Nachtjaeger
kalten, schönen Lächeln. »Wir werden sie alle vernichten.«
Nichts regte sich. Nichts gab einen Ton von sich, und soweit sie das beurteilen konnte, schien auch nichts zu atmen.
Sie war allein. Für wie lange sie das noch sein würde, wollte sie sich gar nicht erst ausmalen.
Als Nebel hing sie an der Decke in der kleinen Diele des Hauses. Einen Moment lang sah sie sich um. Die Möbel waren aus schwerem Holz, und auf dem Boden lagen blutrote, spanische Fliesen. Barockspiegel hingen in kleinen Gruppen an den Wänden. Ihre reflektierenden Oberflächen verstärkten das schwache Licht, das durch die Fensterläden hereinfiel. Jenna hatte fast das Gefühl, in tausend Spiegel und dunkle Räume zu blicken, als ob sie sich in irgendeinem schrecklichen Spukhaus befinden würde.
Wenn da nicht die Videokamera gewesen wäre, die auf einem Stativ in einer Ecke des Wohnzimmers stand. In einem Arbeitszimmer befanden sich zudem auf einem schweren Schreibtisch aus Eiche ein Computer und ein Drucker. Sonst strahlte das Haus eine unheimliche, beinahe mittelalterlich anmutende Atmosphäre aus. Neben einer Glasvitrine stand sogar eine alt aussehende Ritterrüstung, während in der Vitrine selbst eine erstaunlich vielfältige Sammlung antiker Waffen ausgestellt war.
Die Vitrine nahm eine ganze Wand des Wohnzimmers ein, und ihr Anblick machte Jenna Angst.
Sie kroch so langsam über die Decke, wie es nur irgendwie ging. All ihre Sinne waren weit geöffnet, um jede Bewegung wahrzunehmen. Nachdem sie durch eine Türöffnung geschwebt war, befand sie sich in einem langen Korridor, auf dessen beiden Seiten geschlossene Türen waren. Die Türen waren aus Eisen. Obwohl man sie weiß gestrichen hatte, um von ihrer wahren Funktion abzulenken, konnte Jenna ihre Kälte und Härte spüren, die wie schwarzes Eis glatt und heimtückisch von ihnen ausstrahlten. Die Decke war mit einer groben Raufasertapete beklebt. Sie spürte nichts hinter diesen undurchdringlichen Türen – keinen Herzschlag oder Wärme, keinen Hinweis auf Daria oder die Expurgari.
Langsam kroch sie weiter. Sie dehnte sich auf der unebenen Decke so weit wie möglich aus und versuchte dabei, all ihren Mut zusammenzunehmen.
Durch die Tür am Ende des Ganges drang ein ausgesprochen schwacher Geruch nach Kupfer und Salz. Blut.
Jenna glitt auf den Boden. Sie breitete sich zuerst über den einen und dann über den anderen Türpfosten aus, um so möglicherweise eine Lücke zu finden, durch die sie hindurchpasste. Die eiskalte Oberfläche ließ sie frieren. Aber es gab keine Lücke. Die Tür war ebenso wie die anderen aus Eisen und genauso perfekt versiegelt.
Sie betrachtete die Klinke. Natürlich war die Tür abgeschlossen. Die Männer würden auch sicherlich nicht so dumm sein, einen Schlüssel herumliegen zu lassen, auch wenn das jetzt für sie höchst praktisch gewesen wäre.
Einen Moment lang schwebte sie unentschlossen und zögernd in der Luft. Dann verwandelte sie sich wieder in eine Frau. Die spanischen Fliesen fühlten sich unter ihren nackten Füßen unangenehm glatt an. Sie kniete sich auf den Boden und schaute unter die Türklinke. Dann konnte sie nicht anders: Sie musste grinsen.
Offensichtlich brauchte sie gar keinen Schlüssel.
Jenna verwandelte sich wieder in Nebel und begann, langsam durch das Schlüsselloch zu dringen.
Leander suchte allein Jennas leere Räume auf. Er stand vor dem kaputten Fenster, durch das Kälte und Regen eindrangen. Unter seinen Stiefeln knirschten Glasscherben und Marmorstücke, als ob es sich um Knochen handeln würde.
Seine Männer hatten ihre Befehle erteilt bekommen. Die Kolonie bereitete sich auf den Krieg vor. Sie hatten sich seit Jahrtausenden versteckt, doch nie vergessen, wie sie kämpfen mussten. Sie waren Ikati. Sie waren Sieger. Der Kampf lag ihnen im Blut.
Und sie würden gewinnen. Selbst wenn er jeden einzelnen der Expurgari mit einen bloßen Händen töten musste. Er würde sicherstellen, dass sie gewannen.
Er richtete den Blick nach Osten, wo sich die kalte Sonne hinter einem Schleier aus Sturmwolken verbarg. Dort nahm er eine Spur von ihr im Wind wahr.
Jenna war noch immer hier. Wie ein Geist schwebte ihr kühler Duft nach Winterrosen und frischer Luft um ihn und ließ ihn an die Weichheit ihrer Haut, die Form ihrer Brüste und Hüften und die heftige Leidenschaft ihres Körpers denken, als sie sich ihm hingegeben hatte.
Ihr Duft schien ihn leise zu begrüßen – der Duft seines schönen Panther-Mädchens. So
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