Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
nahmen sie Platz, so weit wie möglich entfernt von allen, die Westmorlands Farben trugen. Gunnar konnte nichts weiter tun, als dazusitzen und so zu tun, als würde er essen, wo sie nur wenige Schritte entfernt von ihm saß und auch noch diesen schmächtigen Mistkerl neben sich hatte, der seine Finger hin und her über ihr Handgelenk gleiten ließ, in einem unbeholfenen Versuch, sie zu verführen. Aber so zu tun … schließlich hielt er es nicht länger aus.
Er beugte sich zu Torvald hinüber. »Entweder wir handeln jetzt, oder ich schneide ihm einfach die Kehle durch, und dann ist die Sache erledigt.«
»Bist du sicher, dass sie uns nicht verraten wird? Selbst wenn es nur aus Versehen ist?«
»Sie ist schnell von Begriff und kann sich beherrschen. Sie wird das schon schaffen.«
»Na gut, dann los.« Torvald nahm noch einen Schluck Ale und schüttete sich dabei etwas über seine Cotte. Er rieb es kräftig in den Stoff ein und stand auf.
»Wie wirst du es schaffen, es ihr zu überbringen?«
»Halt dich nur bereit«, sagte Torvald, und während er ein Stück Pergament aus seinem Ärmel zog, mischte er sich unter die Gratulanten und ging auf Eleanor zu.
Kapitel 14
R ichard bohrte längst nicht mehr in der Nase und spielte auch nicht mehr mit Kröten, aber nach wie vor fummelte er stets an allem herum, und wenn er nicht augenblicklich aufhören würde, an ihrem Handgelenk herumzufingern, dann musste sie schreien. Eleanor nickte den nächsten Gratulanten zu, die vortraten, und versuchte, die lästigen Berührungen ihres Gemahls zu ignorieren, so wie sie versucht hatte, nahezu alles zu ignorieren, was er innerhalb der vergangenen drei Tage und Nächte getan hatte. Doch in diesem Moment wollte es ihr nicht gelingen.
Schließlich riss sie ihre Hand los und tat, als würde eine Stelle an ihrem anderen Arm jucken und als müsse sie sich unbedingt dort kratzen. Richard sah nur kurz zu ihr hinüber, hielt seine geöffnete Hand weiter ausgestreckt und wartete, bis sie aufhören würde, sich zu kratzen, um sich ihm wieder zuzuwenden. Sie kratzte sich, so lange sie konnte, und fand einen Vorwand, um ihren Schleier zu richten, aber letzten Endes musste sie sich fügen. Dieses Mal jedoch verschränkte sie ihre Finger in seine. So konnte er sie wenigstens nicht wieder kitzeln.
Richard lächelte, angetan von ihrer vermeintlichen Zuneigung und ihrem vermeintlichen Interesse. »Geduld, Weib. Nicht mehr lange, und wir können uns zurückziehen.«
Sie nickte. Er hatte ja keine Ahnung, wie sehr der Gedanke daran ihr zusetzte, ebenso wenig wie er eine Ahnung davon hatte, dass die Bogenschützen, die ihr Vater ihm überlassen hatte, nicht zu seinem Nutzen dort waren, sondern um sie gefangen zu halten, geschweige denn davon, dass der Blutfleck auf seinem Laken vor zwei Nächten nicht von seinen Bemühungen stammte, ihr ihre Jungfräulichkeit zu rauben, sondern von einem Stück roher Hühnerleber, das Lucy ihretwegen aus der Küche entwendet hatte. Sie konnte nur hoffen, dass sie baldmöglichst schwanger wurde, damit sie seine Aufmerksamkeiten nicht länger als nötig ertragen musste. Schenkte sie ihrem Mann einen Erben, so hatte ihr Vater ihr versichert, würden seine Männer abziehen, und sie wäre frei, mit Richard umzugehen, wie immer sie wollte.
Oh, und sie würde mit ihm umgehen, wie es ihr beliebte.
Dass sie ihn ihrem Willen gefügig machen konnte, daran hegte sie keinerlei Zweifel. Sie hatte längst verstanden, dass ihr Vater Richard wegen seiner Schwachheit und seiner Zukunft ausgewählt hatte, ausgeguckt – und dessen war sie sich sicher –, um durch sie Macht über Richard selbst wie über sein Vermögen zu gewinnen.
Nun, sollte er es ruhig versuchen. Sie war hier und ihr Vater nicht. Die vergangenen beiden Nächte, unter Richard zu liegen, hatten ihr auf schonungslose Weise bewusst gemacht, in welcher Situation sie sich befand, und ihre Entschlossenheit gestärkt, irgendeinen Vorteil aus diesem teuflischen Handel zu ziehen. Die Zeit würde kommen. Und dann würde ihr Vater schon sehen, wer auf Burghersh die Macht hatte. Und später in Gloucester.
Sie nickte und sagte ein paar belanglose Worte, bis der Müller und seine Frau weitergegangen waren. Der nächste Mann trat auf die Estrade, ein schlanker Ritter, dessen Haar so hell war, dass es beinahe weiß schien. Er selbst schien mehr als nur ein wenig angetrunken.
»Mylord und Mylady.« Eine Ale-Fahne wehte ihnen entgegen, als er unbeholfen niederkniete. »Ich
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