Nachtgieger
einen gefährlichen Sturm. Überhaupt war die Mannschaft erstklassig mit je drei Spielern vom Landesligisten FC Eintracht Bamberg und dem Landesligisten DJK Don Bosco besetzt und lag zu Recht auf dem ersten Tabellenplatz für Betriebsmannschaften. Die Polizei war auf dem dritten Platz.
Es ging pünktlich los und die ersten zwanzig Minuten waren eher ein gegenseitiges Abtasten – man kannte sich ja schließlich. Dann wurde das Spiel schneller und der Hauptkommissar stand immer öfter im Mittelpunkt des Geschehens. Aber er hielt alles, was kam, und durch sein gutes Stellungsspiel und dem Vorteil seiner Größe konnte er viele der hohen Flankenbälle abfangen. So stand es zur Halbzeit null zu null. Die Polizei und ihr Anhang waren sehr zufrieden.
Bis Mitte der zweiten Halbzeit blieb es dabei, wobei die Feuerwehr immer mehr Spielanteile hatte und es nur Gerd Förster zu verdanken war, dass sie noch kein Tor gefangen hatten. Die Feuerwehrler waren am Verzweifeln – er hielt einfach alles. Sogar der gegnerische Anhang zollte ihm immer wieder Applaus. Die Polizei konnte kaum noch Entlastungsangriffe starten, es ging nur noch in eine Richtung.
In der achtzigsten Minute trugen sie wieder einen ihrer mustergültigen Angriffe vor. Über fünf schnelle Direktpässe kam der Ball in den freien Raum zum Mittelstürmer. Der war schon im Strafraum, legte sich den Ball aber etwas zu weit vor. Gerd Förster schoss regelrecht aus dem Tor, warf sich quer auf den Ball und hatte ihn sicher unter sich vergraben. Der Gegner wollte fair über ihn springen, blieb jedoch mit dem Schuh hängen und landete mit dem linken Fuß auf dem rechten Knöchel von Gerd Förster. Ein lauter Schrei, ein Knacken und alle Anwesenden erstarrten. Er krümmte sich am Elfmeterpunkt vor Schmerzen.
Sofort kümmerten sich alle um ihn. Der gegnerische Stürmer war verzweifelt, aber ihm wurde kein Vorwurf gemacht, es war ganz klar keine Absicht im Spiel gewesen. Gerd Förster humpelte auf einem Bein, gestützt von zwei Sanitätern, an den Spielfeldrand und sogleich war der Polizeiarzt Kuhn, ein begeisterter Fußballfan, zur Stelle und untersuchte den Knöchel.
„Halbe Entwarnung“, sagte er. „Es dürfte nichts gebrochen sein, aber Genaueres wissen wir erst nach dem Röntgen. Wir fahren sofort in die Klinik, ich melde uns an.“
In diesem Moment kam verhaltener Jubel auf: Die Feuerwehr hatte das Eins zu Null geschossen, und als der Arzt mit Gerd Förster abfuhr, fiel das zweite Tor für die Rothelme. Das bekamen sie aber nicht mehr mit.
Die Diagnose von Dr. Kuhn war richtig gewesen. Der Knöchel war nicht gebrochen, fünf Tage würde es aber mindestens dauern, bis die Bänderdehnung und der Bluterguss abklingen würden. Jetzt gab es erst einmal einen kühlenden Tapeverband, genügend Salbe für die Nächte und vier Kühlkissen, die man im Frostfach immer wieder vereisen konnte.
Bei dem Gedanken, ab morgen eine kleine Kühlbox im Auto zu haben, musste der Kommissar schon wieder leicht grinsen.
Es war erst sieben Uhr am frühen Morgen. Die Dämmerung wich langsam zurück und es war noch kalt. Mandy trug zu ihrer engen, dunkelblauen Jeans eine gefütterte Jacke aus dem gleichen Stoff, die sie fröstelnd zuknöpfte, als sie zu den Kollegen der Spurensicherung trat.
Erschüttert nahmen sie und Gerd Förster das grauenvolle Bild auf, das sich ihnen bot. Eine alte Frau mit einem zertrümmerten Schädel lag verdreht in ihrem getrockneten Blut im eigenen Garten. Bei dem Sturz hatte sie einen ihrer braunen Hausschlappen verloren, der einsam neben der Leiche lag. Ihr strenger Haarknoten hatte sich ein wenig gelöst. Ungläubige, wasserblaue Augen, in denen sich vermeintlich blankes Entsetzen widerspiegelte, starrten sie an. Im Haus bellte rasend ein Hund.
Gerd Förster zog sich Plastikhandschuhe über und griff nach dem Schlüsselbund, der neben der alten Frau auf dem Boden lag. Direkt neben einem Brotmesser. Auf der anderen Seite der Leiche befand sich eine Axt mit blutiger Klinge.
Er wählte den passenden Schlüssel und öffnete die Haustür. Heraus schoss ein mittelgroßer, hellbrauner Mischlingshund, der geradewegs zu der toten Frau stürzen wollte. Der Kommissar erwischte ihn gerade noch am Lederhalsband und kettete das Tier, das traurig jaulte, an seiner Hundehütte an.
Inzwischen war auch der Gerichtsmediziner Karl-Heinz von Hohenfels eingetroffen und untersuchte behutsam die Leiche. Er schüttelte fassungslos den Kopf, den heute ein graugrüner
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