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Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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dort schnappte er ein Gespräch auf, machte sich ein Bild von seinen Gegnern und schloss einige der Gunstbeweise aus, wohingegen andere in die nähere Wahl kamen.
    Als schließlich der Fensterladen über ihren Köpfen geöffnet wurde, war der Himmel bereits vollkommen dunkel und das flackernde Licht zahlreicher Fackeln erhellte die Mauern und den Burghof – und Gunnar hatte sich für einen schlichten, taubenblauen Handschuh entschieden, der dem Interesse seiner Mitstreiter wohl größtenteils entgangen war. Die Gruppe Männer unter dem Fenster war mittlerweile zu einer kleinen Armee angewachsen, auf jeden der Gunstbeweise an der Holzwand kamen mindestens zehn Männer. Gejohle erhob sich aus der wartenden Menge, als eine Dame von beträchtlichem Umfang am offenen Fenster erschien.
    »Bei Gott, wenn die niesen muss, wird das Baby wohl auf unseren Köpfen landen«, murmelte Gunnar. Um ihn herum mussten sich die Männer das Lachen verkneifen, während die Dame eine Hand hob, um Ruhe zu gebieten.
    »Willkommen Euch allen an meiner Liebesburg«, hallte die Stimme der Countess mit deutlich hörbarem französischem Akzent über den Burghof. »Meinem geliebten und Achtung gebietenden Herrn Gemahl sei Dank, weil er mir die Freude dieser ungewöhnlichen und aufregenden Unterhaltung gewährt. Aber ich muss um eine weitere Gefälligkeit bitten, und zwar Euch, unsere Wettkämpfer: Seid so ehrenhaft, wie Ihr couragiert seid im Konkurrenzkampf um beides, Gunstbeweise und Küsse, denn ich möchte jeden von Euch unbeschadet bei dem fröhlichen Festmahl sehen, dass uns anschließend erwartet. Bei dieser Gelegenheit halte ich eine weitere Siegesprämie bereit, und zwar für den ehrenhaftesten, le plus preux et gentil, von unseren Siegern – diesen goldenen Apfel, den er seinem Silberzweig hinzufügen darf.« Die kleine Kugel, die die Countess in die Höhe hielt, von der Größe einer großen Walnuss, schimmerte im Licht der Fackeln und entlockte der Menge erneut Gejubel. »Herold, verlest die Regeln.«
    Die Regeln entsprachen im Großen und Ganzen dem, was der alte Ritter Gunnar erklärt hatte, darüber hinaus wurden Grenzen definiert, und es wurde aufgezählt, was als Verstoß galt. Als der Herold geendet hatte, riss Gunnar seinen Blick von dem goldenen Apfel los und sah ein letztes Mal hinauf zur Liebesburg. Im Pavillon waren Lichter angezündet worden, und nun, da Gunnar tatsächlich die weiblichen Silhouetten erkennen konnte, nahmen seine Vorstellungen deutlicher Gestalt an.
    Auf einmal wurde einer der schützenden Vorhänge zur Seite geschlagen, und dort standen sie: Frauen, dicht gedrängt, wie zart gefiederte Vögel in einem Nest. Erwartungsvoll. Lächelnd verbeugte sich Gunnar vor ihnen, so tief, dass er mit den Fingerspitzen den Boden streifte. Immerhin wartete eine der Damen auf ihn, auch wenn sie sich dessen noch gar nicht bewusst war.
    Dann ertönte das Horn, und Gunnar landete auf seinem Hintern, umgerannt von den Männern, die auf die Gunstbeweise zustürzten, noch ehe das Echo des Horns verhallt war. Ohne auf das Gelächter zu achten, stand er auf. Er war nicht der Einzige, der unvorbereitet gewesen war, aber der Einzige, der auf dem Boden gelandet war – und der Einzige, der nicht sofort hinter den anderen hereilte, sondern sich die Zeit nahm, sich den Staub abzuklopfen und eine weitere, noch tiefere Verbeugung zu machen, die dieses Mal der Dame am offenen Fenster des Keeps galt, der Countess. Als diese begeistert klatschte, wandte er sich um und schlenderte zu der Holzwand mit den Gunstbeweisen hinüber.
    Am Fuß der Wand drängelten sich bereits die Männer, weggedrängt von einem Stärkeren oder Glücklicheren oder von ihrer eigenen Ungeschicklichkeit. Der schmale Knappe, dessen Gespräch Gunnar zuvor belauscht hatte, machte seinem Herrn alle Ehre, flink wie ein Eichhörnchen huschte er die Wand hinauf, um weit vor allen anderen nach dem silber-schwarzen Band zu greifen. Als der Junge es abnahm, packte ihn der Mann, der ihm unmittelbar auf den Fersen war, am Knöchel und zog mit aller Kraft.
    »Lord William!«
    Der Knappe, der sich kaum noch halten konnte, schaukelte wild und ließ das Band hinunterfallen. Tunstall – denn um diesen musste es sich bei dem Angreifer wohl handeln – wollte danach greifen, aber es flatterte an seinen Fingerspitzen vorbei. Ein dritter Mann – ein Stück weiter unten – streckte rasch die Hand aus, schnappte sich das Band aus der Luft und stopfte es in sein Hemd. Dann

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