Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
Adams Hand zu vergessen. Nachdem er drei Schritte auf ihn zu gemacht hatte, fiel sie ihm wohl wieder ein. Rasch wollte er Schutz bei Anders suchen, der ihn jedoch so abfällig musterte, dass er stehen blieb. Es war klar, dass Adams Unterstellung richtig war.
»Anders ist der einzige Herr, den ich mir vorstellen kann. Alles, was ich getan habe, zielte darauf, ihn zu unterstützen«, erklärte Adalbert. »Mit dem Handel, den ich dir vorgeschlagen habe, wollte ich dich dazu bewegen, dieses verfluchte Weibsbild zu finden, ehe es unangekündigt vor Anders steht. Ich dachte, so könnte man sich den Umweg über Esther sparen. Ich habe das nur für dich getan, Herr! Ich wäre niemals zu deiner Schwester übergelaufen, wenn Adam sie gefunden hätte. Ich weiß doch, dass du ihr überlegen bist.«
»Tatsächlich?«, meinte Anders bloß.
Wild blickte Adalbert zwischen den beiden Männern hin und her, als wisse er nicht recht, wen von beiden zu überzeugen von größerer Bedeutung war. Schließlich blieben seine Augen
an Anders hängen, der beschloss, sich diesen Verräter später vorzuknöpfen. Im Moment war es nicht verkehrt, ihn am Leben zu lassen, denn Adam war mindestens genauso wütend auf diesen Heuchler wie auf ihn. Und Adam war immer noch beängstigend ruhig.
Also zuckte Anders lediglich mit der Schulter und wandte sich Adam zu. »Vermutlich wäre es klüger gewesen, dir einfach zu sagen, was ich von dir will. Das hätte auch besser zu meinem ursprünglichen Plan gepasst. Als Rischka dich unbedingt mit der Suche nach dem opferfreudigen Unbekannten beauftragen wollte, habe ich sogleich zugestimmt. Ich wollte sehen, ob du wirklich so gut bist wie dein Ruf. Und gleichzeitig war es die beste Möglichkeit, herauszufinden, wie es um die Loyalität meiner Gefährtin bestellt stand. Was soll ich sagen: Letzteres erwies sich als Enttäuschung. Dass es mir dank Adalbert und dem Wissen, das er von Etienne mitgebracht hat, gelungen ist, meine Gabe weiterzuentwickeln, hat leider nicht ihre Zustimmung gefunden.«
»Es wundert mich ohnehin, dass Rischka nicht schon vorher zugesehen hat, wie sie dich loswird. Die Abhängigkeit, die deine Gabe hervorruft, ist doch bestimmt nicht nach ihrem Geschmack.«
Ganz beiläufig trat Anders einen Schritt vor, damit er sich bequem gegen den Container lehnen konnte. Dass ihn nur noch gut zwei Meter von Adam trennten, schien den beiden anderen nicht weiter aufzufallen.
»Die meisten von uns bemerken die Abhängigkeit gar nicht«, erklärte Anders geradeheraus. »Meine Berührung fühlt sich einfach zu gut an, für alles andere haben sie keinen Sinn mehr. Denkst du etwa, du bist der Einzige, der sich nach Frieden sehnt? Erinnere dich daran, wie sich meine Berührung angefühlt hat«, forderte er Adam eindringlich auf, getrieben von dem Wunsch, noch einmal das Verlangen in den Augen dieses Mannes zu sehen.
Unter Adams Wangenknochen zeichneten sich dunkle Schatten ab, als er seinen Kiefer fest aufeinanderpresste. »Nicht gut genug, um dafür zu sterben. Mir gefällt der Gedanke herzlich wenig, dass du dir meinen Dämon einverleibst und nur meine leere Hülle zurücklässt. Rischka scheint diese Frage ja wohl auch mit einem klaren Nein beantwortet zu haben, nachdem sie Nias Leichnam gesehen hat.«
»Da triffst du ins Schwarze«, bestätigte Anders lakonisch.
Die Erinnerung an die vollkommen hysterische Rischka gehörte zu den unangenehmsten Momenten seiner Existenz. Es war ein Fehler gewesen, seine Gefährtin einzuweihen. Allerdings war er schlicht überwältigt gewesen von der Erfahrung, den Splitter des Dämons, der in Nia beheimatet gewesen war, nicht bloß zu berühren, sondern tatsächlich zu sich zu ziehen, bis er sich mit seinem Dämon verband, vielmehr noch: in ihm aufging und ihn gestärkt zurückließ. Gerade noch war ihm bewusst geworden, dass er ein Gott unter seinesgleichen war, und in der nächsten Sekunde hatte ihm ein überdrehtes Weib ihre Fingernägel ins Gesicht gegraben. Mit ihren Nägeln hatte Rischka auch etwas anderes in ihn getrieben, das ihn zu zersetzen drohte. Instinktiv hatte Anders erkannt, dass es der Beweis für die Existenz seiner Schwester war und dass es ihr Blut sein musste, das ihn wie Säure verätzte. Zwar hatte Rischka ihm hinterher versichert, nichts von der verheerenden Wirkung des Elixiers gewusst zu haben, trotzdem war es eine äußerst unangenehme Erfahrung gewesen.
»Ich war tatsächlich überrascht, wie extrem Rischka reagiert hat«, erklärte
Weitere Kostenlose Bücher