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Nachtjaeger

Nachtjaeger

Titel: Nachtjaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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dass es wehtun wird, hoffe ich inbrünstig, dass du mir gibst, was ich will.« Sie schlug die Augen wieder auf und sah ihn voll sehnsüchtiger Verletzlichkeit an.
    Er stand wie gebannt da. Ein Windhauch spielte mit einer Locke ihres goldenen Haares und blies sie sanft über ihre Schulter.
    »Alles, was du wünschst«, murmelte er wie benommen. Sein Herz verkrampfte sich auf einmal vor Angst. Ich würde dir alles geben, nur damit du mich eine Sekunde länger so ansiehst.
    »Ich will die Wahrheit«, sagte sie entschlossen. »Alles, was du mir bisher nicht sagen wolltest. Genau das will ich hören. Und ich will es jetzt hören.« Sie ließ ihn nicht aus den Augen. Das rauchig süße Timbre ihrer Stimme war wie Satin in seinen Ohren. Er vermochte kaum zu atmen, so sehr hatte ihn ihre Schönheit und seine Sehnsucht nach ihr erfasst.
    »Die Wahrheit«, wiederholte er noch immer benommen. Er versuchte, sich auf ihre Worte zu konzentrieren.
    Sie klang jetzt sehr ruhig. »Was ist mit meinem Vater passiert?«
    »Dein Vater wurde …« Er wurde hingerichtet, hätte Leander beinahe gesagt. Gerade noch rechtzeitig biss er sich auf die Zunge. Das wollte er ihr nicht antun. Nachdem er tief durchgeatmet hatte, sprach er weiter. »Dein Vater war ein bewundernswerter Mann.«
    Ihre Augen weiteten sich. »Du kanntest ihn?«, fragte sie ungläubig.
    »Jeder Ikati auf der ganzen Welt kannte ihn. Er war eine Legende.«
    Er sah, wie überrascht sie war, und wie sie versuchte, diese Überraschung vor ihm zu verbergen. »Weil er der Alpha war.« Sie runzelte die Stirn und begann auf ihrer Unterlippe herumzukauen. Er hätte am liebsten mit dem Finger über ihren Mund gestrichen, mit seiner Zunge ihre Unterlippe befreit.
    »Weil er der mächtigste Anführer war, den unsere Spezies jemals gehabt hatte. Noch nie zuvor hatte es jemanden mit solchen Begabungen gegeben.«
    Leander blickte zu dem riesigen, uralten Wald hinüber, wo seine Wachen die Grenzen abliefen und wo die Bäume rauchblau in der Morgensonne schimmerten. »Und wegen seines Opfers.«
    »Wegen seines Opfers«, sagte sie, wobei er das Beben in ihrer Stimme hörte. »Welches Opfer?«
    Leander spürte ihren Blick, ohne dass er sie ansah. Er spürte, wie ihr Körper steif und regungslos wurde, und er hörte, dass ihr Herz einen Moment lang aussetzte. Sie war schön und so wertvoll. Sie kannte die Welt der Ikati und Sommerley noch nicht, auch wenn er vorhatte, sie für immer hierzubehalten. Für immer an seiner Seite.
    Er wollte sie nicht verletzen.
    Deshalb vermochte er ihr nicht zu sagen, dass er zugesehen hatte, wie ihr Vater starb – ebenso wie es sein Vater, sein Bruder und alle anderen Alpha ihrer Spezies auf der ganzen Welt, jeder Ikati seiner Kolonie getan hatte. Er konnte diesem Wesen, das ihn so aufmerksam und hinreißend ansah, nicht erklären, wie er entsetzt und hilflos dagestanden und beobachtet hatte, was Rylan Moore angetan wurde. Wie der Alpha durch die Entscheidung des Rats als Beispiel für jemanden dienen sollte, der die Gesetze gebrochen hatte. Der Rat wollte allen demonstrieren, wie so jemand behandelt wurde, und jeder sollte sehen, was es bedeutete, das herzlose, ewig gleiche Gesetz der Ikati zu brechen.
    Es war kein schneller Tod gewesen und auch kein barmherziger. Die Expurgari wären vermutlich höchst begeistert gewesen, wenn sie gesehen hätten, was man dem in Ungnade gefallenen Alpha angetan hatte.
    »Das Gesetz der Ikati ist unabänderlich, Jenna«, sagte Leander leise und vermied es, sie anzusehen. »Man muss dem Gesetz gehorchen. Und dem Willen des Rats. Das ist, was uns zusammenhält, was es uns ermöglicht, in einer Welt zu überleben, die uns zerstören, vernichten möchte. Ganz gleich, welche Stellung ein Ikati innehat, der das Gesetz bricht. Ganz gleich, um welche Art von Gesetzesbruch es sich handelt – es folgt immer die Strafe auf den Fuß.«
    »Strafe?«, flüsterte sie. Sie wich einen Schritt zurück.
    »Es ist verboten, einen Menschen zu heiraten«, sagte er und beobachtete sie dabei aufmerksam. »Es ist verboten, ein Kind mit einem Menschen zu zeugen. Die Strafe dafür ist …« Der Tod. »Gefängnis.«
    »Gefängnis«, wiederholte sie. Ihre Stimme klang wie die eines kleinen Kindes. »Für wie lange?«
    »Für immer«, erwiderte er schlicht.
    Sie versuchte das zu verdauen. Zwei rote Flecken zeigten sich auf ihren Wangen. Sie sah ihn mit leicht geöffneten Lippen an. Das Sonnenlicht spielte mit ihren Haaren.
    »Für ihn dauerte es allerdings

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