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Nachtjaeger

Nachtjaeger

Titel: Nachtjaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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angespannt und ihr direkt in die Augen schauend.
    Er erwiderte ihren Blick aus tödlich kalten Augen.

25
    Christian blickte schweigend aus den großen Fenstern ihres Zimmers, das in Rosa- und Goldtönen gehalten war. Er hatte ihr den Rücken zugewandt und die Hände verschränkt. Jenna sah sich hektisch im Zimmer um, nahm jedoch nichts wahr, außer dem sich wiederholenden Muster von Efeu auf der Tapete, das sich zu roten Flecken hinter ihren Lidern verwandelte, wenn sie die Augen schloss.
    Das hatte sie während der vergangenen Minuten immer wieder getan.
    Der Stuhl, auf dem sie saß, schien seltsam zerbrechlich zu sein. Fast fürchtete sie, dass er sich bei einer Verlagerung ihres Gewichts mit einem leisen Knall einfach in Rauch auflösen würde. Tatsächlich kam es ihr so vor, als hätte nichts um sie herum mehr Bestand. Selbst die Hände in ihrem Schoß standen in Gefahr, sich in leere Luft aufzulösen. Es kam ihr alles wie in einem Traum vor.
    Nachdem sie die Tage mit Morgan in ihrem Zimmer verbracht hatte, wusste Jenna, dass es wie ein Kerker versiegelt war. Sie war Hunderte Male in Nebelgestalt alle Wände und Decken entlanggeschwebt, um nach einer Fluchtmöglichkeit zu suchen, nach irgendeiner Art von Ausgang. Aber sie hatte nichts gefunden.
    Es gab keine Griffe an den Fenstern, keine Risse in den Scheiben, keinen Kamin oder Schornstein, durch die sie in die Freiheit des Himmels hätte entkommen können. Auch durch den Boden drang nicht einmal ein Lufthauch. Das Parkett war so nahtlos gelegt worden, dass es keine Lücken gab. Jenna befand sich in einem vollkommen abgedichteten Raum. In einem Grab.
    Man hatte sich gut auf ihre Ankunft vorbereitet. Es würde keine Flucht möglich sein, bis Leander beschloss, sie gehen zu lassen. Falls Leander beschloss, sie gehen zu lassen.
    Wenn sie dich jemals finden sollten … Lauf …
    Wie sehr sie sich jetzt wünschte, auf ihre Mutter gehört zu haben. Wie hatte sie nur so töricht und unvernünftig sein können!
    Er liebte sie nicht. Er vertraute ihr nicht. Er hatte ihr nicht einmal erlaubt, etwas zu ihrer Verteidigung zu sagen, bevor er sie unter Bewachung weggeschickt und dazu gezwungen hatte, auf ihn zu warten. Er wusste, dass er glaubte, sie stecke mit Morgan unter einer Decke und plane, die Ikati zu vernichten. Er sah sie als eine Verräterin. Inzwischen wusste sie mehr als genau, was mit jenen geschah, die sich ihrem rohen, gnadenlosen Gesetz nicht unterwarfen …
    Ihr Mund fühlte sich trocken an.
    Die Standuhr in der Ecke begann, die Stunde zu schlagen. Der Klang hallte unheimlich in ihren Ohren wider.
    »Ich weiß, dass du nichts mit Darias Verschwinden zu tun hast«, erklärte Christian leise. Seine Worte rissen Jenna aus der Betrachtung ihres Handrückens. Er wandte ihr den Kopf zu, um sie aus halb geschlossenen Augen zu mustern. Wie er so vor den Seidenvorhängen und den grauen Wolken vor den Fenstern stand, wirkte er so kühl und unnahbar wie der Regen, der sich wieder über den smaragdgrünen Wald in der Ferne ergoss.
    »Es ist nett, dass du das sagst, Christian«, antwortete Jenna ruhig. »Aber euer Rat scheint nicht der gleichen Meinung zu sein.« Ihre Stimme wurde leiser. »Und dein Bruder auch nicht.«
    Leander! Oh, Leander! Wie nahe wir uns gekommen sind.
    Sie konnte ihn noch immer auf ihrer Haut wahrnehmen. Sie spürte noch seinen heißen Atem in ihrem Ohr und hörte sein lustvolles Stöhnen, als er in sie eingedrungen war. Beinahe glaubte sie, die samtige Süße seiner Zunge zu schmecken, als er sie in ihren Mund geschoben hatte.
    Doch all das war jetzt vorbei. Ein kleiner Wimpernschlag – nichts konnte jemals dieses Gefühl des Glücks zu ihr zurückbringen.
    Christian sah sie mit undurchdringlicher Miene an. Seine Augen und sein Gesicht lagen im Schatten, während das graue Licht, das durch die Fenster fiel, seinen Kopf von hinten erhellte.
    »Liebst du ihn?«, wollte er plötzlich mit einer etwas zu lauten Stimme wissen.
    Diese Frage überraschte Jenna. Sie starrte ihn durch das Zimmer hinweg an, während sie auf einmal etwas verstand: Es war durchaus möglich, dass man sie noch in der nächsten Stunde als Hochverräterin hinrichten würde. Sie wollte sich jetzt also nicht als Feigling zeigen, jetzt, wenn ihr Leben vielleicht fast zu Ende war.
    Sie wollte nicht lügen. Weder vor ihm noch vor sich selbst.
    »Ja«, hauchte sie, wobei sie das Wort kaum aus ihrer Kehle brachte.
    Er blinzelte nur und wandte sich dann wieder dem Fenster zu. Fast schien

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