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Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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einen verzweifelten Seufzer hinunter und sprang auf. Sie musste diesen lächerlichen Schluckauf loswerden, um wieder klar denken zu können.
    Plötzlich drehte sich alles um sie herum und ihr Magen gleich mit. Sie beugte sich über den Nachttopf und würgte das wenige heraus, das sie gegessen hatte. Nachdem sich ihr Magen wieder beruhigt hatte, spülte sie sich den Mund mit einem Rest Bier aus und schlüpfte wieder ins Bett, das ihr derart trostlos erschien, dass sie sich in einer trockenen Ecke zusammenrollte und einschlief.
    Einige Stunden später erwachte Alaida mit zerzaustem Haar, doch sie fühlte sich schon besser. Es musste wohl an dem Weinkrampf gelegen haben, dass ihr plötzlich schlecht geworden war. Dennoch wollte sie herausfinden, warum sie bei jeder Gelegenheit in Tränen ausbrach und was sie dagegen unternehmen konnte.
     
    In den kommenden beiden Wochen musste Alaida sich einige Male übergeben, und immer aus den verschiedensten Gründen. Zumeist waren Gerüche die Ursache – gekochter Fisch, schal gewordener Wein oder der Geruch des Schweinestalls, den der Wind herüberwehte. Einmal wurde ihr schwindelig, als sie aus dem Fenster sah, und ein- oder zweimal hatte sie nach dem Aufwachen ein flaues Gefühl im Magen. Doch was immer es war, es ging niemanden etwas an. So war sie froh, dass sie stets eine Gelegenheit fand, sich zurückzuziehen … außer an jenem Sonntag bei der Abendmesse.
    Während sie neben Ivo in der Kapelle kniete und betete, wurde ihr vom Geruch des Weihrauchs übel. Sie schaffte es, sich bis zum ›Amen‹ zusammenzureißen. Doch dann wurde ihr so übel, dass sie nur noch aufspringen konnte, um sich auf den Steinfußboden zu übergeben, genau vor Vater Theobalds Füßen.
    Um sie herum sprangen alle auf und wichen zurück, während sie die Hände vors Gesicht schlug und immer wieder sagte: »Es tut mir leid. Es tut mir furchtbar leid.«
    »Schh«, sagte Ivo und brachte sie zurück ins Haus.
    »Wenn man krank ist, braucht man sich nicht zu schämen«, rief Bôte ihnen hinterher.
    Alaida wäre am liebsten im Boden versunken. Sie klammerte sich an Ivo und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. »Ausgerechnet in der Kapelle …«
    »Schh. Die Kapelle kann man reinigen. Ich bringe dich zu Bett, und dann wird Bôte sich um dich kümmern. Es ist doch nicht so schlimm.«
    Ivo trug Alaida die Treppe hinauf, als wäre sie leicht wie eine Feder. Dann gab er ihr einen Kuss auf die Stirn und wartete, bis sie versorgt wurde.
    Das Merkwürdige war, dass es ihr sogleich wieder gutging, so wie jedes Mal in den vergangenen beiden Wochen, nachdem sie sich übergeben hatte. Bôte hielt ihre Kräuter bereit und machte sich daran, Wasser zu kochen. Sie schickte alle anderen Frauen und auch den Lord fort. Alaida ließ es geschehen, und kurz darauf hatte sie mehrere Kissen im Rücken und einen Becher Kräutertrank in der Hand.
    Sie schnupperte an der heißen Flüssigkeit. »Minze und Kamille?«
    »Aye, und andere Kräuter, die eine beruhigende Wirkung auf den Magen haben. Trinkt ihn langsam, in kleinen Schlucken.« Bôte setzte sich auf die Bettkante und strich Alaida das Haar zurück. »Diesen Trank brauchte ich für Euch nur selten zu brauen. Denn eigentlich habt Ihr Eure Mahlzeiten stets bei Euch behalten.«
    »Welch ein Glück, dass ich heute nichts zu Abend gegessen habe.«
    »Glück für Vater Theobald! Ich wusste gar nicht, dass er so gut tanzen kann.«
    Bôtes dreckiges Lachen wirkte ansteckend. Als Alaida daran dachte, wie der Priester erschrocken zur Seite hüpfte, musste sie kichern. Ungeachtet dessen, dass sie maßgeblich daran beteiligt gewesen war, brach sie in lautes Gelächter aus, das viel zu lange dauerte.
    »So lustig ist es nun auch wieder nicht, My Lady«, schalt Bôte.
    »Ich weiß«, sagte Alaida und rang nach Luft. Sie versuchte, sich beruhigen, doch ihr Lachen schien ein Eigenleben zu führen. Sosehr sie sich bemühte aufzuhören, packte es sie nur noch mehr, bis ihr der Bauch weh tat und ihr Tränen die Wangen hinunterliefen. Bôte nahm ihr den Becher aus der Hand, damit sie nichts verschüttete, und Alaida lachte noch immer. Doch plötzlich wurden die Lachtränen zu Tränen der Verzweiflung, und ohne erkennbaren Grund begann sie zu schluchzen.
    »Ach, mein Lämmchen«, sagte Bôte und nahm sie tröstend in die Arme. »Schh. Ist ja gut.«
    »Ich habe mich so ge-geschämt.« Alaida versagte vor Schluchzen beinahe die Stimme. »W-was ist d-denn nur mit m-mir los? Ich muss mich

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