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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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die Worte des Necroscope wiederholt hast, werde ich jetzt auch meine wiederholen. Dass ich es weiß und du und die deinen es herausfinden müssen – durch mich. Es ist meine letzte bleibende Verhandlungsmöglichkeit, der letzte Trumpf im Ärmel meines armen, toten Körpers. Und bevor ich den ausspiele, müssen wir uns viel, viel besser kennen, du und ich. Nichtsdestotrotz kann ich dir Folgendes verraten: Es bleibt nicht mehr viel Zeit und was sie begonnen haben, wird seinen Lauf nehmen. Es sei denn, es wird aufgehalten. Aber bevor du es aufhalten kannst, musst du wissen, was es ist.
    Jake überlegte ein wenig und sagte dann. »Ich muss einmal darüber nachdenken, über alles.«
    Aber warte nicht zu lang , sagte der andere. Deine Welt hängt an einem seidenen Faden, der jeden Tag dünner wird.
    »Ich werde daran denken!«, versicherte Jake. »Aber jetzt lass mich allein. Es gibt etwas, was ich tun muss, bevor ich aufwache, oder es war alles umsonst.«
    So sei es , erwiderte der andere kurz und bündig. Jake spürte sein Verschwinden wie einen Hauch frischer Luft, als die Schatten sich aus seinem Geist zurückzogen.
    Dann – als er sich vergewissert hatte, dass Korath weg war – startete er ein Experiment: Er versuchte, seinen Geist gegen Totensprache abzuschirmen und verwendete stattdessen Telepathie:
    »Liz, wenn du da bist, und das bist du wahrscheinlich, versuche dich an diesen Namen zu erinnern: Korath. Wenn möglich, solltest du ihn sogar aufschreiben. Aber merk ihn dir auf jeden Fall und sprich mich morgen darauf an. Es könnte wichtig sein.«
    Als das getan war, entspannte sich Jake und ließ sich auf den Wellen seines Unterbewusstseins frei treiben.
    Nach einer Weile fühlte er, wie er von weit weniger ominösen Träumen ergriffen mit wirren, bedeutungslosen Gedanken dem Aufwachen entgegen trieb ...

KAPITEL DREISSIG
    DIE RUHE ...
    Der Sonntag war arbeitsreich und doch zugleich paradoxerweise ruhig; Arbeit wurde erledigt, aber in einer Art Vakuumkammer. Die Angestellten liefen geschäftig in einer seltsam surrealen Atmosphäre von fast völligem Schweigen umher. Es war, dachte Jake, ein Gefühl wie in einem im Landeanflug befindlichen Flugzeug, in dem Moment, wenn in den Ohren Druck aufgebaut wird, sich jedes Geräusch dumpf und weit weg anhört und man sich fühlt, als ob man plötzlich taub geworden sei. Kurzum: Es war die Ruhe vor dem Sturm, der Zeitpunkt, zu dem die Schotten dicht gemacht werden und Jake (der der Einzige zu sein schien, der keine Schotten zu schließen hatte) fühlte sich komplett fehl am Platz. Abgesehen von einer internen Besprechung, an der er abends teilnehmen sollte, hatte er nichts zu tun.
    Was in Ordnung war, denn er hatte sowieso nicht das Gefühl, dass er sich auf viel konzentrieren können würde; etwas beschäftigte ihn, versuchte aus dem letzten Winkel seines Gehirns verzweifelt an die Oberfläche zu dringen. Es hatte mit letzter Nacht zu tun – etwas, das vielleicht mit seinen Träumen zusammenhing? –, aber mehr wusste er nicht.
    Jake erinnerte sich natürlich an seinen Albtraum. Daran erinnerte er sich immer. Er kam immer wieder (beschäftigte sein Gewissen, nahm er an), verfolgte ihn vielleicht zwei- oder dreimal im Monat. Früher war er noch häufiger gewesen, aber die Zeit fing zumindest allmählich an, die Wunden zu heilen. Das Ding im hintersten Eck seines Gehirns aber war etwas anderes; er ertappte sich dabei, wie er auf ein unbekanntes Etwas lauschte und sich zur gleichen Zeit so sehr davor fürchtete, dass er seinen Geist abschirmte, um es auszusperren. Er tat es bewusst, um die flüsternden Stimmen, die er immer häufiger wahrnahm, zu bannen ... was vielleicht die gespenstische Atmosphäre erklärte: Er isolierte sich – auch von den Lebenden.
    Es war ein schauderhafter Gedanke und die Totensprache war etwas Schreckliches. Jake fragte sich, ob es vielleicht das war: Lauschte er auf Harry? Harry Keogh und die Große Mehrheit? Verstärkte sich seine Neurose, geriet außer Kontrolle? Oder war es etwas anderes, keine Furcht, sondern einfach ein Bedürfnis nach Privatsphäre, eine Art Verfolgungswahn, bei dem Liz Merrick – seine »Partnerin« – die Rolle der Inquisition oder zumindest die eines Spions übernahm? Jedenfalls zeigte sie ihm an diesem Morgen die kalte Schulter. Seltsam, denn es fühlte sich so an, als wolle sie ihm etwas mitteilen.
    Jake wanderte durch die geheime Unterkunft, durch die Zentrale und die anderen Zimmer, versuchte sich für etwas,

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