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Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz

Titel: Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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über das Treiben des Dämons gibt. Ihr Faible für die Geschichten der Romantik passt da bestens ins Bild, denn sie sind voller Verweise auf den Dämon. Die Begegnung mit Rischka war die Krönung einer langen Suche, denn der Dämon offenbarte ihr, dass ich ihn tragen könnte. Aber sie ist seinem Drängen nicht sofort nachgekommen, sondern hat mir die Zeit zugestanden, eine Entscheidung zu treffen.«

    Adam glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. »Und obwohl Sie beim Studium der Literatur mehr als genug über die blutige Seite des Dämons erfahren haben dürften, haben Sie ihn eingelassen, rein aus dem Wunsch heraus, unsterblich zu werden?«
    »Ja, genau«, erwiderte Carriere geradeheraus. »Ich wollte wissen, wie es mit der Menschheitsgeschichte weitergeht. Rischka trat zu einem Zeitpunkt in mein Leben, in dem ein Ende bereits absehbar war. Ich wollte nicht sterben, da doch gerade eins der interessantesten Kapitel der Menschheitsgeschichte aufgeschlagen worden war. Sie verstehen das nicht, denn Sie sehen einfach nicht die Möglichkeiten, die einem der Dämon bietet.Aber ich habe sie damals gesehen und meine Chance ergriffen.«
    »Und Ihre Gabe in dieser neuen Welt, die sich Ihnen eröffnet hat, ist Empathie für die Menschheit, während Sie des Menschen Wolf geworden sind. Sie töten, was Sie lieben. Der Dämon verfügt wirklich über einen bösartigen Humor.« Zuerst war Adam nach einem Lachen zumute, aber kaum sann er über seine Worte nach, verging es ihm. Der Dämon war ein Sadist, durch und durch.
    »Ich bereue meine Entscheidung keineswegs«, erklärte Carrière mit fester Stimme. Unter seinem Auge zuckte jedoch ein feiner Nerv, was Adam keineswegs entging. Ehe er der Angelegenheit jedoch auf den Grund gehen konnte, waren sie am Gare de l’Est angekommen.

9
    Spurenlese
    Die helle Fassade mit dem Halbrundfenster des Gare de l’Est verschwand hinter einem dichten Regenvorhang, so dass die beiden Männer keine Zeit verschwendeten und durch den Säulengang hastig ins Innere des Kopfbahnhofs liefen. Für einen Augenblick verlor Adam in der Menschenmenge die Übersicht, weil zu viele Eindrücke auf ihn einströmten. Es würde wohl noch eine ganze Weile dauern, bis er seine empfindlichen Sinne nicht nur bewusst einsetzen, sondern auch ausblenden konnte. Als er ins Schwanken geriet, bohrte Carrière ihm kurzerhand den Griff seines Gehstocks zwischen die Rippen und zeigte auf die abseits des Trubels liegende Gepäckaufbewahrung.
    Während eine Dame, die in der Reihe vor ihnen stand, zwei wuchtige Reisekoffer auslöste, legte sich eine eiserne Kralle um Adams Brustkorb und drückte langsam zu. Sein Atem wurde flach und schnell, und er wischte sich über die Stirn, obwohl er nicht schwitzte.
    Carrière unterdrückte ein Schmunzeln. »Haben Sie etwa Angst vor dem, was Sie gleich in den Händen halten könnten?«
    »Keineswegs«, log Adam.
    Als er jedoch an der Reihe war und dem Mann hinter dem Tresen seine Quittung hinhielt, glaubte er, die Finger nicht von dem Stück Papier lösen zu können. Der mächtige Schnauzbart des Angestellten zitterte bereits ungeduldig, bevor Adam tatsächlich von dem Papier abließ.

    »Na bitte. Ist doch gar nicht so schwer, Monsieur«, murmelte der Mann und verschwand in dem Aufbewahrungsraum.
    Unruhig trommelte Adam auf dem abgegriffenen Holztresen, bis Carrière eine Hand auf seine Finger legte.
    »Schonen Sie bitte meine Nerven«, bat sein Begleiter ihn.
    Adam verdrehte die Augen, dann reckte er sich, um einen Blick in den Raum werfen zu können, was ihm jedoch nicht gelang. Schließlich konnte er nicht mehr an sich halten: »Was dauert das so verflucht lange?«
    »Vielleicht haben Sie einen Elefanten zur Aufbewahrung gegeben und der Weg zu den Ställen dauert halt«, erwiderte Carrière trocken.
    Bevor Adam zu einer geeigneten Antwort ansetzen konnte, kehrte der schnauzbärtige Mann mit einem handlichen Reisekoffer zurück. Ungläubig blickte Adam auf dieses mit dunklem Leder bezogene Gepäckstück, bis er fast über sich selbst gelacht hätte.Was hatte er um Himmels willen erwartet, ein Buch über seine Lebensgeschichte oder seine Großmutter, die ihm alles Wissenswerte über ihn erzählen könnte?
    Während Adam den Koffer in Empfang nahm, beglich Carrière die Rechnung und legte ein großzügiges Trinkgeld drauf. Wohl in der Hoffnung, der Angestellte möge endlich aufhören, Adam so neugierig anzustarren.
    Adam strich gedankenversunken über das Leder und flüsterte: »Ich habe

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