Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
er …«
»Es geht nicht darum, wen Ihr mögt«, gab der Herzog unwirsch zurück. »Es geht darum, was für Westmorland und York und die Krone von Vorteil ist.«
»Aber Richard mag mich ebenso wenig wie ich ihn«, wandte Eleanor ein. Ihre Hoheit legte ihr warnend eine Hand auf die Schulter, doch Eleanor fuhr unbeirrt fort. »Er wird mich gar nicht heiraten wollen.«
Auf diesen Einwand hin schnippte der Herzog mit den Fingern. »Er wird Euch sehr wohl wollen, so wahr ihm Gott helfe, denn er ist klug genug, um einzusehen, dass Ihr, Mylady, diejenige sein werdet, die ihm die Grafenwürde zurückbringt.«
»Ich? Wie denn das?« Dann plötzlich wurde ihr die Wahrheit bewusst. »Oh. Weil der König wahrscheinlich nicht will, dass ich unter meinem Stand heirate, trotz der Vergehen meines Onkels Beaufort. Aber sollte bei all dem nicht wenigstens Liebe im Spiel sein?«
»Liebe? Was hat denn Liebe mit Heirat und Staatsangelegenheiten zu tun?«
Eleanor hob den Kopf und begegnete trotzig dem Blick des Herzogs. »Mein Herr Großvater heiratete aus Liebe.«
»Aye, letzten Endes ja, aber erst nachdem er seine Pflicht gegenüber England erfüllt hatte. Und dennoch, seht, wohin seine Liebe Euch alle geführt hat.« Der Herzog von York faltete das Pergament wieder zusammen und schob es zurück in seinen Ärmel. »Genug davon. Ihr werdet Euer Verlobungsgelübde ablegen, noch bevor wir nach Wales aufbrechen. Richard wird eine Zeitlang als Knappe dienen und sich so seine Sporen verdienen – und König Henrys Vertrauen gewinnen. Und wenn ihr beide alt genug seid, werdet ihr verheiratet. Mit etwas Glück und Gottes Segen kommt Ihr auf Eure Frau Mutter heraus und werdet werfen wie eine Sau.«
Eleanor spürte, wie die Herzogin angesichts der Worte ihres Gemahls erstarrte. Ihre Hoheit hatte einen Sohn aus einer früheren Ehe, aber seit ihrer Heirat mit dem Herzog von York hatte sie keine weiteren Kinder zur Welt gebracht. Das Unvermögen, York einen Erben zu gebären, machte ihr zu schaffen, und zweifellos schmerzten sie seine Worte.
Der Herzog jedoch in seinem Zorn schien entweder gleichgültig oder blind gegenüber ihrer Bekümmerung. Wütend funkelte er Eleanor an. »Damit ist die Sache erledigt, Mädchen. Zieht Euch zurück und richtet Euch darauf ein.«
Erwartungsvoll blieb er stehen, und die Furchen auf seiner Stirn wurden tiefer, während Eleanor mit offenem Mund vor ihm stand. Ihre Hoheit legte ihr fester die Hand auf die Schulter. »Sie hat verstanden, dass sie ihre Pflicht tun muss, Gemahl. Oder nicht, Eleanor?«
Der Druck auf Eleanors Schulter wurde stärker und ließ sie aufmerken. Sie schloss den Mund und schluckte schwer. »Jawohl, Euer Hoheit.« Dann machte sie vor dem Herzog einen gehorsamen Knicks. »Wie Ihr … wie mein Herr Vater – es verfügt hat. Ich werde mich darauf einrichten.«
Der Herzog verließ den Raum und ging in Richtung Halle. Die Herzogin ließ Eleanors Schulter los und ging wortlos hinaus, in die entgegengesetzte Richtung – zu ihrem Gemach.
Eleanor sank auf ihren Hocker und blieb reglos dort sitzen, mit zitternden Händen, während sie ihr Schicksal bedachte. Richard.
Richard!
Sie versuchte, sich an den Gedanken zu gewöhnen, Richard le Despenser zu heiraten. Richard, diesen dürren, widerlichen Schwächling, der ihr Kröten in ihren Nähkorb gelegt hatte, in der Nase bohrte und ständig Streit anfing, dem er gar nicht gewachsen war, geschweige denn für sich entscheiden konnte. Und ständig fummelte er überall herum, konnte seine Hände, die andauernd an irgendetwas zupften oder etwas verdrehten, einfach nicht still halten. Sie konnte ihn ganz einfach nicht leiden.
Vielleicht musste sie sich ihn als Earl von Gloucester vorstellen …
Aber nein. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Richard diesen Titel jemals tragen würde. Seines Vaters Mord an Thomas von Woodstock, Earl von Gloucester, und die Rolle, die dieser bei der darauf folgenden Erhebung spielte, waren mit Sicherheit ein zu schwerwiegender Verrat, als dass der König ihm hätte vergeben können. Darüber hinaus sah Richard nicht einmal aus wie ein Earl. Denn ein Earl, ebenso wie ein Herzog, musste eine bestimmte Haltung ausstrahlen. Eine gewisse Würde.
Seine Hoheit hatte sie. Ihr Vater ebenfalls. Und auch John, ihr ältester Halbbruder, der nach ihrem Vater Earl werden würde.
Sir Gunnar übrigens auch.
Schon der Gedanke an Letzteren zauberte ein Lächeln in ihr Gesicht. Einfacher Ritter hin oder her, er besaß mehr
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