Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
betreffen.«
Obwohl Esther sich so gedreht hatte, dass sie die gleißende Sonne im Rücken hatte, verengte sie die Augen zu Schlitzen, als würde Adams Anblick sie blenden.
»Ist es Ihnen unangenehm, dass Sie den Dämon nicht in sich tragen können?«, hakte er nach.
Noch immer schwieg Esther, so dass Adam bereits einen weiteren Anlauf nehmen wollte, als sie unvermittelt sagte: »Ich hege keinerlei Interesse an dem Dämon. Zwar akzeptiere ich die Bezeichnung Dienerin und halte mich exakt an die Regeln, aber in Wahrheit bin ich Anders’ angestellte Assistentin. Er braucht jemanden, der die Position einer Dienerin erfüllt, möchte sich aber an niemanden binden, der eines Tages eine Verwandlung von ihm einfordern könnte. Die, wie ich gehört habe, ja ohnehin allzu oft scheitert, weil der Dämon sich für das Blut der meisten Diener aus gutem Grund nicht interessiert.Als Anders mich vor drei Jahren mitten auf der Straße angesprochen hat, brauchte ich gerade einen Job. Einen gut bezahlten Job nach Möglichkeit. Anders verlangt nichts von mir, das mein Gewissen in Mitleidenschaft ziehen würde, weil er seine Opfer stets entschädigt. Außerdem ist er ein besserer Chef, als es wohl die meisten Kerle in dieser Stadt sind.«
»Ein blutgieriger Dämon macht Ihnen also keine Angst?«
Für einen Sekundenbruchteil rümpfte Esther die Nase, dann war ihr Gesicht wieder so ausdruckslos wie gewohnt.
»Nein, dafür hat Anders alles viel zu gut unter Kontrolle. In dieser Stadt geht man sorgsam mit dem Blutdienst um. Das heißt: So war es zumindest bis vor kurzem. Aber nun sind Sie ja da, um den alten Zustand wiederherzustellen.«
Gegen seinen Willen stieß Adam ein raues Lachen aus. »Womit wir wohl beim Thema wären.«
»Die meisten Dämonen …« Ehe Esther den Satz zu Ende bringen konnte, packte Adam sie verwirrend schnell am Handgelenk. Obwohl ihr die Geste zweifellos gegen den Strich ging, wagte sie es nicht, sich ihm zu entziehen.
»Ich gebe Ihnen einen Tipp, Schätzchen«, sagte Adam bedrohlich leise. »Nennen Sie mich besser nicht einen Dämon. Das missfällt mir nicht nur, sondern das bin ich auch nicht.«
Aber bald , brachte sich die Stimme einem Giftstachel gleich ein.
Esther verzog ihre Mundwinkel zu einem abschätzigen Lächeln, während ihr Gesicht blass wurde und ihre ansonsten bestens versteckte Angst verriet. Durch das Leder ihres Handschuhs konnte Adam ihren schnell gehenden Puls spüren, was ihn vor Frustration fast aufschreien ließ. Alles lief schief, und er machte es durch sein aufbrausendes Temperament nur noch schlimmer.
»Wie Sie wünschen«, sagte Esther voller Verachtung. »Die meisten von … Ihresgleichen, die den Weg nach Los Angeles finden, schließen sich über kurz oder lang Anders an und passen sich ohne viel Aufhebens entsprechend ihrer Opferrituale an die hiesigen Sitten an. Die Sorgfältigkeit bei der Opferwahl und der pflegliche Umgang mit ihnen ist eine Notwendigkeit, wenn man über einen längeren Zeitraum an einem Ort bleiben will, wo man nicht der Einzige mit bestimmten Gelüsten ist.«
Adam nickte langsam. »Aber einer hält sich nicht daran, und derjenige muss gefunden werden, bevor er die ganze Gemeinschaft in Gefahr bringt.«
»Es hat ganz den Anschein, als hätten Sie Ihre Aufgabe von selbst erraten. Wenn Sie ein so guter Jäger sind, wie Ihr Leumund Rischka behauptet, wird es sicherlich ein Leichtes für Sie sein, die Spur der blutleeren Leichen zu dem Dämon - oh, entschuldigen Sie bitte - zu demjenigen zurückzuverfolgen, auf dessen Konto sie gehen. Das ist der Auftrag, den Anders für Sie vorgesehen hat.«
Der Zynismus war nicht zu überhören, auch wenn Esther sich um Neutralität bemühte. Jede ihrer Regungen schien darauf ausgerichtet zu sein, ihn auf Distanz zu halten. Adam beschloss, ihre Abwehrhaltung hinzunehmen und sich stattdessen auf die vor ihm liegende Aufgabe zu konzentrieren. Vielleicht entspannte das ja die Situation zwischen ihnen beiden.
»Es gibt also eine Spur von blutleeren Leichen. Erzählen Sie mir doch ein bisschen mehr darüber. Vor allem, warum Sie davon ausgehen, dass es jemand von uns gewesen sein soll. L. A. ist eine Großstadt, die doch bestimmt jede Menge Verrückte anzieht. Vielleicht ist es nur irgendein Sektenfanatiker, der es mit seinem Kult etwas zu ernst meint.«
Esther blinzelte ihn ungehalten an. »Ihre Begabung als Spurenleser in Ehren, aber auch ich mache meinen Job gut. Anders lässt mich die Geschehnisse in der Stadt
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