Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
war kein armer Mann. Wenn das Grundstück um den Adelshof herum noch nicht Beweis genug dafür war, dann waren es mit Sicherheit die Klarglasscheiben der hell erleuchteten Fenster. Erneut packte Gunnar ein Anflug von Zweifel, anders dieses Mal, aber nicht weniger bitter.
»Wie kann ich von ihr verlangen, all das aufzugeben?«, fragte er Torvald. »Was für ein Leben kann ich ihr schon bieten, auf der Flucht und auf der Suche nach einem Versteck?«
»Du wirst geheilt werden. Du kannst sie mit nach Hause nehmen und mit ihr an deiner Seite ein neues Leben beginnen.« Torvald dirigierte sein Pferd in die Richtung des Tors. »Warte hier.«
So wartete Gunnar und spielte in Gedanken sämtliche Möglichkeiten durch. Und es sollte nicht lange dauern, bis er die Wahrheit erfuhr. Denn Torvald brachte ihm die schlechten Neuigkeiten. »Sie ist verheiratet. Seit drei Tagen.«
Seit drei Tagen. Diese Worte trafen Gunnar wie ein Dolch. Innerhalb von drei Tagen war die Ehe sicherlich längst vollzogen. Sein Magen rebellierte bei dem Gedanken an Eleanor unter einem anderen Mann, besonders unter einem, den sie gar nicht wollte. Und ob sie ihn, Gunnar, nun liebte oder nicht, ganz sicher hatte sie Burghersh nicht gewollt. Sollte er sie dazu gezwungen haben, sollte er ihr irgendetwas angetan haben, dann würde er sterben – das beschloss Gunnar eiskalt. Was auch immer ansonsten geschah, Burghersh würde sterben.
»Ist Westmorland da?« Gunnar hoffte beinahe, dass es so war. Dann konnte er ihn bei der Gelegenheit ebenfalls töten.
»Die Wache sagte, er sei gestern nach London aufgebrochen. Aber ich habe einen Bogenschützen in Westmorlands Farben gesehen. Er muss ein paar seiner Männer hiergelassen haben. Würden sie dich erkennen?«
»Ich war mehr als zwei Wochen auf Raby. Irgendwann habe ich mich mit den meisten unterhalten.« Gunnar trommelte mit den Fingern auf die vordere Sattellehne. »Ich will nicht, dass sie in einen Kampf verstrickt wird. Wir müssen einen Weg finden, sie auf sichere Weise herauszuholen.«
»Vielleicht. Vielleicht brauchen wir sie aber auch nicht herauszuholen.«
»Natürlich müssen wir das. Deshalb sind wir doch hier. Ich brauche sie.«
»Du brauchst ihre Liebe, nicht ihre Hand«, sagte Torvald.
»Wovon redest du da überhaupt?«
»Steinarr wurde nicht dadurch befreit, dass er seiner Frau die Ehe gelobte, sondern dadurch, dass sie sagte, dass sie ihn liebt. Bei Ivar war es genauso. Es ist Liebe, die Cwens Fluch bricht, nicht das Ehegelöbnis.«
»Du bist verrückt.«
»Nein. Ich habe schon unterwegs darüber nachgedacht. Sie muss nur sagen, dass sie dich liebt, dabei das Amulett in ihrer Hand halten und dich damit berühren.«
»Warum hast du das nicht vorher gesagt?«
»Ich wollte erst sehen, wie die Dinge hier liegen. Wenn sie noch unverheiratet gewesen wäre …« Torvald zuckte kaum merklich mit den Schultern – seine Art, Gunnar mitzuteilen, dass er ihm geholfen hätte, sie sich zu holen, ganz gleich, was auch geschehen wäre. »Aber das ist sie nicht mehr. Und – auch wenn sie dich noch so sehr liebt, ist sie vielleicht nicht bereit, ihr Eheversprechen zu brechen.«
»Verflucht! Ich weiß nicht einmal mehr, was ich überhaupt tue.«
»Finde heraus, was sie will«, sagte Torwald, als ob es so einfach wäre. »Dann werden wir uns etwas einfallen lassen.«
Gunnar wies mit dem Kinn auf den Bogenschützen, der auf der Mauer Wache ging. »Irgendwie muss ich an Westmorlands Männern vorbeikommen. Ich bin nämlich nicht scharf auf einen Pfeil im Hintern.«
»Kein Problem.« Torvald griff hinter seinen Sattel, löste ein Bündel, über das Gunnar sich zuvor bereits gewundert hatte, und schüttelte es aus.
»Was machst du denn mit einer Mönchskutte?«
»Schon vor längerer Zeit ist mir aufgefallen, dass man einem Wandermönch immer Einlass gewährt. Ich habe drinnen erzählt, ich hätte dich auf der Straße aufgelesen, und habe gefragt, ob wir bleiben können. Sie lassen uns ein. Beug nur deinen Kopf, schau immer zu Boden, damit Westmorlands Männer dein Gesicht nicht sehen.«
Wenig später folgte ein Mönch in etwas zu kleiner Kutte einem fahrenden Ritter durch das Tor von Burghersh Hall.
»Ah, gut, dass Ihr ihn herbringt, Sir«, sagte die Wache am Tor und ließ die beiden Männer unter den wachsamen Blicken von Westmorlands Bogenschützen passieren. »Willkommen, Bruder. Seid willkommen. Für einen Mönch seid Ihr aber noch recht spät unterwegs.«
»Aye, und ich werde jede Stunde
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