Nachtgieger
sie lieber zurück ins Haus gehen, oder nach ihrem Hund rufen?
„Unsinn“, schalt sie sich. Aufmerksam, mit geschärften Sinnen lief sie weiter. Blätter raschelten im Septemberwind und das Geräusch ließ sie zusammenfahren. Da, wieder eine vage Bewegung, von Nebelfetzen verzerrt! Entschlossen griff sie nach einem Rechen, der an einem krummen Kirschbaum lehnte, und näherte sich vorsichtig dem unheimlichen Ort. Als knochige, dünne Finger über ihr graues Haar strichen, griff sie zu Tode erschrocken an ihr Herz. Doch dann schob sie den Ast entschlossen beiseite. Den morschen Rechen drohend erhoben, trat sie auf den schemenhaft erkennbaren Sauerkirschbaum zu und fuhr auf einmal entsetzt zurück.
Eine sie um mindestens zwei Köpfe überragende, schwarze Gestalt mit einer Art Flügel starrte sie aus glühenden Augen abgrundtief bösartig an. Apollonia schrie schockiert auf und rief in heller Panik nach ihrem Hund: „Waldi, Waldi!“, kreischte sie. Die Gestalt drehte sich blitzschnell um und rannte durch das offen stehende Gartentor davon in Richtung Friedhof.
Apollonia Vierheilig zitterte am ganzen Körper. War das der Teufel gewesen? Hatte er sie holen wollen? Darüber musste sie morgen dringend mit der Pfarrerin Regina sprechen – ach nein, die befand sich doch im Krankenhaus. Mit deren ahnungslosem Ehemann Theo wollte sie ein derartig intimes Gespräch nicht führen. Der konnte ja nicht einmal eine Kartoffelsuppe kochen, ohne dass es zu einem Unfall kam.
Sie beruhigte sich ein klein wenig und beschloss, ins Haus zurückzugehen und sich einen Kräutertee zu kochen. Ihr Hund Waldi lag ausgestreckt vor dem wärmeverbreitenden Holzofen und schnarchte leise. Er war ebenso betagt wie Apollonia und dazu auch noch schwerhörig. Sie schlürfte ihren heißen Tee in kleinen Schlucken. An Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. Sie schaltete den Fernseher ein und schaute sich eine Talkshow an. Sie begriff nicht ganz, worum es dabei ging, irgendetwas mit Patchwork und Beziehung, ging es um zusammengenähte Decken? Aber das oberflächliche Geplauder lenkte sie zumindest ab. Nach einer Weile nickte sie im Ohrensessel ein.
Plötzlich fuhr sie aus ihrem leichten Schlaf. Das Gartentürchen! Sie hatte vergessen, das Tor abzuschließen. Die unheimliche Gestalt konnte jederzeit erneut in ihren Garten eindringen. Sie rappelte sich mühsam hoch und griff nach ihrem Schlüsselbund. Apollonia konnte heute Nacht nur ruhig schlafen, wenn alle Türen verriegelt waren.
Ängstlich machte sie sich erneut auf den Weg. In ihrer rechten Hand hielt sie fest umschlossen das Brotmesser, die größte und gefährlichste Waffe, die sie besaß, und spähte vorsichtig in alle Richtungen. Es war nichts Verdächtiges zu entdecken. Als die Kirchturmuhr Mitternacht schlug, zuckte sie heftig zusammen. Schnell verschloss sie die Gartentür und ging so rasch sie konnte zum Haus zurück.
Als sie am Holzschuppen vorbeikam, hörte sie ein verdächtiges Geräusch, das sie in höchste Alarmbereitschaft versetzte. Sie fuhr herum, umklammerte entschlossen das Messer und traute ihren Augen nicht. Das konnte nicht sein! Ein Alptraum, aus dem sie gleich erwachen würde.
Das dunkle, mächtige Wesen lauerte neben dem Schuppen in der Dunkelheit. Dann trat es schnell mit erhobenem Flügel auf Apollonia zu. Sie konnte noch erkennen, was es in seinen Klauen hielt, als die Axt mit voller Wucht auf sie herabkrachte und unbarmherzig ihren Schädel spaltete.
Sie sank zu Boden und Blut strömte auf die abgetretenen Steinplatten.
Donnerstag, 19. September
Mandy Bergmann schlüpfte unter dem Absperrband hindurch, der Kommissar folgte ihr humpelnd.
Er hatte es gestern Abend rechtzeitig geschafft und das Sportgelände von Don Bosco in Wildensorg pünktlich um 18:30 Uhr erreicht. Immer wieder war er von den gepflegten Außenanlagen begeistert. Und mitten darin ein in der Region einmaliger Kunstrasenplatz der neuesten Generation. Es machte Spaß, auf diesem Belag zu spielen, obwohl einige zuerst sehr skeptisch gewesen waren. Die meisten Mitspieler und Funktionäre aus der Sportgruppe der Polizei Bamberg waren schon da und machten es sich auf der wunderschönen Terrasse vor dem Sportheim bequem.
Eigentlich war er als Mittelstürmer aufgestellt, da er wegen seiner Torgefährlichkeit gefürchtet war. Aber der planmäßige Torwart war verletzt und man wollte hinten sicher stehen, also musste er ins Tor. Die gegnerische Mannschaft der Freiwilligen Feuerwehr Bamberg hatte
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