Nachtgieger
er in diesem Garten? Hier gibt es doch nichts zu holen, zumindest nichts Wertvolles.“
Sie nahm den rostigen Rechen wahr, der weiter hinten im Gras lag.
„Die alte Frau hat ihr Gartengerät nicht aufgeräumt. Merkwürdig, sonst ist alles an seinem Platz. Meine Oma hätte eine solche Unordnung nicht geduldet. Vielleicht wollte der Täter in ihr Haus einbrechen, und als sich die beiden in der Dunkelheit begegneten, hat er sie mit einer Axt erschlagen.“
„Möglicherweise mit ihrer eigenen Axt“, bemerkte Karl-Heinz von Hohenfels traurig und wies mit dem Kopf auf einen Holzklotz neben dem Schuppen, in dem sich unzählige Kerben vom Holzhacken befanden, in dem jedoch keine Axt steckte.
„Der Schlüsselbund lag dicht neben der Leiche“, überlegte Gerd Förster. „Er erschlägt die alte Frau, schließt die Haustüre auf, raubt das Haus aus und platziert ihn wieder an der gleichen Stelle. Das kommt mir nicht schlüssig vor.“
Bei einem Rundgang durch das Haus, das blitzblank sauber und aufgeräumt war, entdeckten die geübten Ermittler nach kurzer Zeit eine Kaffeedose, in der siebzig Euro aufbewahrt wurden.
Im Schlafzimmer von Apollonia Vierheilig, die ihr Bett in dieser Nacht offensichtlich überhaupt nicht benutzt hatte, lagen einige Schmuckstücke, in purpurnen Samt eingeschlagen, völlig unberührt. Darunter ein großer, schwerer Ehering, der aus massivem Gold und sicherlich wertvoll war. Gerd Förster vermutete, dass es sich bei dem Ring um ein Andenken an ihren verstorbenen Gatten handelte.
Nichts deutete auf einen Einbruch hin.
„Sie hat ihn überrascht, er hat sie getötet, aus Angst vor den Konsequenzen, vielleicht hat sie ihn erkannt, und dann ist er geflüchtet“, folgerte Mandy. „Oder sie natürlich, wobei ich, was den Tathergang betrifft, eher auf einen Mann tippe.“
Ihr Kollege nickte zustimmend, dann warf er die Frage in den Raum: „Und wenn er etwas ganz anderes hier wollte?“
In diesem Moment winkte ihnen ein Kollege von der Spurensicherung aufgeregt zu. „Ich habe etwas gefunden, seht euch das an.“
Er hielt einen kleinen, schwarzen Gegenstand hoch. Sie folgten ihm neugierig unter einen Sauerkirschbaum. Es war ein Fernglas, aber kein wuchtiges, schweres Objekt, wie es zum Beispiel Jäger oder Wanderer benutzten.
„Das ist ein Opernglas, sogar ein sehr hochwertiges, teures Glas“, stellte Karl-Heinz erstaunt fest. „Besser als meines, damit kann man auf eine Distanz bis zu hundert Metern jedes Detail erkennen.“
„Äsende Rehe oder so?“, fragte Mandy.
„Nein, das glaube ich nicht, die können weiterziehen, dann kann man mit diesem hübschen, kleinen Spielzeug überhaupt nichts mehr erkennen. Für die Beobachtung von Wild ist es nicht tauglich. Eher für ein Schauspiel, wie auf einer beleuchteten Bühne.“
Sie betrachteten die unteren dicken, fast waagrechten Äste des Sauerkirschbaumes, als Mandy sich schon geschickt auf den stabilsten, knorrigen Ast schwang und rasch drei Meter hochkletterte.
„Was siehst du in einem Radius von circa hundert Metern, Mandy?“, erkundigte sich ihr Kollege, obwohl er die Antwort bereits wusste.
„Das Haus, in dem Paulina Regenfuß wohnt.“
Die Bamberger Kommissare und der Gerichtsmediziner
Karl-Heinz, sichtlich schockiert über den gewaltsamen, brutalen Tod der alten Frau, beschlossen, in der Konditorei von Manuela Henneberger einen schnellen Kaffee zu trinken. Ein weiterer Mordfall hatte ihnen gerade noch gefehlt.
Die Geschäftsfrau wusste natürlich bereits genau Bescheid. Die Nachricht vom grauenvollen Tod der frommen alten Dorfbewohnerin hatte sich in der kleinen Ortschaft wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Einheimischen waren völlig entsetzt und wie gelähmt ob der Ereignisse, die die Polizei erneut in ihr bisher friedliches Dorf geführt hatte.
Die Besitzerin der Konditorei flatterte aufgeregt um ihre Gäste herum. Sie hatte ihre Haare zu einem Zopf geflochten, der zu jedem ihrer Worte wippte: „Ich kann es einfach nicht fassen – die arme, alte, gläubige Apollonia! Am letzten Sonntag habe ich sie noch in der Kirche gesehen. Sie war kniend in ihr Gebet vertieft, als ich nach dem Gottesdienst gegangen bin. Frische, bunte Herbstblumen und Birkenzweige schmückten den Gottesraum, das war allein ihr Werk.
Sie fand immer ein tröstliches Wort für Schwache und Kranke. Ihr Lieblingsspruch lautete: ,Nur zu Jesus aufgeblickt, wenn dein Kreuz dich zu sehr drückt.‘ Und auf einmal wird sie nachts in ihrem
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