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Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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Erhabenheit, als Richard le Despenser jemals haben würde. Sie schloss die Augen und beschwor Gunnars Bild herauf: breiter Brustkorb, noch breitere Schultern, lange wie Kupfer schimmernde Locken, die einen modischen Schnitt nötig hatten, aber nichtsdestoweniger sehr anziehend wirkten. Kräftige, markante Gesichtszüge. Und dieses Lächeln, kaum wahrnehmbar, selbst wenn seine grünen Augen vor Belustigung leuchteten, ganz so, als versage er seinen Lippen das Recht, zu viel preiszugeben. Möglicherweise war er mehr als doppelt so alt wie sie, doch er entsprach viel, viel mehr ihrem Geschmack als Richard. Wenn ihr Vater sie doch bloß einem solchen Mann versprechen würde! Oder wenn sie doch nur ein einfaches Bauernmädchen wäre und selbst ihre Wahl treffen könnte.
    Nun ja, ein Bauernmädchen vielleicht doch nicht unbedingt. Das würde ihr sicher nicht gefallen. Aber die Frau eines Ritters von niederem Stand zu sein, würde ihr ganz und gar nichts ausmachen, vorausgesetzt, er wäre so wie Sir Gunnar. Einen Moment lang gab sie sich der Vorstellung hin, ihr Held würde zurückkehren, nicht allein wegen des Turniers, sondern weil er um ihre Hand anhalten wollte – und dieser Gedanke gefiel ihr außerordentlich. Weitaus mehr als der Gedanke an Richard. Sie würde sich nicht – konnte sich nicht – mit Richard verloben.
    Nach und nach strömten die anderen Frauen wieder in den Raum hinein, und mit einem Seufzer öffnete Eleanor die Augen. Sie hob das Tuch auf, das vor ihren Füßen lag, und machte sich wieder an die Arbeit. Wann immer Sir Gunnar zurückkehren würde – Bitte, lass ihn bald zurückkehren und mich vor dieser Verlobung retten, so wie er mich aus der brennenden Kemenate gerettet hat, flehte sie mit jedem Stich ihrer Nadel –, sie wollte ihr Geschenk für ihn fertig haben.
    Aber eine neue Woche kam und ging vorbei, ohne Anzeichen, dass ihre Gebete erhört worden waren. Am folgenden Dienstag wurde sie in die Halle zitiert, wo sich eine Handvoll Zeugen von edlem Geblüt eingefunden hatten, während ein Geistlicher den Verlobungsvertrag verlas, den der Herzog von York und Richard le Despenser anschließend unterzeichneten.
    »Euer Zeichen«, befahl Seine Hoheit und schob eine Feder zu ihr hinüber.
    Da Sir Gunnar nicht erschienen war und ihr in dieser Angelegenheit wohl kaum eine Wahl blieb, nahm sie die Feder und schrieb sorgfältig ihren Namen neben den von Richard. Anschließend ging sie hinüber in die Kapelle, um ihr Gelübde abzulegen, mit dem sie versprach, eines Tages Richards Frau zu werden. Einige Tage später, als Richard fortritt, um in die Schlacht zu ziehen, waren ihre Gebete noch immer nicht erhört worden, und daran hatte sich auch nichts geändert, als sie das nächste Mal vor dem Priester stand und beichten musste, dass sie in einem Augenblick der Schwäche – der Aufrichtigkeit, aber dennoch der Schwäche – auch darum gebetet hatte, Richard möge in Wales getötet werden, damit sie ihn nicht irgendwann heiraten musste. Als sie dafür Buße getan hatte, waren ihre Knie wund.
    Trotz allem nähte sie weiter.
    Bald hatte sie die Cotehardie für Sir Gunnar fertig und nähte ihm ein gefüttertes Wams, das er darunter tragen sollte, dann ein Hemd, das darunter gehörte – für den Winter ein dickes, weiches, wollenes, für den Sommer ein leinenes. Als all das fertig war, fuhr sie fort mit ein paar schönen, warmen, engen Beinlingen und einem faltenreichen Mantelrock aus robustem Stoff, der auch dem scheußlichsten Wetter standhalten würde.
    Unterdessen war es Frühling geworden, und sie waren nach York Castle zurückgekehrt. Das Turnier kam und ging vorbei, und Sir Gunnar war noch immer nicht erschienen. Dennoch, nachdem all die anderen Näharbeiten erledigt waren, griff sie in ihre Börse, um Stoff für Teile der höfischen Tracht zu erstehen: eine Houppelande aus feinem Samt in Dunkelblau mit goldener Einfassung, eine Jacke aus Brokat und ein Hemd aus Batist, so fein, dass selbst ein Engel das Gewicht kaum spüren würde, ein enges Beinkleid – dieses Mal aus Seide – sowie eine goldgefasste Kopftracht, passend zur Houppelande, und schließlich Schnabelschuhe, wie man sie bei Hofe trug, sowie einen mit einer Borte besetzten breiten Gürtel. Und die ganze Zeit – sie träumte noch immer, Sir Gunnar würde sie vor Richard retten, wenn er endlich zurückkehrte – legte sie vor jeder Mahlzeit ihre Arbeit weg und spähte hinunter zu den Männern in der Großen Halle, stets auf

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