Nachtkrieger
richtigen Schlüsse zieht.«
»Gut«, sagte Alaida, und als sie Bôtes enttäuschtes Gesicht sah, fügte sie hinzu: »Nur so lange, bis ich mir vollkommen sicher bin. Dann kannst du die Neuigkeit herausposaunen, wo immer du möchtest. Aber erst, nachdem ich es Lord Ivo erzählt habe.«
Bôte stieß einen Seufzer aus, doch immerhin schien sie ein wenig besänftigt.
»Nun gib mir den Kräutertrank zurück und geh hinunter zum Essen«, sagte Alaida. »Ich wäre gern ein wenig allein.«
»Jawohl, My Lady. Ich werde Euch später eine Mahlzeit bringen. Ihr müsst tüchtig essen, trotz der Übelkeit.« Sie reichte Alaida den Becher, sammelte die restlichen Kräuter ein und ging zur Tür. »Was soll ich Lord Ivo sagen, wenn er Euch sehen möchte?«
Das würde er nicht, dessen war Alaida sich sicher. Abgesehen davon, dass ihre Unpässlichkeit ihm einen weiteren Vorwand lieferte, hatte er bereits klargestellt, dass er sich an das Gebot der Kirche halten und in den vierzig Tagen vor Ostern Enthaltsamkeit üben würde. Welch plötzlicher Sinneswandel, nachdem er einige Wochen zuvor noch erklärt hatte, dass nichts von dem, was zwischen Mann und Frau geschah, Sünde sei.
»Sag ihm, ich sei eingeschlafen und morgen ginge es mir bestimmt wieder besser.«
Alaida wartete, bis sie sicher war, dass Bôte unten an ihrem Tisch saß. Dann stellte sie den Kräutertrank weg und streifte ihr Hemd ab. Vorsichtig wog sie ihre Brüste in beiden Händen und betrachtete sie prüfend. Sie waren um die Hälfte größer und schwerer als vorher, straff wie Stachelbeeren und von einem bläulichen Flechtwerk, das wie Ranken aussah, bedeckt. Hieß das, dass sie tatsächlich schwanger war?
Abermals rechnete sie zurück und betastete dabei ihren Bauch. Noch sah sie keinen Unterschied, aber sie bezweifelte, dass nach zwei Monaten bereits etwas zu sehen war. Wenn sie doch nur einen regelmäßigeren Zyklus gehabt hätte, dann hätte sie nun Gewissheit. Doch wie es schien, blieb ihr ohnehin nur eine Möglichkeit: Abwarten, um festzustellen, ob ihr Leib anschwoll. Soweit sie wusste, wäre das im dritten oder vierten Monat der Fall. Sie zählte die Wochen, dieses Mal vorwärts. Es müsste gegen Ostern sein, vielleicht ein wenig später.
Ostern würde sie es wissen.
Bis dahin wollte sie ihren Mann zurückgewinnen. Bei allen Heiligen! Er war der Vater ihres Kindes. Wenn er ihr weiter aus dem Weg ging, dann musste sie sich wohl etwas einfallen lassen. In der Hochzeitsnacht hatte er es geschafft, ihren Widerstand zu überwinden – was ihr nur allzu lebhaft in Erinnerung war. Warum sollte ihr umgekehrt nicht das Gleiche gelingen?
Ihren eigenen Ehemann verführen? Sie fragte sich, warum sie nicht längst darauf gekommen war.
Sie wusste noch nicht, wie sie es anstellen sollte. Aber noch blieb ihr ein Monat Zeit, um sich etwas einfallen zu lassen.
Kapitel 18
L aut Kirche war die körperliche Vereinigung auch in der Woche nach Ostern verboten. Doch auch diese Zeit fand schließlich ein Ende, und jeder Mann, der eine Frau hatte, beeilte sich, das Versäumte nachzuholen. So war auch Ivo gezwungen, in das Bett seiner Gemahlin zurückzukehren. Mit einem genießerischen Seufzer schmiegte sich Alaida an ihn.
»Das klingt äußerst zufrieden, Herzblatt«, sagte er und schloss sie in die Arme.
»Genau das bin ich auch. Gebratene Eier zu Mittag und Käsekuchen nach dem Abendessen!« Abermals stieß sie einen genussvollen Seufzer aus und strich ihm mit der Hand über den Brustkorb. »Dieses Jahr schienen mir die vierzig Tage der Fastenzeit besonders lang. Es kam mir beinahe so vor, als müssten wir ewig auf Eier und Käse verzichten. Und nun, da wir all das wieder genießen dürfen, kann ich gar nicht genug davon kriegen.«
»So ging es mir mit dem Schweinefleisch«, sagte Ivo, der die Erbsen, Bohnen und Nüsse in jeglicher Form mehr als leid war. Nach wie vor konnte er nicht verstehen, wie diese Christen sich das jedes Jahr aufs Neue antun konnten. »Endlich kommt wieder jeden Tag Fleisch auf den Tisch.«
Alaida stützte sich auf einen Ellbogen und betrachtete ihren Ehemann einen Moment lang. Träge strich sie mit den Fingerspitzen über seine nackte Haut und fragte: »Welches Fleisch habt Ihr denn besonders vermisst, My Lord?«
Sogleich schien er wachsam.
»Wie meinst du das?«, fragte er misstrauisch, und sein Blick wanderte zu ihren Brüsten, die sich unter dem Laken abzeichneten. So füllig hatte er sie gar nicht in Erinnerung, sie schienen geradezu auf
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