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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Manifestationen. Ich kenne sie, denn ich weiß alles. Nicht alle werden umkommen, aber fast alle. Insbesondere gelüstet es mich nach den Kindern; ich dulde keine Unschuld, und ich verabscheue Sanftmut. Der ehemalige Marine wird erkennen, dass die Prinzipien von Ehre und Verantwortung unter meiner Herrschaft nicht belohnt werden.
    Jene, die einander möglicherweise lieben, werden durch die Liebe nicht errettet. Die einzige Liebe, die zählt, ist die Eigenliebe und das einzige Ich, das es wert ist, geliebt zu werden, ist das Eine.

9 Apartment 2-A
    Der fast neun Jahre alte Winny hatte sich in seinem Zimmer auf einem Sessel zusammengerollt und sah sich drei Bücher an, um zu entscheiden, welches er als Nächstes lesen wollte. Offiziell war er ein Viertklässler, aber lesen konnte er wie ein Schüler der siebten Klasse. Er war getestet worden. Es stimmte. Er platzte nicht vor Stolz darauf. Er wusste, dass er weder klug noch sonst was war. Wenn er klug wäre, wüsste er, was man zu anderen sagte. Er wusste nie, was er zu irgendwelchen Leuten sagen sollte. Seine Mom behauptete, er sei schüchtern, und vielleicht war er das ja, aber auch das änderte nichts daran, dass er einfach nicht wusste, was er sagen sollte, und ein wirklich kluger Mensch hätte das gewusst.
    Dass er so gut lesen konnte, lag nur daran, dass er schon las, solange er zurückdenken konnte. Erst Bilderbücher mit ein paar Wörtern. Dann Bücher mit weniger Bildern und mehr Wörtern. Dann Bücher, die gar keine Bilder mehr hatten. Derzeit las er vorwiegend Jugendbücher, Romane für junge Menschen. Aber in wenigen Jahren würde er wahrscheinlich tausendseitige Bücher für Erwachsene lesen, was auch immer, es sei denn, er las so viel, dass sein Kopf platzte. Dann wäre Schluss damit.
    Sein Dad, der in Nashville und Los Angeles zu Hause war und weniger oft vorbeikam als der Paketpostbote und fast so selten wie der Weihnachtsmann, wollte nicht, dass Winny seine Nase ständig in Bücher steckte. Er behauptete, jeder Junge, der die ganze Zeit Bücher las, könnte sich in einen Waschlappen oder sogar in einen Autisten verwandeln, was auch immer das war. Sein Dad wollte, dass er sich mehr mit Musik befasste. Winny mochte Musik, aber er mochte sie nicht so sehr wie das Lesen und das Schreiben.
    Außerdem würde er niemals im Musikgeschäft arbeiten. Sein Dad war ein bekannter Sänger und seine Mom genoss als Songwriterin einen gewissen Ruhm, aber Winny wollte niemals für irgendetwas berühmt werden. Was Schlimmeres als berühmt zu sein und nie zu wissen, was er sagen sollte, konnte er sich nicht vorstellen; alle würden an seinen Lippen hängen, über die dann doch kein Wort käme. Das wäre, als fiele man zwanzigmal am Tag vor aller Augen mit der Fresse in den Dreck. Und das an jedem einzelnen Tag seines Lebens. Im Musikgeschäft schienen immer alle zu wissen, was sie sagen sollten. Manche hielten nie den Mund. Die Musik konnte man glatt vergessen.
    Es konnte durchaus sein, dass Winny ein Waschlappen war, wie sein Vater es befürchtete. Er wusste es nicht. Ihm gefiel die Vorstellung, es nicht zu sein. Aber er war noch nie auf die Probe gestellt worden. Vier Tage in der Woche besuche er die Grace-Lyman-Schule, die von Mrs. Grace Lyman gegründet worden war. Sie war schon vor dreißig Jahren gestorben, aber es war eine exklusive Schule, obwohl sie längst tot war. Natürlich war sie nicht mehr in der Schule. Sie bewahrten ihren Leichnam nicht in einem großen Gefäß auf oder so. Das wäre cool gewesen, aber sie taten es nicht. Er wusste nicht, wo ihre Leiche war. Niemand sprach jemals darüber. Vielleicht wusste es keiner. Grace Lyman war tot, aber der Schulbetrieb lief immer noch nach ihren Regeln ab, und eine ihrer Regeln war null Toleranz gegenüber Schülern, die andere schikanierten. Doch wenn er nie in direkten Kontakt mit jemandem kam, der ihn schikanieren wollte, konnte er sich eben auch nicht sicher sein, ob er ein Waschlappen war oder nicht.
    Er könnte sogar ein Mörder sein. Wenn jemand anfing, ihn rumzuschubsen, und ihn richtig in Rage brachte, würde er vielleicht zum Berserker und dem Kerl den Kopf abreißen oder so was. Er glaubte nicht, dass er ein durchgedrehter Killer war, aber er war nie auf die Probe gestellt worden. Eines hatte Winny aus Büchern gelernt: Man musste im Leben auf die Probe gestellt werden, um herauszufinden, wer und wozu man fähig war. Hoffnungsloser Waschlappen, edler Krieger, Irrer – er konnte alles sein und würde es

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