Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
abgebe.«
Nachdenklich strich Adam sich die Haare aus der Stirn, während er versuchte, sich ein Bild von Toska zu machen - ohne daran zu denken, dass sie der Schlüssel zu seiner Vergangenheit war.Wäre sie ihm auf der Straße begegnet, hätte er sich nach ihr umgesehen? Nun, vielleicht um einen weiteren Blick auf ihre blonden Locken zu werfen oder um sich über ihre eitle, aber nichtsdestotrotz charmante Art zu amüsieren. Nur
ein Bedürfnis, ihre Aufmerksamkeit zu erregen, um ein Recht auf ihre Nähe zu erwerben, löste sie keineswegs aus. Nein, da war kein Gefühl auf seiner Seite. Wie soll auch jemand, der einen blutrünstigen Dämon in sich trägt, etwas wie Zuwendung oder gar Liebe empfinden?, fragte er sich, und der bittere Geschmack der Enttäuschung breitete sich in seinem Rachen aus. Nun, vielleicht würde es dieser Frau zumindest gelingen, die Erinnerung zu wecken. Alles andere bedeutete, den Kampf aufzugeben und sich dem Willen des Dämons zu überlassen.
»Habe ich dich geliebt?«
Im ersten Moment sah es so aus, als würde Toska sich für ein künstliches Lachen als Reaktion auf diese unvermittelte Frage entscheiden. Dann schluckte sie und sagte leise: »Du hast es mir nie gesagt, obwohl du den ganzen Herbst und Winter mit mir in der Toskana verbracht hast, ohne auch nur einer anderen Frau hinterherzusehen. Aber ich bin … ich war verliebt in dich.«
Das Geständnis brachte Adam aus der Fassung. Mit einem Mal kam es ihm erbarmungslos vor,Toska derartig in die Ecke zu drängen, obwohl er allem Anschein nach schon genug Schindluder mit ihren Gefühlen getrieben hatte.
Doch gerade als er sich entschuldigen wollte, fügte sie noch einen Satz hinzu, der alles änderte: »Welche Frau kann einem so schönen Gesicht wie deinem schon widerstehen? Da ist es doch ganz gleich, ob du Charles, Adam oder wie auch immer heißen magst. Ich hätte mir jede von deinen verrückten Ideen angehört und jedes noch so absurde Spiel mitgemacht, solange du dafür an meiner Seite bleibst.« Toska lehnte sich aufreizend weit nach vorne, so dass ihr Dekolleté einen prachtvollen Anblick bot. »Wir zwei passen perfekt zueinander, weil wir beide nicht nach der Liebe suchen, sondern nach jemandem, der unsere Bedürfnisse erfüllt, ohne uns dafür zu verachten.Wenn ich dich ansehe, habe ich das Gefühl, ich blicke in einen Spiegel. Mag sein, dass du mich nicht geliebt hast, aber du hast mich
gebraucht.Weil ich die Einzige war, die überhaupt wusste, dass es jemanden hinter der Maske gab, auch wenn ich diesen geheimnisvollen Fremden niemals kennengelernt habe.«
»Das hast du tatsächlich nicht, nicht wahr?«
Obwohl Adam registrierte, wie gefährlich ruhig, fast einschmeichelnd seine Stimme geworden war, kümmerte er sich nicht um dieses erste Anzeichen für einen Temperamentsausbruch. Plötzlich interessierte ihn nur noch der verführerische Duft, der von Toskas leicht geröteter Haut am Dekolleté aufstieg und ihre Erregung verriet. Das Rascheln ihrer Röcke, das berühmte Foufou , knisterte in seinen Ohren. Langsam, fast als hoffe er, sie würde ihn davon abhalten, streckte er die Hand aus, um eine der feinen Locken an ihren Schläfen zu berühren.Aber Toska dachte gar nicht daran, sich zurückzuziehen. Stattdessen schenkte sie ihm ein aufmunterndes Lächeln, das lockend ihre Lippen umspielte, die sie einen Hauch - einer Einladung gleich - öffnete.
Dabei hätte es keiner deutlichen Einladung bedurft, zumindest nicht für Adam. Seine Sinne spielten ihm ihre Lüsternheit mühelos zu. Und nach ihrem Geständnis sah er keinen Grund mehr, warum er sich zurückhalten sollte, da sich ihr Interesse mit seinem deckte.Wenn es schon keine Liebe in seinem alten Leben gegeben hatte, so zumindest Verlangen. Was schon einmal eine Verbesserung war, wie Adam zynisch dachte, hatte es ihn in den letzten Tagen doch nur nach Blut verlangt. Es sprach also nichts dagegen, dieser Lust, die eine rein menschliche war, ohne Hemmungen nachzugeben.
Hastig half Adam Toska auf und eilte mit ihr durchs Foyer die geschwungene Treppe hinauf, ohne einen Blick für den sichtlich aufgebrachten Mâitre de réception oder das belustigte Publikum übrigzuhaben.
13
Verführungskünste
Die Gänge des Hotels schienen endlos.
»Welche Zimmernummer?«, fragte Adam voller Ungeduld, während Toska ein atemloses Lachen anstimmte.
»Meine Zimmernummer hat sich nicht geändert, es ist die Tür gleich hier drüben. Sag bloß, du hast immer noch nicht genug von deinen
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