Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
wiedersehen würde. Und dieser traurige Gedanke brachte sie beinahe dazu, es sich anders zu überlegen.
Beinahe. Denn der Preis für ein paar gelegentliche Besuche schien eindeutig zu hoch, und viel zu lange schon hatte sie ihn bezahlt. Sie schob ihren Kummer beiseite und ritt weiter.
Am späten Vormittag hatten sie die Hauptstraße erreicht und wandten sich in Richtung Durham. Eleanor wartete, bis sie sicher sein konnte, dass ihnen nicht noch jemand folgte – es wäre ihrem Vater durchaus zuzutrauen gewesen, einen weiteren Bewacher hinterherzuschicken, ohne etwas davon zu sagen –, dann blieb sie mitten auf der Straße stehen.
»Ich bin diese Strecke schon zu oft geritten, allmählich wird es mir langweilig. Ich möchte lieber die Küstenstraße nehmen.«
Sir John machte kehrt und ritt zu ihr zurück, während die Karren hinter ihr mit quietschenden Rädern zum Stehen kamen. »Die Küstenstraße ist in sehr schlechtem Zustand, Mylady. Die Wagen würden im Schlamm versinken.«
»Dann sollen sie eben auf dieser Straße bleiben, aber ich sehe nicht ein, warum Rosabelle und ich neben ihnen herschleichen müssen.« Eleanor, die lächelnd zur Kenntnis nahm, wie ihre Stute beim Klang ihres Namens die Ohren spitzte, hob eine Hand und winkte ihren Marschall zu sich. »Edwin, sucht ein paar Männer aus, die mich begleiten.« Sie wollte ihr Pferd Richtung Osten dirigieren.
»Halt, Marschall.« Sir John ritt auf Eleanor zu und versperrte ihr den Weg. »Das kann ich Euch nicht erlauben, Mylady.«
Sie hob das Kinn und sah ihn von oben herab an. »Ihr könnt nicht? Mein Vater ist ein Earl, mein Cousin ist der König, und ich selbst bin une baronesse douagiere, auf dem Weg, noch heute Lord Percy zu heiraten. Seit wann, so sagt mir bitte, bin ich den Anweisungen eines Ritters ohne Rang und Namen unterworfen?«
Sir John wurde rot angesichts dieser Beleidigung. »Ihr seid … also, ich …«
»Ich glaube, Sir John wollte sagen, er kann Euch nicht ohne anständige Eskorte reiten lassen, Mylady.« Edwin, Eleanors Marschall, ritt auf sie zu und zügelte sein Pferd genau vor dem jungen Ritter. »Vielleicht denkt er, ich sei dieser Aufgabe nicht gewachsen.«
»Nein, nein, so ist es nicht, Marschall. Aber Lord Westmorland trug mir auf, den ganzen Weg bis nach Alnwick an Myladys Seite zu bleiben.«
»Dann reitet mit mir, wenn es unbedingt sein muss. Aber vergesst nicht, wer hier in wessen Diensten steht, und bildet Euch nicht ein, Ihr hättet mir etwas zu befehlen. Edwin, stellt einen guten Mann ab, der für den Zug verantwortlich ist, und sagt ihm, er soll uns in …«, sie überlegte, wie das Dorf hieß, »… in Bowburn erwarten, wenn wir nicht schon vor ihm dort sind. Ich möchte auf angemessene Weise in Durham einreiten, für den Fall, dass Lord Percy schon dort ist.«
Während Edwin fünf Männer auswählte und denen, die den Gepäckzug begleiten sollten, ein paar knappe Anweisungen erteilte, zeigte Eleanor auf eine ihrer Zofen. »Du, Amy, das ist doch dein Name? Ich will eine Frau bei mir haben. Du wirst hinter Will aufsitzen.«
Lucy sah Eleanor mit offenem Mund an. »Aber das sollte doch wohl meine Aufgabe sein, Mylady?«
»Ich will, dass du weiter den Zug begleitest und auf meine Sachen aufpasst.«
Miriam, die ihre Mutter Eleanor zeitweilig überlassen hatte, damit sie ihr für die Hochzeit das Haar richten konnte, erhob sich auf dem Wagen. »Mit Verlaub, Mylady, aber Amy ist viel zu jung für eine solche Aufgabe. Ich werde Euch begleiten.«
»Sie wird schon zurechtkommen, jedenfalls besser als du auf dem Rücken eines Pferdes.« Eben weil das Mädchen noch so jung war, wollte Eleanor sie bei sich haben. Mit ihr würde sie schon fertig werden, wenn es so weit war.
Miriam jedoch zeigte sich störrisch. Sie schob eine lose Haarsträhne zurück unter ihre Haube, stopfte sich ihre Röcke unter den Gürtel und schubste Amy zur Seite, um selbst hinter Will aufzusitzen. »Ich habe schon länger hinten im Sattel gesessen, als Ihr denken könnt, Mylady. Eure Lady Mutter würde mir den Kopf abreißen, wenn ich Euch in Begleitung einer Halbwüchsigen weiterziehen ließe.«
Erst einer der Männer ihres Vaters, und nun eine der Frauen ihrer Mutter. Das Ganze gestaltete sich allmählich immer komplizierter. Sie würde gezwungen sein, schnell zu handeln, sobald sie Gunnar gefunden hatte. Wenn sie ihn überhaupt finden würde.
»Na gut. Lucy, hol meinen dicken Umhang und gib ihn Miriam.«
Sir John beobachtete, wie Lucy
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