Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
Vom Netzwerk:
Sonnseite, wo die Tage sehr lang sind, dienen sie den Szgany als Zeitmesser, so ähnlich wie ihr mit Jahren rechnet. Wir haben eine Legende, die 25.000 Sonnenaufgänge zurückliegt. Sie reicht nicht so weit zurück wie eure ältesten Geschichten, aber doch immerhin 500 Jahre. Oh ja, ich habe euer Zeitsystem auswendig gelernt. Ich bin stolz darauf, dass ich viele Dinge gelernt habe, auch wenn ich sie auf der Sonnseite nicht brauchen kann.
    Vor 500 Jahren gab es in meiner Welt drei Große Vampire, die anders waren als andere davor und seither. Und sie waren Legenden. Zwei von ihnen waren Lords (lass uns jetzt für den Moment sagen, dass sie Lords waren, in der Vergangenheit) und die andere war eine sogenannte ›Lady‹. Aber Vavara, die glaubte, dass ihr Name allein schon als Machtsymbol ausreichte, eine Warnung an sich war, verschmähte alle Titel und Beinamen. Ihren Namen selbst fand sie ausreichend, deshalb war sie einfach nur Vavara. Und vielleicht hatte sie recht. Denn, siehst du, jetzt, da ich nur ihren Namen ausspreche – ›Vavaaara‹ –, sträuben sich mir schon die Nackenhaare. Brrr!
    Sie war nicht hässlich. Im Gegenteil, sie war unglaublich schön – unwiderstehlich schön. Und das war das Gefährliche an Vavara: Sie war eine Verführerin, eine Betörerin. Sie nutzte eine Art Hypnose, Jake, aber überhaupt nicht so wie die von Grahame McGilchrist. Grahame gebraucht Drogen, um die Macht seiner Augen und seiner Stimme zu erweitern; er hat eine Begabung, im Gegensatz zu wahrer Macht. Aber wer weiß das schon genau? Vielleicht war Vavaras Hypnose auch nur so eine Begabung, aber eine, die durch ihren Vampir-Egel über alle Maßen erweitert wurde, so wie alle menschlichen Sinne durch Vampirismus erweitert werden.
    Trasks Wissenschaftler sind der Meinung, dass nicht nur Menschen, sondern alle Kreaturen Anziehungskräfte besitzen, die über physische Attraktion hinausgehen. Aber bei Menschen sind Stimme und Augen besonders wichtig, da sie die – hm, Aura? – einer Person definieren. Ha! Aber das ist auch ein Szgany-Wort für Persönlichkeit. Ben spricht von Pheromonen und Chemie und was weiß ich. Aber alles, was ich über Chemie weiß, ist, wie man sich ein schönes explosives Pülverchen zusammenmixt. Und leider kann ich schlecht Silberkugeln oder sonstige Munition, die ich verschieße, vorher mit einem Betörungszauber belegen!
    Jedenfalls, egal wie man Anziehungskraft definiert, Vavara hatte sie. Und vielleicht hat Ben wirklich recht. Denn der Zauber, mit dem sie Männer belegte, war stärker als ihre Macht über Frauen und in der Regel tödlich. Jeder Mann, der Geschmack an ihr fand – ob nun einfach ein Bewohner der Sonnseite oder sogar ein Wamphyri-Lord –, war ein Todgeweihter. Sich gegen Vavara zu wehren war aussichtslos.
    So viel zu der Hexe. Jetzt zu den Zauberern:
    Die anderen beiden waren Lords, wie ich schon sagte. Lord Szwartz war einer von ihnen. Er hatte einen Szgany-Namen angenommen, unter dem die Szgany ihn kannten, Szwartz, ausgesprochen ›schwarz‹. Und schwarz war er, schwärzer als die Nacht, schwarz wie das schwarze Herz des Egels, der ihn steuerte ... aber mit was für seltsamen Talenten? Ich habe gesagt, dass er schwärzer war als die Nacht: Das ist eine völlig unangemessene Beschreibung. Lord Szwartz war die Nacht!
    Eigentlich sind ja alle Wamphyri Kinder der Nacht, das steht fest, denn sie können das Sonnenlicht nicht ertragen. Und weil die Nacht ihr Element ist – weil sie nachts wach sind, perfekt sehen, sich ihren Gelüsten hingeben und jagen –, ist sie wie ein Umhang für sie, der sie selbst vor den aufmerksamsten Menschen versteckt. Wenn Vampire in den Wäldern der Sonnseite jagten, lagen die Szgany in ihren Verstecken still und warteten, bis sie vorbei waren. Und gelegentlich, wenn sie vorüberflogen, zog dichter Nebel vom Boden auf, der verriet, dass da jemand war; oder vielleicht verschwand ein bestimmter Stern einen Augenblick, wenn über den Szgany eine Gestalt vorbeiglitt, aber man sah diese Gestalt nicht, sondern nur ein Dunkel, das sich etwas vom Dunkel der Umgebung abhob. Und manchmal – oh, manchmal – kam der Nebel oder die Gestalt näher, näher und schnüffelte ... und lachte!
    Aber entschuldige, Jake, die Dinge, von denen ich dir erzähle, sind nicht angenehm. Ich kann nicht von ihnen sprechen, ohne mich zu detailliert zu erinnern ...
    Jedenfalls war Lord Szwartz’ Macht über die Nacht so viel stärker als die aller anderen, dass er nach

Weitere Kostenlose Bücher