Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz

Titel: Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
Vom Netzwerk:
wie Künstler Bilder malen oder Schriftsteller Geschichten erfinden. Und heute bist du also Adam auf der Suche nach seinem verlorenen Bruder Charles. Jenem Charles, der mir in Lucca den Kopf mit seinen romantischen Ideen verdreht hat. Ein angeblich mittelloser Musiker, der ziellos umherstreift. Du bist ein Schelm, wie er im Buche steht. Bestimmt war dieses Zusammentreffen im Foyer bis ins letzte Detail geplant. Fast hätte ich dir das Schauspiel sogar abgenommen, weil du dich als Adam vollkommen anderes bewegst und deine Ausstrahlung verändert ist. Düster, fast ein wenig bedrohlich. Ich war wirklich für einen Augenblick sprachlos, das muss ich dir lassen. Aber deine Augen verraten dich: Es kann einfach niemand anderen mit solchen Augen geben, die wie grüne Labradorite schimmern. Dieses irisierende, leicht metallische Farbenspiel ist einzigartig.Trotzdem - ein wirklich gut inszenierter Auftritt! Selbst dieser elegante Herr, der sich als dein Onkel ausgegeben hat, war ganz wunderbar. Nun, ich will ihm in nichts nachstehen.Also, was könnte Adam
wohl von mir erwarten, welche Rolle soll ich spielen?« Klirrend ließ sie den Löffel auf die Untertasse fallen, als ihr plötzlich eine Idee kam. »Du möchtest mich dazu bringen, dass ich dir dein eigenes Kunstwerk namens Charles beschreibe, richtig? Darum geht es dir!«
    Da war es wieder, Toskas siegessicheres Lächeln. Dieses Mal brachte es Adam dazu, die Armlehnen seines Sessels so fest zu umfassen, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Seine Kehle zog sich immer enger zusammen, und er fragte sich, wie viele verwirrende Fährten sein altes Ich mit seinen Spielchen wohl gelegt haben mochte. Wie oft würde er sich auf seiner Suche in einer Sackgasse wiederfinden, während er einem Mann hinterherlief, für den es offensichtlich ein Vergnügen gewesen war, Identitäten zu erschaffen? Ein Vergnügen oder vielleicht ein dunkler Zwang, um mit dem brechen zu können, der er eigentlich war …
    Glücklicherweise ahnte Toska nichts von seiner Anspannung; sie war viel zu stolz darauf, den raffinierten Plan ihres Liebhabers durchschaut zu haben. »Gut, fangen wir an. Aber nur, weil mir ansonsten der Nachmittag zu lang wird, das sollst du ruhig wissen. Was möchtest du über dich - pardon - über Charles erfahren?«
    »Ich interessiere mich nicht für Charles«, brachte Adam mühevoll hervor. »Ich will wissen, wer der Mann hinter der Maske war, die er aus welchen Gründen auch immer erschaffen hat.« Frustriert schnaufte er durch die Nase. »Falls es dir überhaupt jemals gelungen ist, einen Blick hinter die Fassade zu werfen.«
    Toska gab vor, ein Lachen hinter ihrer Hand zu verstecken. »Also wirklich, was bist du bloß für ein schamloser Narzisst. Ich weiß, du glaubst eine gequälte Seele zu sein, die sich selbst nicht ertragen kann und sich deshalb ständig neu erschaffen will. Schließlich war das dein Lieblingsthema, sobald du zu viel Wein getrunken hattest. Dass du es nicht erträgst, du selbst zu sein. Aber glaub mir, jemand, der so viel Aufwand betreibt, um
seine Vergangenheit auszulöschen, ist ganz vernarrt in sein Ich. Ansonsten würde man doch kein solches Aufhebens um die eigene Person machen, wenn du mich fragst.«
    Mit einer schnellen Bewegung packte Adam sie am Handgelenk und drückte so fest zu, dass sie empört nach Luft schnappte. »Ich frage dich aber nicht. Es ist mir gleichgültig, was du über Charles denkst. Erzähl mir einfach, was ich geredet habe, wenn ich betrunken war.Wie lautet mein wahrer Name, aus welchem Land stamme ich?«, forderte er sie mit scharfem Ton auf, woraufhin Toska verängstigt blinzelte. Unvermittelt wurde er sich seiner Impulsivität bewusst und löste den Griff, wenn auch nur widerwillig. Ihre Unbeschwertheit angesichts eines Anliegens, das ihm alles bedeutete, reizte ihn.
    »Ist ja schon gut, du Hitzkopf.Warum muss nur immer dein Temperament so schnell mit dir durchgehen?«
    Mit einer Leidensmiene massierte Toska ihr Handgelenk, bis Adam sie schon anfahren wollte, endlich mit der Schauspielerei aufzuhören. Da bemerkte er die roten Fingerabdrücke auf ihrer Haut. Er hatte tatsächlich fester zugegriffen, als ihm bewusst gewesen war.
    »Es tut mir leid, ich wollte dir nicht wehtun.«
    Toska stieß ein bitteres Lachen aus. »Das sagst du immer - hinterher. Erst nimmst du dir, was du willst, ohne Rücksicht auf Verluste, und dann wirfst du einem eine Entschuldigung hin. Ich weiß wirklich nicht, warum ich mich überhaupt mit dir

Weitere Kostenlose Bücher