Nachtkalt: Psychothriller (German Edition)
wieder da und schnürte Anja die Luft ab, trotzdem schaffte sie es gepresst zu fragen: »Ist er wieder da?« Doch statt zu antworten, winkte Gerald kurz in Richtung Waldrand und kam dann zu ihr herunter.
»Also?«, fragte sie wütend. »Ist der Mann wieder da gewesen?«
Gerald sah sie mit starrer Mimik an, schüttelte dann aber den Kopf: »Hab nur gehofft, dass Freund da.«
Irgendwie traute Anja ihrem Bruder nicht, stieg selbst auf den Schreibtisch und starrte selbst hinaus in die Dunkelheit, doch außer sich leicht im Wind wiegende Bäume war nichts zu erkennen.
Sie schloss das Fenster, redete ihrem Bruder ins Gewissen und wurde anschließend von dem Kurzzeitwecker in die Küche gerufen.
Kaum dass sie das Essen aus dem Ofen genommen hatte, läutete es auch schon an der Tür. Anja hatte die Klinke schon in der Hand, als sie sich besann und laut fragte: »Wer ist da?« Erleichtert vernahm sie erst Utes, dann Florians Stimme, öffnete die Tür und nahm einen nach dem anderen in den Arm. Nachdem alle im Haus waren, fragte sie verwundert: »Ihr kennt euch?«
»Haben uns gerade kennengelernt«, antwortete Ute und zwinkerte ihr grinsend zu.
»Stimmt«, bestätigte Florian, »vom Sehen kannten wir uns ja schon und da ich mir dachte, dass Ute auf dem Weg zu dir ist, habe ich sie im Bus angesprochen.«
»Prima«, freute sich Anja und bat Florian noch eine Flasche Wein aus dem Keller zu holen. Während dieser ihrer Bitte nachkam, gingen die beiden Frauen in die Küche und Ute raunte ihr zu: »Der ist ja süß, wie konntest du ihn mir so lange vorenthalten?«
Da Anja ihre Freundin kannte, verstand sie den Satz nicht falsch und winkte ab: »Du glaubst nicht, was bei mir in den letzten Tagen los war. Aber das erzähle ich dir später, jetzt freue ich mich erst einmal, dass ihr hier seid. Das Essen ist auch gleich fertig, wir müssen nur noch den Tisch decken.«
Bevor Ute Anstalten machte ihr zu helfen, sah sie sich erst einmal um: »Hier hat sich ja überhaupt nichts verändert. Wann war ich das letzte Mal mit dir bei deiner Mutter?«
»Zwei Jahre ist das bestimmt her!«, rief Anja aus der Küche, während sie Florian noch einmal, aber dieses Mal mit einem Kuss begrüßte. Dann bat sie ihre Freundin: »Kannst du den Tisch bitte für vier decken? Gerald ist auch hier.«
»Alles klar!«, rief Ute vom Wohnzimmer aus zurück.
Nach dem Essen holte Florian noch eine weitere Flasche Rotwein aus dem Keller und sie quatschten über Erlangen, die Uni und ein paar ihrer gemeinsamen Bekannten dort. Gerald saß währenddessen auf dem Sofa und starrte statt auf den Fernseher zur Terrassentür hinaus. Gerade als Anjas Glas wieder gefüllt war, klingelte draußen im Flur das Telefon und ließ sie etwas zusammenzucken. Da Ute der ernste Blickwechsel zwischen Anja und Florian nicht entgangen war, fragte sie: »Ist es so schlimm?« Von ihrem Telefonat mit Anja wusste sie zwar, dass diese von jemand gestalkt wurde; welche Ausmaße es in der Zwischenzeit angenommen hatte, wusste sie allerdings nicht.
»Ist vielleicht nur die Klinik«, winkte Anja ab, spürte aber selbst, dass das nicht besonders überzeugt rüberkam. Dann stand sie auf, verließ den Raum und hob ab.
Als sie zehn Minuten später wieder den Raum betrat, fand sie die beiden anderen bei einem Fachgespräch über ihr Studium wieder. Florian sah sie an, als suchte er in ihrem Gesichtsausdruck einen Anhaltspunkt, wer der Anrufer war, und Anja erklärte ungefragt: »Das war ein Privatdetektiv, den ich heute engagiert habe.«
»Dieser Köstner?«, fragte Florian, worauf Anja erzählte, was ihr vor wenigen Stunden in ihrer Wohnung passiert war.
»Und die Polizei nimmt das nicht ernst?«, war es nun Ute, die dies nicht glauben konnte.
Anja schüttelte den Kopf: »Nein, es gibt keine echten Beweise. Die haben mir sogar schon unterstellt, dass ich das alles erfinde.« Dann nahm sie einen großen Schluck aus ihrem Weinglas und verkündete: »Aber eigentlich wollte ich heute Abend gar nichts davon hören. Es tut gut, euch hier zu haben! Ich bringe jetzt noch schnell Gerald hinauf und dann musst du mir erzählen, wie es um René und dich steht.« Ute funkelte sie böse an, stimmte dann aber zu.
Anja ging zum Sofa und wollte gerade zu Gerald sagen, dass er ins Bett musste, als ihr auffiel, wohin dieser blickte. Sie spürte dieselbe Wut wie oben an dem offenen Fenster und raunte ihn an: »Na, dein toller Freund kommt wohl nicht mehr?« Doch dann wurde ihr trotz des Weins
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