Nachtgesang
Pazifik verrückt. Sie fließen in die falsche Richtung oder so ähnlich. Das Wasser wird dort wärmer, wo es kalt sein soll und umgekehrt. Da alles mit der Temperatur in den Ozeanen zusammenhängt – ein Ökosystem, weißt du? –, geht das Wetter den Bach runter. Es betrifft jeden und alle, überall.
Dazu kommen die Abholzung der Regenwälder, Bodenerosionen, saurer Regen, Ozonlöcher und das nicht gerade langsame Schmelzen der Polkappen, dazu noch Erdbeben und Vulkane, die ihre Inhalte überall hinschleudern ... Das Ganze scheint ein Symptom für die Wandlung des Klimas und des Planeten zu sein. Oder vielleicht sollten wir sagen ›schien‹, in der Vergangenheitsform, denn es sind nicht nur Symptome, über die wir reden, sondern es ist die eigentliche Krankheit. Kurzum: Wir stecken bis zum Hals im Schlamassel! Und jetzt beginnen die Menschen endlich hellhörig zu werden, den Ökologen und Umweltschützern zuzuhören, den Leuten, die als Sensationalisten oder Schwarzseher abgestempelt wurden.
Damals, 1997–1998, machte es sich wirklich bemerkbar. Nun, wir reden hier lediglich über eine Zeitspanne von vielleicht 12 bis 13 Jahren, aber die Geschwindigkeit, mit der sich die Dinge verändert haben, war einfach nicht vorhersehbar. 1.000 Jahre Klimazerstörung komprimiert auf eineinhalb Jahrzehnte!
Also lass uns zurückgehen zu den Jahren vor und einschließlich 1997 und 1998.
Das antarktische Packeis hatte bereits begonnen, in Eisberge zu zerbrechen, die größer waren als große englische Countys. Es gab Gras und Moose und Blumen, wo vorher nur Eis gewesen war. In der Arktis war es ähnlich. Das Eis im Meer wurde mit jedem Jahr dünner, das sogenannte ›ewige‹ Eis war immer noch nicht ewig genug und die Polkappe an sich schrumpfte. Also musste all das Wasser irgendwohin, richtig? Ich vermute mal, es ging in die Luft, in die Atmosphäre, Jake. Wie das alte Sprichwort sagt, was hinaufgeht, kommt auch wieder herunter – im Niederschlag. Und ich sage dir, wir haben Regen bekommen!
Die Niederlande: bis obenhin voll mit Wasser ... so schlimm, dass es eine Weile lang aussah, als würden die größten Dämme brechen. Deutschland und Polen: Alle Flüsse traten über die Ufer. Griechenland: außersaisonaler Hagel, mit Hagelkörnern der Größe von Tischtennisbällen, die das Getreide zerdrückten. Die USA: Himmel, der Mississippi! All das Wasser, das versuchte, dort herauszukommen, und wehe dem, der sich ihm in den Weg stellte! Und 1997, genau hier in Australien: Zuerst hatten sie Feuer, das die Menschen direkt in ihrem Zuhause verbrannte – Tausende Hektar Prärie, Wälder, Nationalparks wurden zerstört und Menschen, Vieh und auch Wild kamen massenweise um – und dann kam der Monsunregen, um mit dem Ausmaß an Leid, das dem Rest der Welt bereits widerfahren war, auch hier gleichzuziehen. Es war einfach ein verdammt verrücktes Wetter!
Aber das Üble daran war, dass das nur Warnungen waren. El Niños sind Warnungen; das schmelzende Eis ist eine Warnung und genauso die Ozonschicht. Auf dem ganzen Planeten wurde seit einer langen, langen Zeit Alarm geschlagen, aber ganz umsonst, denn niemand hörte zu. Oder besser, niemand hörte denen zu, die zuhörten ...
Im Fernen Osten hörten sie nicht auf, die Regenwälder abzufackeln. Die Amerikaner gingen an die Decke, als man ihnen sagte, dass ihre Kohlendioxid-Emissionen zu hoch waren ... Aber im Sommer 1998, als Texas sich in eine Wüste verwandelte, waren sie nur noch ganz klein mit Hut! Hitzewelle? Man hatte nie etwas Ähnliches gesehen! Und die Russen: Wie immer versteckten, kaschierten oder verleugneten sie alle Schuld. Pah! Was sonst war zu erwarten von Leuten, die den Aralsee in einen Aralteich umgewandelt haben ... Die Nation, die auf einem Acker mehr Gift-, Nuklear- und chemischen Müll ansammelt als die meisten Länder pro Quadratkilometer! Im E-Dezernat – zumindest während der drei Jahre, die ich dabei bin – haben wir die Russen aufs Genauste überwacht. Frag Ben Trask bei Gelegenheit einmal danach.«
Jake unterbrach ihn: »Na ja, zumindest darüber weiß ich etwas: darüber, wie sie ihre maroden U-Boote entsorgt haben und so.«
»Das ist ein Teil davon«, stimmte Harvey ihm zu, »aber der Rest ist genauso übel. Na ja, aber das gehört alles nicht zum Hauptthema, eigentlich sprachen wir ja von ...?«
»... dem großen Feuer«, erinnerte ihn Jake. »Bis du etwas abgeschweift bist.«
Harvey nickte. »Ja, das Große Feuer von Brisbane, 2007. Es war
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