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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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gesprochene Sprache zu übertragen, die liebevolle Eltern und ausgezeichnete Spezialisten sie gelehrt hatten. Ihre Kommunikationsfertigkeiten
waren glänzend ausgebildet für eine völlig Gehörlose.
    Aber sie dachte nicht in Worten. Sie verließ sich bei ihren Eindrücken von Situationen, Orten und Menschen auf Bilder; so entstand denn auch, wenn sie an Jack Sawyer dachte, ein lebhaftes Bild vor ihrem inneren Auge.
    Die Intensität davon beunruhigte sie allerdings ein wenig, und um sich abzulenken, packte sie rasch ihre Fotoausrüstung zusammen. Aber sie legte die Tasche nicht wieder aufs Regal, sondern nahm sie mit hinunter.
     
    Es war unerträglich heiß im Stall. Obwohl die Türen an beiden Enden des Gebäudes offenstanden, regte sich drinnen kein Luftzug. Jack hatte diese unangenehme Arbeit aus zwei Gründen auf sich genommen: Einmal machte die Klimaanlage im Wohnwagen einen Krach wie ein Propellerflugzeug, den er höchstens aushalten konnte, wenn er hundemüde und nahe am Einschlafen war; und zweitens hoffte er, sich Corbetts Wohlwollen zu erhalten, indem er den Pferdestall ausmistete.
    Er hatte Corbett kaum zu Gesicht bekommen, nachdem die Kadaver abtransportiert worden waren. Der Alte hatte den ganzen langen Nachmittag auf seinem Traktor gesessen und die Weide gemäht. Jack kümmerte sich um andere Dinge.
    Nur einmal hatten sie ein paar Worte gewechselt. Am späten Nachmittag, als Corbett den Traktor hinter dem Stall abstellte, war Jack zu ihm gegangen und hatte gefragt: »Wann bekommen Sie vom Tierarzt Bescheid?«
    »Frühestens morgen.«
    »Hm. Tja, solange wir nicht wissen, was da passiert ist, können wir nicht viel tun.«
    »Nein.«
    Das war alles gewesen. Seit Corbett am Morgen die verendeten Rinder entdeckt hatte, war er Jack aus dem Weg gegangen, und dieser nahm das als schlechtes Omen.
    Er bemerkte Anna erst, als er sich umdrehte. Sie stand am
Eingang zu der Box, in der er arbeitete. »Scheiße«, sagte er unterdrückt und hätte vor Verblüffung beinahe die Mistgabel fallen lassen. Dann: »Tut mir leid. Der Kraftausdruck, mein ich. Ich hab Sie nicht gehört.« Frustriert über seine Gedankenlosigkeit, verdrehte er die Augen. »Ich brauch nur den Mund aufzumachen, und schon steh ich bis zu den Knien im Fettnäpfchen.«
    Um sich etwas Kühlung zu verschaffen, hatte er sein Hemd ausgezogen und an einem Nagel aufgehängt. Dort nahm er es jetzt herunter und zog es über. Eigentlich handelte es sich um einen Lumpen. Die Ärmel waren seit langem herausgerissen, die Armlöcher von unzähligen Wäschen ausgefranst. Der Stoff wies kaum mehr Farbe auf als ein paar ausgeblichene Karos. Die meisten Knöpfe fehlten, die beiden mittleren schloß er jetzt.
    Er musterte sie zurückhaltend. Ihr Erscheinen hier konnte nur eine schlechte Nachricht bedeuten. »Was kann ich für Sie tun?«
    Sie hielt ihm eine Flasche Bier hin.
    Das kam so unerwartet, daß er die Flasche anstarrte, als hätte er noch nie dergleichen gesehen. Dann flog sein Blick verwundert zu ihr. Ein wenig ungeduldig stieß sie ihm die Flasche entgegen.
    »Oh, danke!« Er zog seine Arbeitshandschuhe aus gelbem Leder aus, nahm die Flasche, schraubte den Deckel ab und trank einen tiefen Zug. Selten hatte etwas so köstlich geschmeckt. Lächelnd wischte er sich den Mund mit dem Handrücken. »Das tut gut!«
    Während er getrunken hatte, kritzelte sie etwas auf einen kleinen Block. Sie hielt ihn ihm jetzt hin. »Als ich hinten abgeschlossen habe, sah ich Licht im Stall und dachte mir, daß Sie noch arbeiten. Da kriegt man natürlich Durst.«
    »Stimmt. Vielen Dank. Trinken Sie nichts?«
    Sie schüttelte mit einer Grimasse den Kopf. Er lachte. »Sie mögen kein Bier?«
    Anstatt zu schreiben, machte sie ein Zeichen. »Nein.«
    »Das heißt nein?« Als sie nickte, stellte Jack die Bierflasche auf einen Getreidekasten, legte die Handschuhe daneben und klemmte die Mistgabel unter den Arm, um die Hände frei zu haben. Dann versuchte er, das Zeichen nachzuahmen. »So?«
    »Ja.«
    »Und das heißt ja?«
    Wieder nickte sie. Er probierte die Zeichen mehrmals, um sie sich einzuprägen, und sie lächelte beifällig. Dann sah sie ostentativ zu dem frischen Stroh hinunter, das er in der gereinigten Box ausgebreitet hatte.
    Als sie wieder ihn anblickte, zuckte Jack etwas verlegen die Achseln. »Wahrscheinlich glaubt Delray, ich hätte die Kühe getötet.«
    Er wußte, daß er richtig vermutet hatte, als sie den Blick senkte. Nun tippte er ihr auf den Arm. »Glaubt er

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