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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Frau, die sie immer gewesen war.
    * * *

Silas Kinsley
    Nach der kurzen Begegnung mit Andrew North Pendleton in einer Version des Foyers aus dem späten neunzehnten Jahrhundert – das zu jener Zeit, vor mehr als hundert Jahren, ein Empfangsraum gewesen war – und seinem kurzen Gespräch mit Padmini Bahrati, nachdem sich das Belle Vista wieder in das Pendleton zurückverwandelt hatte, wusste Silas, dass das, was sich alle achtunddreißig Jahre in diesem Gebäude abspielte, gerade wieder geschah, eher, als er es erwartet hatte. Da er im Restaurant Topper’s mit Perry Kyser gesprochen hatte, wusste er, dass es keine Party werden würde, die jemand zu seinem Vergnügen besucht hätte, und wahrscheinlich würde keiner das Glück haben, sie zu überleben. Daher bestand sein erster Impuls darin, das Gebäude augenblicklich zu verlassen, durch die Eingangstür in den Regen zu rasen und um sein Leben zu laufen.
    Drei Jahre, nachdem er Nora verloren hatte und in einer Welt, in der die meisten seiner Freunde vor ihm gestorben waren, kinderlos zurückgeblieben war, gab es für Silas jedoch keine Zuflucht und auch niemanden, für den es sich zu leben lohnte. Er hatte jetzt nur noch seine Schuldigkeit gegenüber den Bewohnern des Pendleton zu erfüllen, seinen Nachbarn, die er gar nicht alle kannte.
    Im ersten Moment konnte er sich nicht vorstellen, wie er diese Aufgabe in Angriff nehmen sollte. Im Feueralarmsystem des Gebäudes, das vollautomatisch war, mit Rauchmeldern und Sprinklern, die in jede Decke eingelassen waren, gab es keine Kästen, deren Scheibe man einschlug, um dann den Alarmknopf zu drücken. Er hatte nichts, womit er ein Feuer anzünden konnte, damit es den Alarm auslöste und die Bewohner das Gebäude räumten.
    Padmini legte ihren Kopf zur Seite und sagte mit einem skeptischen Lächeln: »Stimmt etwas nicht, Mr. Kinsley?«
    Er fühlte sich alt und müde und hilflos. Ihm fiel nichts ein, was er zu ihr hätte sagen können. Alles würde töricht klingen und den Verdacht in ihr aufkommen lassen, er litte an Demenz.
    »Ich muss mit dem Wachmann sprechen«, sagte er und ging auf die Tür zwischen dem Foyer und dem Hausflur im Erdgeschoss zu.
    Ehe Silas seinen Schlüssel aus der Tasche seines Regenmantels herausfummeln konnte, war Padmini hinter den Empfangstisch getreten und hatte den Türdrücker betätigt.
    »Soll ich ihm Bescheid sagen, dass Sie auf dem Weg sind?«, fragte sie, doch Silas erwiderte nichts darauf, während er schon den Hausflur im Erdgeschoss betrat und die Flügeltüren hinter sich zufallen ließ. Das elektronische Schloss schnappte mit einem Surren und einem Klicken wieder ein.
    Was auch immer sich hier abspielen würde – sich schon in den vergangenen zwei Tagen hier abgespielt hatte –, das hatte etwas mit der Zeit zu tun. Es gab ein Problem mit der Zeit. Das späte neunzehnte Jahrhundert floss in das Jahr 2011, die Vergangenheit und die Gegenwart waren durcheinandergeraten. Und vielleicht nicht nur die Vergangenheit und die Gegenwart. Vielleicht auch die Zukunft. Dieses Ding, das Perry Kyser 1973 während des Umbaus und der Renovierungsarbeiten in dem Korridor im Keller gesehen hatte, stammte nicht aus dem Jahr 2011 oder aus irgendeiner Zeit, die vor der gegenwärtigen lag.
    Das Echo von Perrys Stimme hallte unheilvoll in seinem Gedächtnis: Es ist groß. So groß wie ich. Größer. So bleich wie eine Made und es sieht auch ein bisschen so aus wie eine Made, ist aber keine, weil es nämlich irgendwie auch etwas von einer Spinne hat, aber ein Insekt ist es auch nicht, es ist zu fleischig für eine Spinne …
    Silas wandte sich nach rechts und eilte zum südlichen Aufzug. Er würde ihn direkt vor die Tür des Wachraums bringen.
    Er fragte sich, wer wohl Dienst hatte, und hoffte, es würde ein ehemaliger Polizeibeamter sein, was die meisten von ihnen zu sein schienen. Er war nicht immer auf Privatrecht spezialisiert gewesen. Er hatte als Strafverteidiger angefangen, aber dazu hatte er nicht getaugt, weil er für die meisten der menschlichen Wracks, zu deren Verteidigung er bestellt wurde, nicht viel Mitgefühl aufbringen konnte. Er identifizierte sich mit den Opfern. Natürlich hatte jeder eine Strafverteidigung verdient, sogar die übelsten Vergewaltiger und Mörder. Daher hatte er nach ein paar Jahren das Fachgebiet gewechselt und die Strafverteidigung den Männern überlassen, die eine großzügigere Gesinnung und größere – oder kältere – Herzen besaßen als er. Aber während

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