt hast, hat es das Schicksal nicht gerade gut mit dir gemeint. Und dein Ende war unfair, gelinde gesagt.
Ich bin froh, dass du mir endlich zustimmst! , freute sich der tote Vampir.
... zumindest dem nach zu urteilen, was du erzählt hast , wiederholte Harry. Aber mich interessiert mehr, was du uns nicht erzählt hast, was vermutlich viel wichtiger ist, als der ganze Rest zusammengenommen. Die Wamphyri sind seit einiger Zeit auf unserer Welt, aber es scheint, dass sie sehr wenig erreicht haben. Was haben sie vor, Korath? Was ist ihr Plan? Du warst einer von ihnen, also musst du es wissen.
Ahhhh! , sagte der andere hämisch, in einem Tonfall, der ein körperloses Kopfschütteln andeutete. Das ist der Knackpunkt. Aber nein, was du von mir zu erfahren verlangst, das weiß nur ich, und es wird dich eine lange, lange Zeit kosten, es herauszufinden oder es zu erraten, bis es zu spät ist. Denn schließlich ist das mein letzter Verhandlungpunkt – der letzte Trumpf im Ärmel meines armen, toten Körpers. Wenn ihr den habt, dann habe ich gar nichts mehr.
»Verhandlungspunkt?«, erkundigte sich Jake, etwas erschrocken von seiner eigenen Stimme, nachdem er so lange geschwiegen hatte. »Aber du bist tot! Um was kannst du schon verhandeln – was können wir dir geben – außer etwas Gesellschaft und ein wenig Trost?«
Nun, das ist schon einmal ein Anfang ...
Aber der einstige Necroscope unterbrach ihn: »Das hast du bereits gehabt, Gesellschaft und einen schwachen Trost und wahrscheinlich zu viel von beidem. Es ist nicht gesund, zu viel Zeit in Gesellschaft von Vampiren zu verbringen. Nein, du hast hier keine Verhandlungsbasis, Korath Hirnsknecht. Und ich spüre, dass du einen starken Willen hast. Du bist tot, aber deine Hartnäckigkeit ist sehr lebendig! Jake, es ist Zeit für uns zu gehen.
»Ich dachte schon, du würdest es nie vorschlagen«, antwortete Jake.
Ich hoffe nur, dass du dich an einiges davon erinnerst, bemerkte Harry.
»Ich bin mir immer noch nicht hundertprozentig sicher, dass ich das will«, gab Jake zu.
Nun, dann überleg es dir!, erwiderte Harry mit frustrierter, verärgerter Stimme. Deine ganze Welt hängt davon ab. Wenn du dich an sonst nichts erinnern kannst, dann versuch es zumindest damit:
Eine unglaublich lange Zahlenreihe – wie ein verrücktspielender Computerbildschirm – bildete sich vor Jakes Geist, mit Symbolen und Gleichungen, die sich aufreihten und sich veränderten, bis sie einen gewissen kritischen Punkt erreichten ... und eine Tür formten. Ein Möbius-Tor! Jake wusste, ohne dass er es wusste, dass all das, was von Harry blieb, hineinglitt und an einen anderen Ort wanderte, vielleicht in eine andere Zeit.
»Ich... ich soll mir das merken?«, fragte er, als das Tor in sich zusammenfiel und ihn alleine in dem feuchten, gurgelnden Schacht des ehemaligen Heims zurückließ. Er war auf sich allein gestellt, wenn auch
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