Nachtgesang
Wamphyri wäre an sich schon eine faszinierende Studie. (Allerdings ist jegliche klinische und experimentelle Studie JEDER PHASE der Vampire und des Vampirismus viel zu gefährlich!) In bestimmten Zyklen verwandeln sie sich oft in andere Wesen als menschliche. Vampir-DNS ist einzigartig, dadurch, dass sie innerhalb eines einzigen Lebenszyklus mutieren kann. Die Mutation tritt nicht erst in der nächsten Generation zum Vorschein. Der Erreger dringt in das Gewebe der Infizierten, in diesem Fall der Nicht-Vampire, ein und steckt sie an. Der Unterschied zu einer normalen Krankheit ist, dass der Virus weitaus aggressiver in Erscheinung tritt. Aber anstatt den infizierten Körper zu zerstören, wird die mutierte DNS weitergegeben. So nimmt sie der Wirt in seinem eigenen Organismus auf – und mutiert. Da Langlebigkeit stets eine Folge des Vampirismus ist, die altersbedingten Tod verhindert und tödliche Krankheiten vom Opfer fernhält, kann der Vampir leicht viele Hundert oder vielleicht sogar Tausende von Jahren alt werden.
In den Vampir-Sümpfen von Starside findet man die erste (oder letzte) Phase des Zyklus. Es handelt sich um einen schwarzen Pilz, der, wenn er reif ist, rote Sporen absondert. SPEKULATIV: Die Sporen sind der Ursprung des vampirischen Lebens und tragen die noch ›unbeschriebene‹ Form der Vampir-DNS in sich. Einmal eingeatmet, heften sich die Sporen an die Lungen von Tieren und beginnen, ihr ›Gift‹ zusammen mit dem Sauerstoff in den Blutkreislauf abzugeben. Dann beschleunigt sich die Mutation, das Opfer erkrankt und innerhalb von drei Tagen ist ein neuer Vampir geboren. In Transsilvanien hielt man die Opfer mitunter für tot. Daher die Legende vom Vampir, der aus seinem Grab steigt, nachdem er drei Tage in der Erde gelegen hat.
Die Sporen machen keinen Unterschied; wer oder was auch immer sie einatmet, wird infiziert. Ein infizierter Fuchs oder Hund verfügt dann über Vampir-Instinkte. Aber der wahre Vampir hat seine eigenen Instinkte.
ZWEITES STADIUM (teilweise spekulativ):
Wenn ein Wirt infiziert ist, vereinen sich bestimmte DNS-Stränge, um eine separate, parasitische Identität anzunehmen. Das kann ein paar Jahre dauern, mehrere Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte; die Gründe für diese Mutationen sind bisher noch unbekannt. Die symbiotische Kreatur aber, die den wahren Vampir ausmacht: ein semi-protoplasmischer Egel, der sich an das Rückgrat des Wirtes heftet und seine eigenen Nervensysteme und -bahnen bis ins Gehirn des Wirtes ausbaut und im wahrsten Sinne des Wortes das Gehirn in Besitz nimmt. Der Wirt wird zum Egel und der Egel zum Wirt. Der Parasit oder Symbiont giert nach Blut. Er ernährt sich von der Quelle des Lebens selbst: dem Blut der zukünftigen Opfer seines Wirtes. Denn ›das Blut ist das Leben‹.
Der Symbiont ist seinem Wirt nicht notwendigerweise ›treu‹; auf der Sonnseite kann ein Egel von einem Tier auf einen Menschen überspringen, wenn zum Beispiel ein Hund oder Fuchs als Wirt dient und dann mit einem Menschen in Berührung kommt, besonders dann, wenn das Tier angeschlagen ist oder im Sterben liegt. Mit anderen Worten versucht sich der Egel in seinem neuen Wirt sein Fortleben zu sichern – oder noch besser eine höhere Lebensform zu erreichen. Bei den Szgany von Starside ist die Zähigkeit des Egels an sich eine Legende.
DRITTES STADIUM: Wamphyri.
Der Symbiont ist nicht nur ein essenzieller Teil des Wirtskörpers geworden, sondern das Wesen des Wirts – selbst seine Gedankengänge, seine Persönlichkeit und natürlich seine DNS – ist für immer verändert. So wie DNS-Stränge im Egel mutiert sind, verändert sich auch die Haut des Wirtes selbst. Sein Fleisch ist nun metamorph: Er kann – mit gewissen Einschränkungen – seine physische Form und Gestalt verändern. Er ist Wamphyri !
VIERTES STADIUM: Zurück zu den Ursprüngen, spekulativ:
Falls der Wirt stirbt, kann es sein, dass der Symbiont-Egel (oder auch lediglich das ›tote‹ Fleisch des Wirtes) eine Neuexistenz vorbereitet, indem er sich regeneriert. Essenzielle Fette und Aminosäuren – die Grundsteine des Lebens – versuchen, in die Erde zu entschwinden und dort die Myzelfäden eines Pilzes zu entwickeln, die ruhen, bis sich eine günstige Gelegenheit zum Handeln ergibt. Wie die ›Vampir-Essenz‹ oder die Pilzsporen diesen günstigen Moment erkennen, bleibt ein Mysterium. In transsilvanischen Legenden, genau wie in den Legenden der Sonnseite, sammeln manche Vampir-Lords Heimaterde und
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