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Nachtklinge: Roman (German Edition)

Nachtklinge: Roman (German Edition)

Titel: Nachtklinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Courtenay Grimwood
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Marmortreppe. Die griechischen Statuen dort befanden sich in unterschiedlichen Stadien der Nacktheit und des Verfalls. Viele waren beschädigt, bei einigen sogar die Arme abgebrochen.
    »Ihr seid spät«, sagte Roderigo.
    »Wir sind zu Fuß gekommen.«
    »Warum?«
    »Weil ich es so wollte.«
    »Aber meine Herren, bitte.«
    Tycho sah auf. Der Regent stand in der Tür.
    Er hielt ein Glas Wein in der Hand, was nicht ungewöhnlich war, wirkte aber ausgesprochen nüchtern, was wiederum selten vorkam. Alonzo bat Tycho mit einer Handbewegung hinein. Eine Wand war mit Schwertern geschmückt, die Flaggen eroberter Schiffe waren an der anderen angeordnet. Eine reich verzierte florentinische Rüstung stand in der Ecke. Es war nicht zu übersehen, dass der Regent ein berühmter
condottiere
gewesen war.
    Als der Regent die Tür schloss, durchfuhr Tycho die Erkenntnis, dass er mit seinem ärgsten Widersacher allein war. Man hatte ihm seine Waffen nicht abgenommen. Er hatte Alonzo schon lange töten wollen. Er hatte ihn in die Sklaverei geschickt und steckte vermutlich auch hinter der Explosion in San Lazzaro, die keineswegs eine republikanische Gewalttat war, wie allgemein behauptet wurde. Falls Graf Roderigo nicht der Drahtzieher war. Tycho zweifelte nicht daran, dass er ebenfalls damit zu tun hatte. Der Regent ahnte bestimmt etwas von seinem Verdacht. Eines allerdings konnte er nicht ahnen: Dass Tycho inzwischen über ihn Bescheid wusste. Kein anderer als Alonzo hatte ihn seinerzeit nach Venedig bringen lassen, jeder Erinnerung beraubt, und ihn auf ein Ziel abgerichtet: Alexa zu töten.
    Weshalb war er nun hier?
    »Ich denke, wir sollten Freunde werden«, erklärte der Regent zur Eröffnung. Er warf sich eine süße Mandel in den Mund und schaute durch ein Fenster in die Ferne. Sann er über den Geschmack der Leckerei nach, oder war es reine Effekthascherei? Tycho hätte es nicht sagen können.
    »Tatsächlich, Durchlaucht?«
    »Ich gebe zu, der Vorschlag kommt überraschend.«
    Der Prinz kehrte ihm den Rücken und ging zum Fenster. Sein Blick schweifte über die glitzernde Lagune. Ein Dutzend Schiffe, die das Ende der Quarantäne abwarten mussten, schaukelte träge auf den Wellen. Der Molo lag in der heißen Augustsonne fast verlassen da.
    »Letzte Nacht hast du meine Nichte getroffen.«
    »Sind Giuliettas neue Wachleute Eure Spione?«
    Alonzo lachte. »Zumindest einer davon. Als du dich in den Spielhöllen herumgetrieben hast, hat dir übrigens ein junger
cittadino
auf die Finger gesehen. Ich muss schon sagen, es hat mich ein Vermögen gekostet, seine Spielschulden zu begleichen. Dabei hat mir Antonio versichert, er sei ein Glückspilz. Spielst du falsch?«
    »Es fällt mir schwer, bei irgendetwas zu verlieren.«
    »Das werde ich mir merken.« Die Stimme des Regenten klang belustigt, doch seine Augen blickten kalt.
    »Wie viele verborgene Waffen sind in diesem Moment auf mich gerichtet?«, wollte Tycho wissen.
    »Keine einzige. Wir haben etwas Geheimes zu bereden. Und nicht einmal ich würde ein halbes Dutzend meiner Männer umbringen, nur damit sie nichts verraten können.«
    Alonzo wandte sich vom Fenster ab. Er füllte ein Weinglas mit gepresstem Schnee, der in Stroh eingewickelt aus den Bergen hierhertransportiert worden war, und goss dann Weißwein darüber. Er reichte Tycho ein Glas und bereitete sich selbst dieselbe Mischung zu.
    »Aus welchem Grund hat meine Nichte dich besucht?«
    »Verzeiht, Durchlaucht?«
    »Wenn ich dir vertrauen soll, musst du meine Fragen ohne Umschweife beantworten. Ich versuche es noch einmal … Warum hat meine Nichte dich gestern Abend besucht?«
    »Höchstwahrscheinlich, um einen Streit mit mir vom Zaun zu brechen. Sie war verschwunden, bevor ich sie fragen konnte, worum es eigentlich ging.«
    »Typisch Giulietta.«
    Tycho nahm einen Schluck eisgekühlten Wein. Er schmeckte hervorragend. Der Prinz gab sich nur mit dem Besten zufrieden. »Gräfin Desdaio war ebenfalls bei dir zu Besuch.«
    »Sie besucht mich gelegentlich.«
    Alonzo hatte sich lächelnd vorgebeugt und lauschte aufmerksam. Tycho wurde das Gefühl nicht los, dass seine Fragen auf etwas anderes, Dunkleres abzielten.
    »Wir haben kein Verhältnis miteinander.«
    »Du bist der einzige Mann in Venedig, der das offen zugibt. Die meisten würden nur zu gern behaupten, sie hätten zwischen Desdaios Schenkeln gelegen.«
    »Sie ist eine Freundin.«
    »Atilo würde dich ohnehin umbringen.« Der Regent schwieg nachdenklich. »Und Desdaio

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