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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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hielt die Pistole immer noch in der rechten Hand, als er mit der linken den Öffnungsring aus seiner Vertiefung klappte und den schweren, rostigen Deckel zur Seite zog. Die Dichtung taugte nichts mehr. Bröckchen zerbröselnden Gummis fielen in die Dunkelheit hinunter.
    Aus dem Eruptionskanal erhob sich etwas und flatterte in sein Gesicht. Er wich angeekelt davor zurück, ehe ihm klar wurde, dass es nichts Lebendiges war, nichts, was Substanz besaß. Kein Luftzug würde ihn in so dichten rhythmischen Wellen überspülen; daher musste es das Pulsieren irgendwelcher Energien sein, vielleicht ein schwacher Überrest der gewaltigen strömenden Bläue, die schon zuvor aus dem Loch gesprudelt war. Tief unten in dem Schacht bildeten sich vereinzelte Schlan gen aus blauem Licht, wanden sich um die gewölbte Oberfläche, wurden gelöscht, und neue wurden geboren. Als ihm die Energien entgegenflatteren, fühlte er das Summen seiner Gürtelschnalle auf seinem Unterleib, und in seiner Hemdtasche zuckte schwach seine Lesebrille mit dem Metallgestell.
    Falls ein Teil der Erklärung für diese Vorfälle etwas mit einem Magnetfeld zu tun hatte, vermutete er, der Eruptionskanal müsse der obere Bereich einer komplizierten Stromleitung sein, die bis ganz nach innen zum hochgradig magnetischen Kern der Erde selbst führte. Aber er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum nur Lebewesen und die Besitztümer, die sie am Leib trugen, in der Zeit nach vorn geschleudert wurden, obwohl das offenbar der Fall war.
    Wie auch immer es dazu kam – man saß hier nicht unbedingt fest. Andrew North Pendleton hatte es nach Hause ge schafft, zurück in seine eigene Zeit, seine Frau und seine Kinder dagegen nicht. Von den neun Angehörigen der Familie Ostock und den sieben Hausangestellten, die in diese Zukunft gebracht worden waren, waren fünf Familienmitglieder und drei Bedienstete nach ihren Qualen hier in das Jahr 1935 zurückgekehrt, wenngleich auch nur, um von Nolan Tolliver, dem Butler, ermordet zu werden.
    Mit seiner linken Hand fischte er die kleine Taschenlampe, die er vor der Veränderung im Wachraum von dem Waffengurt des Wächters genommen hatte, aus einer seiner Taschen. Er hatte die Absicht, sich nach oben zu begeben, wo andere Hausbewohner das Geschehen unsäglich schockiert verfolgt haben mussten. Die Geschichte des Hauses, die er ihnen erzählen würde, könnte ihnen, wenn schon sonst nichts, so doch ein wenig Hoffnung geben: Wir werden wieder nach Hause kommen, zumindest diejenigen von uns, die am Leben bleiben, bis sich das Geschehen umkehrt. Eine kleine Hoffnung, wenn auch keine Gewissheit.
    Der grelle Strahl der LED -Taschenlampe zeigte verstreute Knochen und Schädel und ein paar vollständige Skelette von Ratten. Sie waren weiße Hieroglyphen auf dem grauen Boden, Symbole, die darauf warteten, übersetzt zu werden.
    Vielleicht verlieh die Pistole Silas eine Art von törichtem Mut, aber als seine Intuition ihm sagte, hier gäbe es etwas Wichtiges zu entdecken, bevor er nach oben ging, zögerte er nur kurz, ehe er sich von der Tür in den Flur abwandte. Ohne sämtliche Fakten konnte man in einem Gerichtssaal nicht gewinnen und in diesem Fall wurde über sein eigenes Leben und das all seiner Nachbarn verhandelt.
    Er trat vorsichtig auf, um zu vermeiden, dass die Rattenknochen unter seinen Füßen zerbrachen, als er tiefer in den riesigen Raum hineinging und den Lichtstrahl über die schwerfälligen Geräte gleiten ließ. Als der Strahl auf eine Formation von phosphoreszierenden Pilzen traf, vibrierte die Pilzkolonie und schimmerte einen Moment lang heller; ihre Reaktion wies auf einen sinnlichen Aspekt hin, als schöpfe sie Lust aus der Kontaktaufnahme oder sei vielleicht mit Schmerz vertraut.
    * * *

Sparkle Sykes
    Während sie im Wohnzimmer der Cupps an einem der Fenster stand und beobachtete, wie sich die Steppe aus phosphoreszierenden blassgrünen Gräsern im Mondschein wiegte, als würden ihre Richtungswechsel durch ein träges Metronom bestimmt, und dem eindringlichen Gespräch der anderen lauschte, hatte Sparkle das sichere Gefühl, sie würde das lebend überstehen, denn dies sei, wie auch immer sie einst sterben sollte, weder die Nacht noch der Ort dafür.
    Wenn irgendeine Macht, die kolossal genug war, um die Realität zu verändern, sie hierherbringen konnte, wo auch immer hier sein mochte, dann konnte diese Macht sie auch wieder dorthin zurückbringen, wo sie hergekommen waren, an den Ort, an den sie

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