Nachtkalt: Psychothriller (German Edition)
meines Sohnes, durch die andere Tür geht es ins Bad.«
Mike entschuldigte sich, ging kurz auf die Toilette und verabschiedete sich dann endgültig.
Nach einem Blick auf die Uhr verwarf Mike sein Vorhaben, noch zu der JVA Straubing zu fahren. Er freute sich schon auf das Essen mit Jenni und wollte es unter keinen Umständen absagen. Bevor er den Motor anließ, lehnte er sich kurz nach hinten, schloss die Augen und versuchte ein wenig die Fakten zu ordnen. Neben Anja Langes Vater blieb im Augenblick nur noch die Überprüfung ihres Freundes, von dem er eigentlich nur das wusste, was ihm Jänke vorhin beim Essen erzählt hatte.
Eine Fahrt nach Erlangen war noch zu schaffen und so startete Mike den Motor, der bei diesem kalten Wetter nur widerwillig seinen Dienst aufnahm, und reihte sich in den Verkehr ein.
Da er zügig vorankam, fuhr er in Erlangen einen kleinen Umweg zu der Behinderteneinrichtung und von dort weiter bis zu der besagten McDonalds-Filiale. Was er dabei allerdings nicht bedacht hatte, war der Umstand, dass dort inzwischen die Spätschicht arbeitete. Egal welchen der Angestellten er fragte, niemand konnte ihm etwas über Gerald sagen.
Etwas enttäuscht programmierte er das Navi neu und hielt nur fünf Minuten später vor dem kleinen Häuschen, in dem Florian Engler eine kleine Einliegerwohnung angemietet hatte.
Aus Erfahrung wusste er, dass es das Beste ist, die Menschen erst einmal von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen. Schon alleine die Körpersprache ließ viele Schlüsse auf einen Menschen zu und jemanden beim Lügen ins Gesicht sehen zu müssen, war doch etwas anderes.
Bisher hatte Mike diesen Florian Engler nur auf einem Handyfoto gesehen und der Mann, welcher ihm jetzt die Tür öffnete, war es eindeutig nicht. Allerdings erfuhr er wenigstens, dass Herr Engler in den letzten Tagen nicht oft zuhause gewesen war und es auch jetzt nicht war.
Mike bedankte sich, stieg wieder in sein Auto und dachte gerade über seine nächsten Schritte nach, als ein eng umschlungenes Pärchen an der nächsten Hausecke auftauchte und langsam auf ihn zukam. Durch die einsetzende Dämmerung brauchte Mike eine Weile, doch dann war er sich sicher. Der Mann war auf jeden Fall dieser Florian und bei der jungen Frau konnte es sich um die Freundin handeln, von der ihm Anja Lange erzählt hatte. Ohne Mike wahrzunehmen, blieben die beiden kurz vor seinem Auto stehen und gaben sich einen langen Kuss, wobei es fast so aussah, als wollten seine Hände sie gleich hier auf der Straße ausziehen.
»So eine Scheiße«, murmelte Mike leise, da ihm gleich zwei Dinge bewusst wurden.
Es war zwar nicht gerade ungewöhnlich, aber dass dieser Arsch Anja Lange ausgerechnet jetzt betrog, versetzte Mike einen Stich ins Herz. Was aber noch viel schlimmer war ... Englers Erscheinen bedeutete, dass seine Klientin jetzt alleine war, und wenn ihr Stalker so organisiert war, wie Mike glaubte, würde er sich diese Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen.
Trotz seiner Angst um Anja Lange wartete Mike, bis die beiden ins Haus gegangen waren. Dann erst startete er den Wagen und fuhr einige hundert Meter weiter, bevor er sein Handy herausholte und Frau Langes Nummer wählte.
Erst dachte er, sie würde nicht abheben, doch nach dem achten Freizeichen meldete sie sich seltsam gefasst. Mike hatte beschlossen, ihr erst einmal nichts von dem zu erzählen, was er gerade beobachtet hatte. Anja Lange war schon instabil genug und brauchte ihre Nerven für andere Dinge.
Vorsichtig fragte er sie, ob alles in Ordnung sei. Für kurze Zeit herrschte Stille in der Leitung, dann erzählte sie ihm kurz von ihrem Streit mit Florian und fragte, mit einem leichten Zittern in der Stimme, ob er vorbeikommen könnte.
Obwohl Anja ihm versicherte, dass sie ihn selbst gerade anrufen wollte, sagte ihm sein Bauchgefühl, dass irgendetwas faul war. Er versprach sofort loszufahren, legte auf und wählte Jänkes Nummer. Wenn Mike eines gelernt hatte, dann dass er sich auf seinen Instinkt verlassen konnte. Mit knappen Worten erzählte er seinem Ex-Kollegen, was passiert war und dass er nun zu Frau Lange fuhr. Sollte irgendetwas passieren, wusste wenigstens jemand, wo er war. Anschließend gab er noch Jenni Bescheid, die ihm Gott sei Dank nicht böse war, da sie selbst noch genug zu tun hatte.
34
Es war bereits dunkel, als Mike den Motor abstellte und den Zustand seiner Waffe prüfte. Von außen schien alles in Ordnung und als sich die Haustür öffnete, bevor er
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